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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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möglichen Erklärungen für Rupes Ausbleiben schossen ihr durch den Kopf. Er könnte verletzt sein. Könnte Teddy gefunden haben, der transportunfähig war. Vielleicht war der Junge von einer Schlange gebissen worden. Vielleicht … Sie wußte es nicht und konnte nicht länger warten. Sie mußte Hilfe holen.
     
    Hannah war entsetzt, als Cleo bei Einbruch der Dämmerung völlig aufgelöst und schlammbedeckt in die Küche stürzte. Die Köchin rief nach Victor, doch der war in seinem Büro, und so kam Louisa angelaufen.
    »Was ist passiert?« Sie warf einen Blick auf die Gouvernante und schrie los. »Was ist passiert? Sieh dich nur an! Wo ist Teddy? Wie konntest du es wagen, ihn ohne mein Wissen mitzunehmen? Ich habe ihn überall gesucht, bis mir einer der Viehhüter sagte, er hätte dich und Rupe gesehen …«
    Sie hielt inne, als Cleo unter Tränen einige Worte stammelte. »Was ist los? Wo ist Teddy?«
    Doch Cleo war zu keiner vernünftigen Antwort fähig.
    Louisa versetzte ihr eine Ohrfeige. »Ich will wissen, was passiert ist, sofort! Hör auf zu heulen.«
    »Teddy«, wimmerte sie, »wir können ihn nicht finden. Er ist weg. Und Rupe auch. Ihn konnte ich auch nicht mehr finden.«
    »Wo ist das passiert?«
    »Unten am Fluß. Wir haben uns bloß die Vögel angesehen. Und Teddy ist weggelaufen …« Sie brach erneut in Tränen aus, doch Louisa hatte genug gehört. Sie lief zur Hintertür und läutete die große Notfallglocke, mit der sie jeden Mann in Hörweite alarmieren konnte.
    Als erster kam Victor angelaufen, der die Lage rasch erfaßte und seiner Frau nacheilte, die schon in Richtung Obstgarten gerannt war.
    »Warte, Louisa.« Er hielt sie fest. »Ganz ruhig.«
    »Sie haben Teddy verloren!« schrie sie. »Laß mich los!«
    »Nein, mit Pferden sind wir schneller. Wir brauchen Laternen, es wird bald dunkel.«
    Er konnte sie überreden, kurz in der Küche zu warten, und sprach mit den Männern, die sich bereits an der Hintertür versammelt hatten. Cleo hing wie ein Häufchen Elend über dem Tisch.
    Louisa trat hinter sie. »Wenn meinem Sohn etwas zugestoßen ist, bringe ich dich um. Hast du mich verstanden?« brüllte sie. »Ich bringe dich um! Was hast du getan? Mit Rupe geschmust? Warum mußtet ihr Teddy unbedingt mitnehmen?«
    »Nun mal sachte«, sprach Hannah beruhigend auf sie ein, »alles wird gut. Rupe kümmert sich um Teddy. Cleo hat sich bestimmt nur verlaufen und Angst bekommen. Ich mache Tee.«
    Doch Louisa hatte kein Interesse an Tee. Als Victor mit ihrem Pferd auftauchte, sprang sie förmlich in den Sattel und sah angstvoll zum Abendhimmel auf. Sie ritten um den Obstgarten herum und galoppierten hinter dem Trupp Viehhüter über die Koppeln. Rasch näherten sie sich dem Buschgebiet, hinter dem der Fluß lag.
    Als sie abstiegen, hatten sich die Männer bereits verteilt. Victor und Louisa liefen zum Pfad, der zum Ufer führte.
    Der plötzliche Aufruhr schreckte kleine Tiere in den Büschen auf; Vögel flatterten aufgeregt aus den Baumkronen hoch, als die Männer geräuschvoll in ihr Revier eindrangen.
    Teddys Eltern waren dem Wahnsinn nahe. Sie stolperten hilflos am Ufer entlang und riefen nach ihrem Sohn. Ihre Stimmen mischten sich unter die klagenden Rufe der Vögel über den dunklen Fluten.
    Victor fand Rupe, der einsam, den Kopf in den Händen vergraben, am Ufer hockte.
    Er schrie ihn an und riß ihn grob auf die Füße. »Wo ist Teddy? Was ist passiert? Du bist klatschnaß. Ist er in den Fluß gestürzt? Wo ist er, du Schwein? Hast du ihn hineinfallen lassen?«
    »Ich weiß es nicht«, schluchzte Rupe. »Ich kann ihn nicht finden. Ist er nicht nach Hause gekommen?«
    »Natürlich nicht, du Idiot! Red keinen Unsinn. Wo ist er?«
    Victor war derart außer sich, daß er seinen Bruder schüttelte und ohrfeigte, bis Jack Ballard dazwischentrat.
    »Ich rede mit ihm, Victor. Kümmere du dich um deine Frau.«
    Laternen wurden entzündet. Sie weiteten die Suche auf das gesamte Flußufer bis zum Haus aus und durchkämmten auch die andere Richtung so weit, wie ein Kind zu Fuß hätte laufen können.
    Alle wußten, wie unwahrscheinlich es war, daß sich der Junge diesseits des Flusses im Busch verirrt hatte. Der Grüngürtel war zu schmal und wich bald offenem Weideland. Am gegenüberliegenden Ufer dagegen wucherte der Busch wild und ungehemmt. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, ihn zu roden, weil es genügend Weiden auf dem Besitz gab. Da der Fluß die größte Gefahr darstellte, konzentrierten sich

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