Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
ihm aus dem Wald entgegenkam. Er stand neben dem Zelt. Er und einige Mitglieder der Crew machten gerade eine kleine Pause.
Diane hatte langsam genug von den Leuten, die ihr ständig vorschrieben, sie müsse sich jetzt unbedingt ausruhen. Sicher hätte sie Ruhe gebraucht, aber dafür war jetzt einfach keine Zeit.
»Nein«, gab sie zur Antwort und versuchte, nicht schnippisch oder undankbar zu klingen. »Was für einen kleinen Zwischenfall hat es letzte Nacht hier gegeben?«
»Wir hatten ungebetene Gäste. Sie müssen gedacht haben, dass niemand da sei. Sie fingen an, an der Abfallgrube zu graben. Einer der Hilfssheriffs schrie sie an, und da machten sie sich davon.«
»Haben sie viel Schaden verursacht?«
»Nein. Sie hatten gerade erst angefangen.«
»Sie?«
»Wir haben zwei Personen gesehen.«
»Wir?«
»Ich bin mit einigen der Jungs gestern Nacht hier geblieben. Ich dachte mir, so etwas könnte mal spaßig sein.«
»Konnte irgendwer die Eindringlinge beschreiben?«
»Nein. Es war zu dunkel, und die Taschenlampen warfen nicht genug Licht auf sie.«
»Ich bin froh, dass niemand verletzt wurde.«
»Andie hat mir das von Frank Duncan erzählt. Das hat uns alle ziemlich geschockt. Wie geht es ihm denn?«
»Gut. Die Ärzte meinen, dass er durchkommt.«
»Gott sei Dank. Was ist passiert? Andie hat etwas von einem Raubüberfall erwähnt.«
Diane erzählte ihnen, was geschehen war. Wie alle anderen zuvor wunderten sie sich, dass zwischen den beiden Angriffen nicht einmal ein voller Tag lag.
»Wir müssen Ihnen etwas zeigen.«
»Haben Sie etwas gefunden?«, fragte sie, bekam aber keine Antwort.
Sie folgte Jonas und der Crew zur Grabungsstelle, an der ein paar Frauen bei der Arbeit waren. Sie alle hatten in der doch recht kurzen Zeit wirklich Außerordentliches geleistet. Sie waren bereits dabei, die zweite Schicht abzutragen.
»Wir haben die oberste Knochenschicht bereits vollständig geborgen. Sylvia war gestern Nachmittag hier und hat die einzelnen Tiere identifiziert. Das Ganze war relativ unkompliziert. Wie zu erwarten, waren es Hirsche, Füchse, Waschbären und Enten. Wir haben hier die vollständige Liste aller von ihr identifizierten Knochen. Allerdings meinte sie, dass sich diese bei genauerer Untersuchung auch noch leicht ändern könne.«
»Haben Sie etwas in den Sieben gefunden?«
»Ein Viertel waren Knochenfragmente. Der Rest war einfaches Gestein. Aber hier gibt es etwas, das wir Ihnen zeigen wollten.« Jonas führte sie auf die andere Seite der Abfallgrube, wo gerade zwei Frauen, Miriam und Ellen, bei der Arbeit waren.
Diane bückte sich und musterte die Grabungsfläche.
»Nun, da haben wir es ja endlich.«
33
A uf zwei nebeneinander liegenden Einheiten des Grabungsrasters waren deutlich die Knochenreste eines Mitglieds der Canidae-Familie zu erkennen. Aus seiner Größe und Stirnform schloss Diane, dass es ein Wolf war. Und da ragten tatsächlich aus einer dünnen Bodenschicht unterhalb des wölfischen Brustkorbs Rippen und Rückenwirbel eines Menschen heraus. Durch ihr Nebeneinanderliegen konnte man deutlich den Unterschied zwischen dem ausgeprägten Rippenbogen des vierbeinigen Wolfes und dem flacheren Rippenbogen des zweibeinigen Menschen erkennen – ein Unterschied, der davon herrührte, dass der eine seine Organe in horizontaler, der andere in vertikaler Position tragen musste. Aber besonders faszinierten Diane die Wurzeln eines jungen Baums, die durch das Wolfsskelett und die menschlichen Rippen hindurchgewachsen waren und dadurch das eine Ende des Zeitrahmens liefern konnten.
Jemand hatte den Leichnam hier abgeladen und mit einer dünnen Erdschicht bedeckt. Bald danach hatten die Abercrombies den Wolfskadaver darauf geworfen. Einige Zeit später begann der Schössling aus den menschlichen und den Wolfsknochen herauszuwachsen. Wenn man nun das Alter des Baums bestimmte, würde man die Zeit feststellen können, die die Knochen mindestens hier gelegen haben mussten. Vielleicht ließ sich diese Information dann sogar noch mit den Unterlagen der Abercrombies abgleichen.
»Haben wir ein Glück«, sagte Diane. »Wir wissen nun, dass die Skelette wenigstens so lange hier gelegen haben müssen, wie das Bäumchen alt ist. Wir sollten hier noch ein paar weitere Ausgräber einsetzen. Außerdem müssen wir eine Altersbestimmung dieses Baumstämmchens durchführen.«
Sie schaute, ob sie Reste eines Schädels entdecken konnte, hatte allerdings keinen Erfolg. Da sie rund sind, neigen
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