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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
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entzündeten Insektenstiche legte oder seine Schürfwunden damit behandelte. Aber in den kalten Nächten kroch ihm das Wetter in die Knochen, so dass er es an manchen kühlen Tagen nicht einmal schaffte, die Grotte zu verlassen, und mit den Fledermäusen lebte, als wäre er selbst ein Tier. Ging es ihm wieder besser, so streifte er durch den Wald und sammelte auf den Lichtungen wilde Rosmarinblättchen, aus denen er sich einen Sud kochte.
    Wenn die Nächte kühl und später kalt wurden, bereitete er sich in seiner Grotte ein Lager aus Fledermausdreck, wickelte sich in große Bananenblätter, die es doch nicht vermochten, ihn zu wärmen. Einmal erkältete er sich. Der Husten war so stark, dass es ihm beinahe die Brust zerriss und er nächtelang keinen Schlaf fand. Zum Schneuzen benutzte er die Blätter am Wege, doch für den Husten fand er kein Mittel, welches den Schmerz und den Reiz linderte. War es besonders kalt, dann kroch ihm die Kälte sogar in die Augen, die dann zu tränen und zu jucken begannen, so dass er kaum imstande war, sich Nahrung zu besorgen. Dann suchte er nach einer bestimmten Sorte von Blättern, die sich Itamorreal nannten, legte sie in den Abendtau und wischte sich am nächsten Morgen damit die Augen aus, bis sie wieder klar waren und nicht mehr juckten.
    Hin und wieder braute sich Fela aus Guaninablättern ein wenig Kaffee. Er zerstieß die Blätter mit einem festen Knüppel, und wenn sie ganz zerbröselt waren, seihte er sie gut durch und trank hernach das Gebräu. Zum Rauchen nahm er sich die Blätter des Macagua-Baumes, die er hübsch rollte und dann anzündete. Um das Feuer zu entfachen, benutzte er Zunder. Im Grunde lebte Fela so frei und unabhängig wie noch nie in seinem Leben. Und obwohl er immer gedacht hatte, dass die Freiheit das höchste Gut wäre, musste er jetzt feststellen, dass ihm so vieles fehlte, dass er selbst an der Sklaverei noch gute Dinge fand. Er war nicht allein gewesen. Da waren die Kameraden, mit denen er sein Leid und seine Freude teilen konnte. Mit ihnen gemeinsam hatte er gesungen, gelacht, geflucht und getrauert. Jetzt aber war er allein. Niemanden kümmerte es, was er tat oder unterließ, und es gab auch keinen, um den er sich kümmern konnte.
    Irgendwann stellte Fela fest, dass er im Begriff war, den Verstand zu verlieren. Er merkte es nicht nur daran, dass er den Fledermäusen am Abend Lieder vorsang, er spürte es auch, wenn Zweige ihn im Vorübergehen streiften: Er sehnte sich nach den Menschen, nach ihren Worten, ihren Berührungen, nach ihrer Gegenwart. Und am meisten sehnte er sich nach Titine. Er wollte nicht länger als Cimarron im Wald leben, ähnlicher einem Tier als einem Menschen. Er wollte zurück, wollte wieder in Hemd und Hose gehen, wollte sich waschen, das Haar schneiden, den Bart rasieren, in einem Bett schlafen, und wäre es auch noch so ärmlich, wollte in einem Haus schlafen, pfiffe der Wind auch noch so sehr durch die Ritzen und das Dach. Und als er nach einem schweren Husten allmählich wieder gesund geworden war, beschloss er, in die Zivilisation zurückzukehren. Doch das ging nicht von heute auf morgen. Er musste Geduld haben, musste auf eine Gelegenheit warten. Aber wenn Fela eines gelernt hatte, dann war das Geduld.

Achtes Kapitel
    Z wei Wochen später hatte sich Hermanns Zustand noch nicht gebessert. Der Doktor wunderte sich. »Die Lähmung des Armes und Beines ist beinahe wieder weggegangen. Auch sein Gesicht ist nicht mehr so verschoben. Er müsste wieder sprechen können, vielleicht sogar aufstehen.«
    »Aber er tut es nicht. Er spricht kaum und wenn, dann barsch. Er steht nicht auf. Es ist, als würde er gar nicht mehr leben. Und wenn er sich daran erinnert, dass er doch noch auf dieser Welt ist, dann fährt er mich an, als wäre alles meine Schuld.« Mafalda stand neben dem Doktor an Hermanns Bett und sah auf ihn herab. Sie wusste, dass er jedes Wort gehört hatte, aber so tat, als ginge ihn das alles nichts an. Warum erreichte sie ihn nicht mehr? Warum, in Gottes Namen, hatte er sich noch mehr verschlossen? Hatte sie es denn nicht schon schwer genug? Sie griff nach seiner Hand, streichelte sie, dann wandte sie sich dem Arzt zu. »Was soll ich nur tun?«
    Hermann lag da, die Augen geschlossen, als wäre er schon nicht mehr in dieser Welt. Der Doktor machte mit dem Kopf ein Zeichen, dass er mit Mafalda allein sprechen wolle, und sie ließ Hermanns Hand los und folgte ihm aus dem Schlafzimmer hinunter in den Salon.
    »Meine

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