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Sterben: Roman (German Edition)

Sterben: Roman (German Edition)

Titel: Sterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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muss, wenn sie dabei ist. In diesem Haus ist so viel getrunken worden. Wir sollten es ihr ersparen, noch mehr in der Art zu sehen. Auch wenn es nur um ein Glas zum Essen geht. Verstehst du, was ich meine?«
    »Natürlich. Aber du übertreibst.«
    »Ja, mag sein. Aber wir reden hier ja nicht gerade über ein großes Opfer.«
    »Nein, nein«, sagte Yngve.
    »Und, sind wir uns einig?«
    »Ja!«, sagte er.
    Der gereizte Ton in seiner Stimme war unüberhörbar. Ich wollte nicht gehen, solange er in der Luft hing. Gleichzeitig fiel mir nichts Versöhnliches ein. Nach einigen unschlüssigen Sekunden, mit hilflos herabhängenden Armen und Tränen im Hals, kehrte ich deshalb in die Küche zurück, deckte den Tisch, goss die Kartoffeln ab und ließ sie ausdampfen, hob die Lachsstücke mit dem Bratenwender auf eine Platte, zerteilte den Blumenkohl und gab ihn und die Bohnen in dieselbe Schüssel, holte anschließend eine weitere heraus, in die ich die Kartoffeln schüttete, und stellte alles auf den Tisch, hellrot, hellgrün, weiß, dunkelgrün, goldbraun. Ich füllte eine Karaffe mit Wasser und setzte sie zusammen mit drei Gläsern genau in dem Moment auf den Tisch, in dem Yngve von der Veranda hereinkam.
    »Das sieht gut aus«, meinte er und setzte sich. »Aber Messer und Gabel wären vielleicht nicht verkehrt, oder?«
    Ich holte Besteck aus der Schublade, reichte es beiden, setzte mich und fing an, eine Kartoffel zu pellen. Die heiße Schale brannte an den Fingerspitzen.
    »Du pellst sie?«, sagte Yngve. »Aber das sind doch neue Kartoffeln.«
    »Da hast du Recht«, sagte ich. Ich spießte mit der Gabel eine neue Kartoffel auf und legte sie auf den Teller. Sie riss zerkrümelnd, als ich das Messer hindurchpresste. Yngve hob einen Bissen Lachs zum Mund. Großmutter zerteilte ihren Fisch in kleine Stücke. Ich stand noch einmal auf und holte die Margarine aus dem Kühlschrank, platzierte eine Flocke auf den Kartoffeln. Aus alter Gewohnheit atmete ich durch den Mund, als ich den ersten Bissen Lachs kaute. Yngve schien ein normaleres und erwachseneres Verhältnis zu Fisch entwickelt zu haben. Er aß inzwischen sogar gelaugten Stockfisch, was früher das Schlimmste vom Schlimmsten gewesen war. Mit Speck und allem, was sonst noch dazugehört, schmeckt er richtig gut , hörte ich ihn innerlich sagen, während er neben mir saß und schweigend aß. Stockfischessen mit Freunden, das war nun wirklich eine Welt, zu der ich keinen Zugang hatte. Nicht, weil ich es nicht über mich gebracht hätte, ihn zu essen, sondern weil ich niemals zu solchen geselligen Anlässen eingeladen wurde. Ich hatte keine Ahnung, warum. Es machte mir nichts mehr aus. Früher hatte es mir jedoch etwas ausgemacht, früher hatte ich mich ausgeschlossen gefühlt und darunter gelitten. Heute fühlte ich mich nur noch ausgeschlossen.
    »Gunnar meinte, dass es in Grim einen Verleih gibt«, sagte ich. »Sollen wir morgen nach dem Beerdigungsinstitut hinfahren? Es wäre schön, es zu erledigen, bevor du fährst. Solange wir noch das Auto haben, meine ich.«
    »Können wir machen«, sagte Yngve.
    Auch Großmutter aß jetzt. Sie bekam dabei etwas Spitzes und Nagetierhaftes. Wenn sie sich bewegte, stieg mir jedesmal der Urindunst in die Nase. Oh, wir mussten dafür sorgen, dass sie in eine Badewanne kam. Saubere Kleider anzog. Etwas aß. Viel aß. Grütze, Milch, Butter.
    Ich hob das Glas an die Lippen und trank. Das Wasser, so kühl in der Mundhöhle, schmeckte schwach metallisch. Yngves Besteck klirrte auf dem Teller. Eine Wespe oder Hummel summte hinter der halboffenen Tür irgendwo im Esszimmer. Großmutter seufzte. Gleichzeitig drehte sie sich auf ihrem Stuhl zur Seite, als passierte der Gedanke, der ihr gekommen war, nicht nur durch ihr Bewusstsein, sondern durchliefe auch ihren Körper.
    In diesem Haus hatten sie sogar an Heiligabend Fisch gegessen. Als ich klein war, erschien mir dies ungeheuerlich. Fisch an Heiligabend! Aber Kristiansand war eine Küstenstadt, es war eine alte Tradition, und die Dorsche, die in den Tagen vor Weihnachten in der Fischhalle angeboten wurden, waren stets sorgsam ausgewählt worden. Einmal war ich mit Großmutter dort gewesen, und ich entsann mich der Atmosphäre, die uns in der Halle entgegenschlug, die nach dem grellen Sonnenlicht im Schnee draußen dunkel wirkte, die großen Dorsche, die ruhig in ihren Wassertanks schwammen, ihre braune Haut, die an manchen Stellen gelblich, an anderen grünlich war, das Maul, das sich so

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