Sterbliche Hüllen: Thriller (German Edition)
Die anderen stimmten in sein Lachen mit ein. Unter den gegebenen Umständen entbehrte ein solcher Fund nicht einer gewissen Ironie.
Als sie das Ende der markierten Linien erreicht hatten, hatten sie die Hälfte des Gebiets untersucht. Nun gingen sie hinüber zu den restlichen Markierungslinien und setzten den langsamen, aber gründlichen Prozess fort.
»Ich habe eine Kniescheibe gefunden«, rief einer der jungen Männer.
»Menschlich?«, fragte ein anderer.
»Haben Tiere überhaupt eine?«, fragte der Erste zurück.
»Kann man wohl sagen«, antwortete ein Dritter. »Die meines Hundes sind immer herausgesprungen, und dann konnte er kaum noch laufen. Am Ende musste er operiert werden. Es hat mich ein Vermögen gekostet, aber jetzt ist er wieder völlig in Ordnung.«
»Stecken Sie ein rotes Fähnchen daneben. Ich schaue es mir nachher an«, sagte Diane.
Während dieses letzten Teils der Suche nahmen die Unterhaltungen zu. Als Diane aber einmal die ganze Gruppe überblickte, merkte sie, dass keiner von ihnen die Augen vom Boden hob. Nach dem Ende dieser ersten Suchphase ließen sich um die Abfallgrube herum in einer Entfernung von anderthalb bis acht Metern einzelne Ansammlungen von Fähnchen feststellen. Diese markierten die Stellen, an die aller Wahrscheinlichkeit nach Tiere Aas aus der Abfallgrube geschleppt hatten. Es waren nur sehr wenige gelbe Fähnchen darunter. Diane fragte sich kurz, ob der Finder der Pfeilspitze deren Fundstätte markiert oder sie einfach nur aufgehoben hatte.
»Machen wir Mittagspause«, sagte sie und rieb sich den schmerzenden Rücken. »Ich weiß, heute essen wir sehr spät. Und ich möchte Ihnen herzlich für die prima Arbeit danken, die Sie hier leisten.«
Sie hatten alle ihre Lunchpakete mitgebracht und suchten sich nun einen schattigen Platz zum Essen. Schatten gab es nur etliche Meter von dem Ausgrabungsgelände entfernt im Wald. Diane setzte sich auf einen großen Stein neben Jonas Briggs und packte ihr Erdnussbuttersandwich, ihren Apfel und ihre Wasserflasche aus. Sie fühlte sich müde und zerschlagen. Ich werde wohl langsam alt, dachte sie, aber als sie dann Jonas anschaute, sah der immer noch so frisch aus wie am Morgen. Sie nahm einen tiefen Schluck aus ihrer Wasserflasche.
Wenn sie im Dschungel gegraben hatte und nicht zu weit weg von der Mission gewesen war, war sie manchmal mehrere Stunden dorthin zurückgefahren. Von Hitze und Müdigkeit übermannt, hatte sie sich dann auf das Feldbett fallen lassen, das in einem der beiden Räume stand, die sie von der Missionsschule angemietet hatte. Ariel war dann immer mit einer Flasche Wasser ins Zimmer gekommen, hatte ihr den Arm getätschelt und sich an sie gekuschelt. Wie heiß es Diane auch gewesen sein mochte, Ariels warmer, kleiner Körper war ihr immer ein Trost gewesen. Ariel hatte ihr dann erzählt, was an diesem Tag in der Mission passiert war oder was sie in der Schule gelernt hatte. Diane hatte dann ihrerseits etwas erzählt, und nach kurzer Zeit war die Müdigkeit wie fortgeblasen.
Und wieder überkam sie dieses Gefühl der Reue und des Bedauerns, Ariel nicht rechtzeitig aus dem Land herausgebracht zu haben. Es saugte an ihrem Herzen, ließ ihre Kehle schmerzen und füllte ihre Augen mit Tränen.
»Die Abercrombies lassen heute die ganze Crew im Anbau ihres Hauses übernachten«, sagte Jonas und riss Diane aus ihren Erinnerungen. »Mrs. Abercrombie ist eine richtig nette Dame. Sie macht uns allen ein Abendessen.«
»Das ist aber wirklich nett von ihr.«
»Sie hat wohl gerne Gäste, ganz im Gegensatz zu ihrem Mann. Das ist jetzt ihre Chance. Da haben wir Glück.«
Diane vertrieb endgültig ihre trüben Gedanken und fragte die einzelnen Mitglieder der Crew, was sie so machten. Zwei wollten Hochschullehrer werden, drei waren Mitglieder professioneller archäologischer Ausgrabungsteams und zwei schrieben gerade ihre Doktorarbeit. Während der Mittagspause lernte sie dann auch ihre speziellen wissenschaftlichen Interessen kennen, die von der Taphonomie, den einzelnen Keramiktypen bis hin zur Debitage reichten. Letzteres, erzählte man ihr, seien die Steinsplitterabfälle, die bei der Herstellung von Projektilspitzen anfielen. Einer der Doktoranden begann gerade damit, einen Vortrag über die Analyse von Verhaltensketten zu halten, als Frank und Whit in Begleitung des Sheriffs eintrafen. Diane stand auf, um sie zu begrüßen. Ihre Erleichterung, seinen Erklärungen nicht weiter zuhören zu müssen, machte ihr fast
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