Stern auf Nullkurs (1979)
das der Halde zugekehrte Ende, es wirkte, als schnuppere es, als suche es etwas, einen Augenblick lang sah es sogar herüber zu Lorenzen. Er erkannte Augen, tellergroß und schwarz wie flache Scheiben, darüber Antennen wie die eines riesigen Hummers, beweglich in einer Unzahl von Gelenken, mit pelziger Oberfläche. Er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, der Riesenwurm klopfte mit diesen Fühlern den unteren Teil der Halde Stück für Stück sorgfältig ab.
Urplötzlich verformte sich das Ding, das vordere Ende verjüngte sich, nahm das Aussehen einer Pfeilspitze an, der Körper krümmte sich korkenzieherartig, und dann bohrte es sich mit verblüffender Geschwindigkeit in die Flanke des Hangs.
Seltsamerweise war sich Lorenzen sofort sicher, daß das Ding nach Fischer und Eube bohrte, dennoch machte er sich Sorgen. Solch ein Wesen war durchaus imstande, eine Menge Unheil anzurichten. Und es konnte nicht ausgeschlossen werden, daß es Fischer und Eube ... Weiter kam er nicht mit seinen Erwägungen, der Wurm wand sich, rückwärts kriechend, aus der Halde, und zugleich leuchtete Eubes Kontrollampe auf. In stark verzögertem Rhythmus zwar, aber unübersehbar und völlig stabil.
Mit höchster Geschwindigkeit jagte Lorenzen den Waran vorwärts. Der Wurm stutzte einen Augenblick lang, betrachtete das Fahrzeug aus seinen, großen schwarzen Augenscheiben, dann verschwand er abermals im lockeren Geröll. Immer noch blinkte Eubes Anzeige, und dort, wo über der Eintauchstelle der Walze lose Sandmassen herabrieselten, lag wie eine blaue Blase ein Mensch in bis zum Zerreißen aufgeblasenem Skaphander. Eube!
Noch ehe Lorenzen ihn erreicht hatte, begann auch Fischers Lampe zu blinken, ebenfalls langsam, aber genauso gleichmäßig wie die Eubes.
Der Wurm aber wandte sich ab und kroch ebenso zielstrebig dem Horizont zu, wie er von dort gekommen war.
Lorenzen begriff das alles nicht. Daß ein Tier gezielt Menschen rettet, hatte er bisher noch nirgends gehört. Vielleicht gab es Ausnahmen, Berichte aus früheren Tagen wußten von Hunden zu erzählen, aber ein Riesenwurm auf Mars...?
Es gab nur eine Erklärung: Das Tier war kein Tier. Was aber war es dann? Mit dieser Frage an sich selbst brach Lorenzen seine Erwägungen ab, informierte Ares 1 in sehr vorsichtigen Formulierungen vom Sachverhalt, das vielsagende Schweigen Halders ignorierend, und stieg aus, um Fischer und Eube zu bergen.
Eine Stunde später traf er in der Nähe des mittleren Gebirges auf den Goliath, vier Stunden später startete er als Passagier einer Kurierrakete zur Erde. Die Rakete trug auf beiden Flanken das Emblem des Rates, die weiße Taube über der bläulichen Wölbung des Planeten Erde.
Die „Santana" holte in der schwach bewegten See leicht nach steuerbord über. Vor dem Fenster der Messe pendelte die Linie des Horizontes in betäubender Gleichförmigkeit auf und ab. Das Warten wurde langsam zur Qual.
„Nichts ist so deprimierend wie Untätigkeit", faßte Casabella seine nicht eben tiefgründigen Gedanken zusammen.
Renkel nickte. Aber er schwieg auch jetzt noch. Renkel war nicht sonderlich gesprächig. Er pflegte erst aufzutauen, wenn er in die Kugel steigen und abtauchen konnte. Zwar sprach er auch dann nicht viel, aber man merkte ihm an, daß die Tiefen des Meeres seine, zweite Heimat waren. In einer gesprächigen Viertelstunde hatte er Casabella einmal erzählt, er sei in einem unterseeischen Haus in der Nähe der kalifornischen Küste geboren worden und habe seine Jugend mehr unter als über Wasser verbracht. Dort sei auch seine Schwester zur Welt gekommen, vielleicht hätten ihre gemeinsamen Jugenderlebnisse dazu beigetragen, daß sie sich ganz der See verschrieben, er als Biologe und sie als Physikerin. Jetzt sei sie dabei, hatte er weiter berichtet, eine Aqualunge zu entwickeln, die auf dem Prinzip osmotischer Fraktionierung arbeite und genug Sauerstoff produziere, um einem Menschen unbegrenzte Tauchzeiten zu ermöglichen. Solch eine Aqualunge wünsche er sich schon seit frühester Kindheit.
Danach hatte er geschwiegen bis zu ihrem nächsten Tauchgang. Auch diesmal schwieg er sicher, bis sie am folgenden Tag den Walen entgegenfahren würden, um deren eigenartiges Verhalten zu analysieren. Etwas stimmte dieses Jahr nicht mit den Walen. Irgend etwas war eingetreten, das sie von ihren Winterplätzen im Reservat von Tonga vertrieben hatte und sie veranlaßte, nach Norden zu ziehen, zwei Monate zu zeitig.
Deshalb hatte die
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