Sterne im Sand
Grasbüschel und die Kratzspuren entdecken würde, sofern letztere noch zu sehen waren. Er betete, Simon möge eine andere Schlußfolgerung daraus ziehen, flehte Gott um Hilfe an. Hoffte entgegen aller Wahrscheinlichkeit, daß jemand herbeistürzen und rufen würde, daß man Teddy gefunden habe. Diese Quälerei war einfach unerträglich.
Simon schüttelte traurig den Kopf. Er sah unverwandt aufs Wasser hinaus, bis sein Blick schließlich auf Victor fiel. Er hatte Tränen in den Augen. »Ich denke, Teddy genau hier rein, Boß.«
Die Brodericks waren entsetzt; alle waren entsetzt. Victor ließ den Fluß mit einem Schleppnetz absuchen. Er wollte nicht eher aufgeben, bis sie Teddys Leiche gefunden hätten, doch dies war eine schwierige Aufgabe. Der Fluß steckte voller Baumstümpfe, Stämme und Farnblätter, die vom Hochwasser mitgeschwemmt worden waren und sich in der felsigen Tiefe verfangen hatten. Die Männer durchkämmten das Wasser, während Victor ihnen vom Ufer aus Anweisungen zurief, doch alle wußten, daß die Strömung den kleinen Körper leicht davongetragen haben konnte.
Als Rupe sich an der Suche beteiligen wollte, griff Victor ihn blindlings mit einem Handbeil an, und nur Jack Ballards rasches Eingreifen verhinderte eine weitere Tragödie. Er entriß seinem Boß die Waffe und ließ ihn von zwei Männern festhalten, während er Rupe wegführte.
»Komm schon, geh nach Haus. Du solltest dich besser ausruhen.«
»Oh Gott, es tut mir so leid«, schluchzte Rupe, während Jack ihn auf ein Pferd verfrachtete und über die Koppel führte. »Was soll ich machen? Was kann ich denn sagen?«
Jack wußte darauf auch keine Antwort. Er brachte Rupe in die Personalküche, wo dieser sich zitternd am Herd des chinesischen Kochs niederließ, der für die Verpflegung der Männer zuständig war. Hoffentlich war es Hannah wenigstens gelungen, die bedauernswerte Mutter des Jungen ins Bett zu bringen.
Aber nein, sie saß noch immer völlig erschöpft in der Küche und weigerte sich, ihren Posten zu verlassen.
»Er ist nicht ertrunken, oder?« fragte sie Jack flehend. »Doch nicht Teddy, bitte Jack, sagen Sie, daß es nicht wahr ist. Heute morgen hat er noch mit seiner Eisenbahn gespielt, und ich sagte, daß ihm sein Daddy ein paar Waggons basteln würde. War das heute? Nein, es muß gestern gewesen sein!« Sie fing an zu schreien. »Wie lange ist er jetzt schon verschwunden? Die ganze Nacht allein im Dunkeln!«
Jack wandte sich mit fester Stimme an Hannah. »Bring Mrs. Broderick auf ihr Zimmer, sofort! Sie muß sich hinlegen.«
»Sie will aber nicht!« erklärte Hannah verzweifelt.
»Oh, doch.« Jack ließ nicht mit sich reden. Mit vereinten Kräften schleppten sie Louisa nach oben, doch als sie an Cleos Tür vorbeigingen, kreischte sie erneut los. »Ist sie noch immer hier? Ich will, daß sie verschwindet!«
Jack traf Cleo in ihrem Zimmer an, wo sie nervös zwischen gepackten Koffern saß. »Irgend etwas Neues von Teddy? Ich habe noch nichts gehört, ich werde wahnsinnig hier oben.«
Jack tätschelte ihre Schulter. »Kopf hoch, meine Liebe. Leider gibt es keine guten Nachrichten. Sieht aus, als wäre er ertrunken. Ich sage es Ihnen nur ungern, aber Sie sollten besser von hier fortgehen. Niemand gibt Ihnen die Schuld, die Missus weiß nicht, was sie redet …«
»Natürlich geben sie mir die Schuld«, weinte Cleo. »Ich werde es mir ja auch nie verzeihen können. Ich werde gehen, Jack, aber ich wünschte, ich könnte Louisa sagen, wie furchtbar leid es mir tut.«
»Dazu würde ich Ihnen im Moment nicht raten«, erwiderte er. »Kommen Sie mit runter, dann überlegen wir gemeinsam, was zu tun ist.«
Er suchte Rupe in der Personalküche auf. »Ich habe eine Aufgabe für dich.«
»Was denn?«
»Louisa ist furchtbar wütend auf Cleo, wir müssen sie von hier wegbringen. Ich kann sie aber nicht allein nach Cobbside schicken, in dieses gottverlassene Kaff. Bring sie bitte nach Toowoomba, such ihr ein anständiges Hotel und sorg dafür, daß sie von da nach Brisbane weiterreisen kann.«
»Wieso ich?« knurrte Rupe. »Willst du mich etwa gleich mit loswerden?«
»Keine schlechte Idee. Du bist immerhin mit ihnen zum Fluß gegangen.«
»Es war ihre Aufgabe, auf Teddy aufzupassen. Ich dachte, sie wüßte, wo er steckt.«
»Du wolltest wissen, wie du helfen kannst. Gegenseitige Beschuldigungen bringen Teddy nicht zurück, und du hast gesehen, in welchem Zustand sich seine Eltern befinden. Laß ihnen Zeit, zur
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