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Stern der Leidenschaft

Stern der Leidenschaft

Titel: Stern der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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anscheinend nicht allzu aufmerksam. Mehrmals sah er sich um, so als wüsste er gar nicht, wo er sich befand. Brittany suchte noch immer krampfhaft nach Minuspunkten, die ihr Interesse an diesem Hünen dämpfen könnten, als sie plötzlich eine Veränderung an ihm bemerkte. Sein Gesicht zeigte so etwas wie Schreck oder vielleicht Verwirrung. Und nun sah er schon aus wie ein Mensch in höchster Panik. Das konnte nur eines bedeuten: Ein Anfall von alles erstickender Klaustrophobie bahnte sich an. Brittany zweifelte keine Sekunde lang daran, dass der große Unbekannte sich in Not befand. Ohne weiter darüber nachzudenken, drängte sie sich durch die Menge, packte den Mann am Arm und zerrte ihn aus dem Getümmel. Jeden Tag eine gute Tat. Und das hatte auch wirklich überhaupt nichts damit zu tun, dass sie ihn gern kennen lernen wollte und diese Rettungsaktion ihr den perfekten Vorwand dafür bot. Vielleicht hätte sie ihr Handbuch für Pfadfinderinnen aber doch genauer lesen sollen. Denn dort stand unter anderem geschrieben, dass gute Taten ein Leben manchmal für immer veränderten.
     

Kapitel Sechs
     
    Selbst noch so beherzte Rettungsaktionen verliefen nicht immer nach Plan. Gar manche gut gemeinte Hilfeleistung entpuppte sich nur allzu bald als ungerechtfertigter Eingriff in die persönlichen Angelegenheiten eines Menschen.
    Das war Brittanys erster Gedanke, als sie sich nun dem Mann zuwandte, den sie gerade den Fängen seiner ganz persönlichen Hölle entrissen zu haben glaubte. Ein klein wenig Dankbarkeit hatte sie schon erwartet. Aber nun traf sie lediglich sein neugieriger, vielleicht sogar etwas abschätziger Blick. Wie entmutigend. Nicht dass sie das noch irgendwie erschüttern konnte, denn Brittany war starr vor Staunen. Schon aus der Ferne, aber erst recht aus der Nähe betrachtet, versetzte der Unbekannte ihr Innerstes in hellen Aufruhr. Nie hätte Brittany geglaubt, dass einmal ein Mann aus ihrer Sicht ein wenig zu groß sein könnte. Doch gütiger Himmel, ein etwa zwei Meter zwanzig großer, unverschämt gut aussehender Kerl stand nun vor ihr – und auch noch wohl proportioniert. Was Brittanys Augen von seinen Schultern abwärts bis zum Boden erblickten, ließ sich kaum in Worte fassen. An aufgeblähte Muskelpakete war sie nach drei Jahren Arbeit in einem Fitnesscenter gewöhnt. Aber die Muskeln dieses Mannes wirkten völlig natürlich und gar nicht wie mühsam antrainiertes Blendwerk. Alles an ihm war groß und massig, jedoch auf eine sehr ansprechende, harmonische Art. Einen solchen Körperbau konnte man selbst mit jahrelangem emsigem Eisenbiegen nicht erzielen. Damit wurde man geboren. Selbst seine Kleidung konnte sich sehen lassen. Sie zeugte von Modebewusstsein und eigenem Stil. Verflixt – wenn man ihn so betrachtete, konnte man ihn beinahe für einen Rockstar halten. Er trug eine Art Tunika ohne Knöpfe mit einem Gürtel in der Taille. Und seine wie angegossen sitzende, schwarze Lederhose schien keinerlei Nähte zu haben. Fast wie eine zweite Haut umschloss sie seine Beine. Wunderbar weich wirkten die kniehohen Lederstiefel in derselben Farbe mit flachen Absätzen – hier gab es keine Notwendigkeit, künstlich Größe vorzutäuschen. Das schwere Medaillon, das in dem ungewöhnlich tiefen V-Ausschnitt der Tunika aufblitzte, hing an einer grobgliedrigen Goldkette und trug mystisch wirkende Zeichen. So wie es gearbeitet war, konnte man beinahe denken, es sei aus purem Gold. Aber das war natürlich völlig unmöglich. Immerhin hatte es in etwa den Umfang und nahezu die Stärke von Brittanys Faust. An seinem breiten Gürtel trug der Mann ein neumodisch aussehendes kleines Gerät mit unzähligen Knöpfen. Brittany nahm an, es handle sich um eine Art Radio, denn von dort aus führte ein dünnes Kabel zu einem seiner Ohren. Sicher trug er einen Ohrstöpsel.
    Sie war vollkommen darin versunken, den Fremden zu mustern, und erschrak fast ein wenig, als er sie ansprach. Ein tiefes Knurren. Fremdartig. Er sprach mit starkem Akzent, doch Brittany wusste nicht, mit welchem Herkunftsland sie seine ungewöhnliche Aussprache in Verbindung bringen sollte. »Sie wünschen?«, begann er.
    Zu ihrem Ärger errötete Brittany. Rosarote Wangen passten so gar nicht zu ihrem kupferfarbenen Haar. »Nichts«, antwortete sie schnell. »Aber vielleicht sollte ich mich gleich bei Ihnen entschuldigen. Sie sahen so aus, als drohe Ihnen ein Anfall von Klaustrophobie.« Auf seinen fragenden Gesichtsausdruck hin fügte sie hinzu:

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