Sterne einer Sommernacht
Seelenruhe, wobei er den Mann mit seiner Pistole in Schach hielt. „Wenn Sie es nicht tun, bin ich gezwungen, Ihnen das Hirn aus dem Kopf zu pusten – was mir allerdings leidtäte, denn der Teppichboden ist erst ein Jahr alt.”
„Verdammter Bulle. Verdammtes lausiges Drecksnest.”
„Das haben Sie ganz richtig erkannt.” Mit etwas mehr Kraftaufwand, als eigentlich nötig gewesen wäre, drehte Devin dem Mann die Arme auf den Rücken. Es dauerte nur einen Moment, dann klickten die Handschellen.
„Wir haben hier etwas gegen Unordnung, verstehen Sie? Wir sind regelrecht allergisch dagegen. Alles okay, Nancy?”
10. KAPITEL
C assie sagte sich immer wieder, dass es unnötig sei, sich um Devin Sorgen zu machen. Ihm war nichts passiert. Rafe hatte ihr die Geschichte von dem versuchten Bankraub erzählt, und sie wusste, dass sie seiner Version mehr trauen konnte als al den anderen, die sie inzwischen im Laufe des Tages per Telefon zu hören bekommen hatte. Einzig Connors Bericht war ansonsten noch weitgehend objektiv ausgefallen.
Es gab also keinen Grund zur Beunruhigung.
Und doch war sie so nervös, dass sie jedes Mal zusammenzuckte, wenn das Telefon läutete.
Eine Tatsache machte ihr immer wieder von Neuem zu schaffen und ging ihr ständig im Kopf herum. Es war der Gedanke, dass er einem bewaffneten Mann mit leeren Händen gegenübergetreten war.
Wieder erschauerte sie und versuchte das beängstigende Bild aus ihrem Kopf zu verdrängen. Er war mitten in einen bewaffneten Banküberfall hineinmarschiert, um Leben zu retten, wobei er sein eigenes aufs Spiel gesetzt hatte. Noch nie zuvor hatte sie mit seiner Dienstmarke eine so hohe Verantwortung verbunden. Er hatte sein Leben riskiert. Unter normalen Umständen musste der Sheriff eines so verschlafenen Städtchens eher diplomatische Fähigkeiten aufbringen als Mut. Zumindest war sie bisher immer dieser Meinung gewesen.
Jetzt aber wurde ihr klar, dass sie sich geirrt hatte. Auch in Antietam gab es Einbrüche, Schlägereien, Diebstähle, gewalttätige Familienzwistigkeiten und Vandalismus. Und er hatte die Verantwortung.
Während sie über all das nachgrübelte, erkannte sie aber auch, dass ihre Sorge nicht einem guten Freund oder Liebhaber galt, sondern dem Mann, den sie liebte.
Diese Einsicht hatte etwas Unerwartetes, Schockierendes. Jetzt, nachdem sie endlich die Augen geöffnet hatte, konnte sie einen Blick in ihre Vergangenheit wagen. Soweit sie zurückdenken konnte, war Devin da gewesen. Sie hatte an ihm gehangen, ihn bewundert und ihn sich, wenn sie es recht bedachte, aus ihrem Leben gar nicht wegdenken können.
Sie hatte sich in seiner Gegenwart stets gehemmter gefühlt als in Gegenwart seiner Brüder und sich immer wieder gefragt, weshalb das so war. Jetzt wusste sie es. Es war gar nicht wahr, dass sie ihn die ganzen Jahre über nur als einen Freund oder als einen der MacKades betrachtet hatte. Ja, es wurde Zeit, genau hinzuschauen, sich klar zu werden.
Sie hatte ihm gegenüber stets viel mehr empfunden. Jetzt war sie frei und konnte ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Jetzt konnte sie endlich zugeben, dass es in ihrem Herzen immer einen Platz gegeben hatte, der ganz allein nur für ihn reserviert war.
Und was anderes sollte das wohl sein als Liebe? Ja, es war so. Sie liebte ihn.
Als das Telefon wieder läutete, konnte sie gar nicht schnell genug abnehmen und hatte Mühe, ihre Stimme ruhig zu halten, als sie sich meldete. Es war Savannah.
„Hi, ich wette, du hast die Neuigkeiten schon gehört, oder irre ich mich?”
„Nein. Es ist im Moment das einzige Gesprächsthema.” Um sich zu beruhigen, öffnete Cassie den Kühlschrank und nahm den Krug mit Orangensaft heraus. „Hast du Devin schon gesehen, seit es passiert ist? Oder einen seiner Brüder?”
„Nein, ich selbst nicht, aber Jared. Er sagt, dass unser großer Sheriff verärgert ist über den Wirbel, der um die ganze Sache gemacht wird. Im Augenblick stattet ihm ein Fernsehteam aus Hagerstown einen Besuch ab, und die Presse war auch schon da.” Cassie schwieg, und Savannah wusste genau, warum. „Es geht ihm gut, Cassie”, versicherte sie ihr mit warmer Stimme. „Er hat keinen Kratzer abbekommen, glaub mir. Er ist einfach nur sauer, weil ihn die ganze Aufregung von seiner Arbeit abhält. Du kennst doch Devin. Und was ist mit dir? Geht’s dir gut?”
„Mir?” Cassie starrte den Saft an, den sie sich eben in ein Glas gegossen hatte. „Ja, mir geht’s gut. Ich bin nur
Weitere Kostenlose Bücher