Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
empfand Maddie das als besonders schlimm. Ihr war wieder einmal übel. Trotzdem knurrte ihr Magen. Sie hätte sich besser gefühlt, wenn das Frühstück dringeblieben wäre.
Maddie lenkte den Wagen auf den Parkplatz vor der Praxis von Dr. Grades. Was konnte so dringend sein, dass er sie vor der offiziellen Sprechstunde in die Praxis beorderte? Sie zog die Jacke enger um den Leib und eilte hinein.
»Mrs Hollis, Gott sei Dank haben Sie meine Nachricht erhalten. Bitte setzen Sie sich.«
Er klang ernst.
»Sie haben die Antibiotika vor einer Woche abgesetzt, stimmt’s?«
Maddie nickte.
»Und gestern einen Termin mit der Hebamme vereinbart?«
»Ja, für nächste Woche.« Maddie runzelte die Stirn.
»Warum haben Sie mir vor zwei Wochen nicht gesagt, dass Sie schwanger sind?«
»Da hatte ich selbst noch keine Ahnung.«
»Verstehe.«
»Was heißt das?« Maddie faltete die Hände im Schoß.
»Es gibt da ein Problem. Das Antibiotikum, das ich Ihnen verschrieben habe, ist das wirksamste momentan erhältliche gegen Ruhr, sollte aber bei Schwangeren nicht eingesetzt werden.«
Maddie schluckte.
»Befinden Sie sich in einer festen Beziehung?«
»Nein, nicht wirklich.«
»Sie kennen den Vater?«
»Ja.« Sie liebte den Vater ihres Kindes.
»Haben Sie es ihm gesagt?«
»Noch nicht. Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.«
»Mrs Hollis, ich hätte Ihnen dieses Medikament nicht verschrieben, wenn mir klar gewesen wäre, dass Sie schwanger sind. Es erhöht das Risiko von kongenitalen Anomalien, frühkindlichen Krebserkrankungen und Fehlgeburten stark.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Dass ich Ihnen zu einem sofortigen Schwangerschaftsabbruch raten würde.«
»Nein.« Maddie versetzte es einen Stich.
»Ich kann verstehen, dass Ihnen das nicht gefällt, aber Sie befinden sich noch in einem sehr frühen Stadium, und …«
Sie fiel ihm ins Wort. »Nein, das können Sie nicht verstehen.« Sie holte tief Luft.
»Sind Sie katholisch? Ist das das Problem?«
»Ja, aber es liegt eher daran, dass ich schon einmal ein Kind aufgeben musste, und das werde ich nie wieder tun.«
»Dies ist nicht Ihre erste Schwangerschaft?«
»Nein.«
»Wann war die andere?«
»Letztes Jahr.«
»Sie haben das Kind zur Adoption freigegeben?«
»Nein, ich habe es abtreiben lassen, und das werde ich nicht noch einmal machen, egal, vor welchen Risiken Sie mich warnen.«
»Mrs Hollis, mir ist klar, dass dies eine sehr emotionale Frage für Sie ist. Abtreibung ist immer schwierig. Haben Sie je mit jemandem darüber gesprochen?«
»Bis gestern nicht. Eine psychologische Beratung würde meinen Beschluss auch nicht beeinflussen.«
Dr. Grades schüttelte den Kopf und machte einen Aktenvermerk. »Wenn Sie darauf bestehen, das Kind trotz der Risiken auszutragen, muss ich Sie auf noch etwas hinweisen.«
»Ja?«
»Sie sagten, Sie hätten letztes Jahr abtreiben lassen. Hatten Sie und Ihr Mann dieselbe Blutgruppe?«
»Nein.«
»Finden Sie so schnell wie möglich die Blutgruppe des Vaters von diesem Kind heraus. Sie sind Rhesus negativ. Wenn er Rhesus positiv ist, erhöht sich das Risiko für den Fötus noch einmal.«
Maddie nickte.
»Mrs Hollis, bitte denken Sie über meine Worte nach. Treffen Sie Ihre Entscheidung nicht überstürzt und sprechen Sie mit dem Vater des Kindes. Fragen Sie ihn nach seiner Meinung.«
Regen peitschte gegen die längs geteilten Scheiben des großen Küchenfensters. Während sie dem Geräusch lauschte, überlegte Maddie, was sich seit ihrer Ankunft im August des vergangenen Jahres ereignet hatte. Was hatte das Haus mit ihr angestellt? Es hatte Geheimnisse aufgedeckt, war der Schlüssel zu Informationen über ihre Eltern und der Grund, warum sie sich in Cornwall aufhielt. Und sie war hier Mark begegnet und hatte sich in ihn verliebt.
Sie musste für die Sicherheit des Kindes in ihrem Leib sorgen. Trevenen würde es beschützen, wie es die früheren Generationen der Penventons beschützt hatte. Niemand würde sie dazu bringen, gegen ihr Kind vorzugehen. Am allerwenigsten der Mann, den sie liebte.
Maddie nahm den Brief vom Planungsausschuss in die Hand, der auf dem Tisch lag. Wahrscheinlich bestätigte er, was sie schon von Mark wusste. Wenn ihr die Baugenehmigung für den Schuppen nicht erteilt wurde, blieb ihr keine andere Wahl, als Trevenen zu verkaufen. Maddie riss den Umschlag auf.
In der warmen Sonne trockneten die letzten Pfützen auf der Straße. Hannah lief singend zu Old Tom. Will würde heute Abend
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