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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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dass Allah ihren Gebeten kein Gehör geschenkt hatte. In ihrem Zorn forderte sie das Schicksal heraus, legte es darauf an, den gleichen Weg zu gehen wie Djilfidan.
    Doch das Schicksal wollte es anders und verschonte Salima. Wie es auch nach und nach die Cholera auf Sansibar abflauen ließ.
    Salima war fünfzehn, als sie zur Waise wurde. Die Tür zu ihrer Kindheit war hinter ihr zugeschlagen und für immer verschlossen. Der einzige Trost, den sie fand, war die Gewissheit, dass sie im engmaschigen Netz ihrer Geschwister wohl geborgen war.
    Nicht ahnend, wie sehr das Geäst der Familie bereits von der Gier nach Gold und Macht, von Missgunst und von Gegnerschaft durchdrungen und vergiftet war.

Der Ast gabelt sich
    Ein trügerischer Ort,
an dem nichts so ist, wie es scheint.
    DAVID LIVINGSTONE ÜBER SANSIBAR
10
    » As-salamu aleikum! Seid willkommen, Exzellenz«, schallte die Stimme von Sayyid Majid bin Sa’id, dem Sultan von Sansibar, über die lang gestreckte Veranda von Beit il Sahil. Fest und würdevoll klang seine Begrüßung und war doch von aufrichtiger Herzlichkeit erfüllt.
    Der Gast blieb stumm, während er dem Sultan entgegenmarschierte. Kostbare Teppiche mit verschlungenen Mustern dämpften den Klang seiner entschlossenen Schritte. Sein strammer Gang wirkte umso härter inmitten der farbenfrohen Seidenbahnen, die zwischen den Pfeilern der Längsseiten von der Decke herabfielen, sich sacht in der Meeresbrise bauschten und so zusätzlich für Kühle sorgten. Erst als er einige Schritte vor dem Sultan stehen blieb, die Hacken zusammenschlug und sich zackig verbeugte, erwiderte er: » Wa aleikum as-salam , Hoheit.«
    Es war nicht der erste Besuch, den Leutnant Christopher Palmer Rigby dem noch jungen Herrscher abstattete, seit er vor gut einem dreiviertel Jahr, im vergangenen Juli, das Amt des britischen Konsuls auf Sansibar angetreten hatte. Die Ernennung Rigbys auf diesen Posten schloss die Lücke, die der Tod seines Vorgängers Major Atkins Hamerton gerissen und die ein ganzes Jahr in den Beziehungen der beiden Länder geklafft hatte. Von Rigby, der die vierzig noch nichterreicht hatte, wurde viel erwartet – sowohl vonseiten Englands als auch von Sultan Majid selbst. Was Rigby als Konsul auch erreichen würde – es würde stets an den Errungenschaften Hamertons gemessen werden, auch wenn sich die Prioritäten der englischen Krone seither etwas verändert hatten.
    »So nehmt doch Platz, Exzellenz«, lud Sayyid Majid ihn mit einer Geste zu den Rohrstühlen hin ein.
    »Habt Dank, Hoheit.« Eine erneute knappe Verbeugung, ehe der Konsul dieser Einladung nachkam und sich auf der vordersten Kante des bestickten Seidenpolsters niederließ.
    Auch nach all den Jahren, die Rigby im Dienste der Krone auf dem indischen Subkontinent verbracht hatte, hatte er seine angeborene englische Steifheit nicht abgelegt, eine Eigenschaft, die zwischen all dem ziselierten Silber und dem bunten Glas und den schmeichlerischen Stoffen überdeutlich hervortrat.
    Ein Vorteil im Umgang mit Menschen anderer Kulturen, wie Rigby selbst fand. Ihm war daran gelegen, stets eine respektvolle Distanz zu wahren. Er war keineswegs darauf aus, dem Sultan von Sansibar so nahezustehen, wie Hamerton es getan hatte. Es hieß, der verstorbene Sultan Sayyid Sa’id habe Hamerton als seinen »Bruder« bezeichnet und gar auf dem Sterbebett noch nach ihm verlangt. Wohin es führen konnte, wenn man Einheimischen zu sehr vertraute, hatte die blutige Rebellion in Indien vor fast zwei Jahren schließlich überdeutlich gezeigt. Ein Schock, der noch immer tief saß in der britischen Seele. Ein Fehler, der sich niemals wiederholen durfte.
    Auf ein Händeklatschen des Sultans hin servierte ein Leibdiener Tee, Kaffee und sherbet , bevor er sich so unauffällig neben einen der Stützbalken der Überdachung zurückzog, dass er beinahe unsichtbar wurde. Rigby wäre etwas Hochprozentiges lieber gewesen, doch darum hätte er imHerrscherhaus von Sansibar vergeblich gebeten. Nicht der einzige Unterschied zwischen dieser Insel und Indien, und Rigby war schon dankbar dafür, dass der Tee nicht allzu stark gezuckert war. Wenn es schon keine Sahne oder wenigstens Milch dazu gab.
    Sultan Majid und Konsul Rigby begannen ihre Unterredung den Gepflogenheiten entsprechend mit Erkundigungen über das Wohlbefinden des jeweils anderen, wobei Sayyid Majid einmal mehr das vorzügliche Arabisch des Konsuls lobte. Es gab nur wenige Männer mit englischem Pass, die so versiert in den

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