Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
sprechen, Miss Fallon. Ich bin Anhänger einer klaren Sprache, die möglichst schnell auf den Punkt kommt. Das spart Zeit, und Zeit ist bekanntlich Geld.«
»Das geht in Ordnung, Mr. Sutton.«
Er drehte sich in seinem Sessel und richtete sich halb auf. Sein Gesicht verdüsterte sich, und er starrte sie an. Sie behielt ihren freundlichen Gesichtsausdruck bei und hielt seinem Blick stand. Sie war versucht, ihn zu fragen, ob das Ganze eine Art Wettkampf sei.
»Da gibt es zwei Dinge, über die ich mit Ihnen reden möchte. Erstens ist mir zu Ohren gekommen, dass Sie sich in Angelegenheiten der hiesigen Polizei einmischen.«
Ist mir zu Ohren gekommen war eine reichlich gewundene Ausdrucksweise, die Diane ärgerte. Sie hob die Augenbrauen und schaute ihn herausfordernd an. »Ich glaube, da hat man Sie falsch informiert.«
»Falsch informiert?« Er beugte sich nach vorne. »Ich habe dies vom Polizeichef selbst.«
»Dann ist er falsch informiert.«
»Reden wir Klartext, Miss Fallon. Sie wurden von zwei Polizisten am Tatort eines Verbrechens gesehen – dem Haus von George Boone.«
»Detective Janice Warrick hatte das Haus bereits freigegeben, bevor man mich bat, es mir einmal anzusehen. Was die Ermittler betraf, war das kein Tatort mehr.«
»Diese Bitte kam von einem Polizeikommissar aus Atlanta, der in diesem Fall überhaupt keine Befugnisse hat.«
Diane begann sich zu fragen, ein wie guter Freund Izzy Wallace eigentlich war. »Auch in dieser Frage sind Sie falsch informiert.«
»Frank Duncan gehört zur Polizei von Atlanta. Er arbeitet dort im Betrugs– und nicht im Morddezernat. Er hat sich nicht in Angelegenheiten der Polizei von Rosewood einzumischen.«
Walter Sutton beugte sich noch weiter vor und legte eine Hand auf ihren Schreibtisch. Für einen Moment dachte Diane, er würde mit der Faust darauf schlagen. Sie war dem Bürgermeister nie zuvor begegnet und wunderte sich zusehends über seine Feindseligkeit. Sie hatte von ihrem Freund Gregory gelernt, dass man in der Diplomatie nur dann seinen Ärger zeigt, wenn einem das einen Vorteil verschafft. Meist war es besser, im Angesicht eines Wütenden die Ruhe zu bewahren – also blieb Diane auch jetzt äußerlich völlig ruhig.
»Mr. Sutton. Frank Duncan ist der Testamentsvollstrecker von Louise und George Boone. Nach ihrem Tod ist er jetzt auch der Vormund ihrer minderjährigen Tochter – die wegen Mordes verhaftet wurde. Es ist sehr wohl seine Aufgabe, ihre Interessen wahrzunehmen und Beweise zu ihrer Entlastung zu sammeln. Ich bin schockiert, dass Sie dies anders sehen könnten. Eine solche Verantwortung ist eine heilige Pflicht.«
Der Bürgermeister starrte sie einen Moment lang wütend an. Dann lehnte er sich in seinem Sessel zurück. »Es gibt da noch eine andere Angelegenheit, die für diese Gemeinde von höchster Wichtigkeit ist.«
Diane wusste, was nun kommen sollte, und konnte sich kaum das Lachen verkneifen. Stattdessen nahm sie einen Bleistift in die Hand, der auf dem Tisch lag. Das war eine weitere von Gregorys kleinen Weisheiten: Stelle immer einen Schreibtisch zwischen dich und dein Gegenüber und spiele mit einem Schreibwerkzeug herum. Das funktioniert vor allem in westlichen Kulturen, hatte er ihr erklärt. Dort assoziiert man damit ganz unbewusst eine ganze Reihe von Respektspersonen – Lehrer, Rektoren, Ärzte, Psychiater, Anwälte … ein weiterer kleiner Trick, der einem einen psychologischen Vorteil verschaffen konnte.
»Um welche Angelegenheit handelt es sich?«, fragte sie und rollte den Bleistift wie unabsichtlich zwischen den Handflächen.
Der Bürgermeister rutschte auf seinem Sitz hin und her.
»Wir haben hart gearbeitet, um eine Gemeinde mit einer starken wirtschaftlichen Basis aufzubauen«, sagte er und richtete sich im Sessel auf.
»Ich weiß«, erwiderte Diane. »Wir hier im Museum sind stolz darauf, zu dieser Basis beigetragen zu haben, indem wir mehr als hundert Mitarbeiter einstellen konnten. Außerdem konnten wir lokalen Unternehmern mit unserem Restaurant und unserem Museumsshop zwei wichtige Geschäftsmöglichkeiten bieten. Und natürlich gibt es da noch unsere Verbindungen zu den örtlichen Schulen, Fachhochschulen und der Universität.«
»Gewiss, aber da gäbe es noch eine Möglichkeit, den Beitrag des Museums beträchtlich zu erhöhen.«
Und uns dabei ins eigene Schwert zu stürzen .
»Mir ist bekannt, dass Sie sich geweigert haben, eine Möglichkeit in Betracht zu ziehen, die nicht nur gut für das
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