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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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angewiesen, auch nach Ihrer Praxis zu sehen. Nicht, dass sich dort Unholde einnisten.«
    »Das ist sehr aufmerksam von Ihnen, Jack.« Ricarda trank ihren Kaffee aus und folgte ihm zu den Pferden.
    »Ich hoffe, Sie können reiten.« Jack nahm die Zügel des Rappen, der für sie bestimmt war. Der Hengst hatte eine dolchförmige Blesse auf der Stirn.
    Ricarda schüttelte den Kopf. »Nicht besonders gut. Meine Mutter hat mir stets eingebläut, dass Reiten für Damen unschicklich ist.«
    »Dann haben Sie jetzt Gelegenheit zu üben!« Damit führte er das Tier zu ihr. »Leider habe ich keinen Damensattel für Sie, denn meine Mutter hat auch nichts von Ausritten gehalten. Aber ich denke ohnehin, dass eine Frau besser in einem Herrensattel sitzt.«
    Mutter würde in Ohnmacht fallen, wenn sie mich im Sattel sähe, dachte Ricarda. »Ich habe ohnehin nie verstanden, warum Frauen überhaupt in Damensätteln sitzen sollen«, pflichtete sie Jack bei, der sogleich eine Antwort parat hatte.
    »Um die Männer nicht in Versuchung zu führen. Immerhin könnten sie beim Reiten ihre Beine zeigen.«
    »Auch im Damensattel kann der Rock hochwehen!«, wandte Ricarda ein, während sie ihr Pferd musterte.
    Es schien ganz gutmütig zu sein, und seine Augen wirkten treu und klug.
    »Brauchen Sie Hilfe, oder wollen Sie allein aufsitzen?«
    »Ich versuch's erst mal allein!«
    Ricarda stellte den linken Fuß in den Steigbügel und zog sich am Sattelhorn hoch. Das ging besser, als sie erwartet hatte.
    »Offenbar haben Sie nichts verlernt!«
    »Warten Sie ab, bis sich das Pferd in Bewegung setzt!«
    Obwohl Ricarda zum letzten Mal als Kind allein auf einem Pferd gesessen hatte, fühlte sie sich im Sattel nicht fremd. Freudige Erregung befiel sie. Sie dachte wieder an das Neujahrsfest und die Wanderung mit Jack durch den Busch. Die Aussicht auf ein ähnliches Abenteuer, allerdings ganz ohne zeremonielle Verpflichtungen und vor allem ohne Beobachter, ließ ihr Herz höher schlagen.
    »Hauptsächlich kommt es beim Reiten darauf an, sich festzuhalten und sich den Bewegungen des Pferdes anzupassen«, erklärte Jack nun und verscheuchte ihre Gedanken.
    »Wenn ich runterfalle, können Sie ja versuchen mich aufzufangen.«
    »Das werde ich. Aber ich glaube, es wird nicht nötig sein.«
    Er saß auf und überprüfte noch einmal die Leine des Packpferdes, die am Sattel seines Schimmels befestigt war.
    »Auf geht's!« Mit diesen Worten gab er seinem Pferd die Sporen.
 
    Der Ritt durch den Busch war faszinierend für Ricarda. Nicht nur ein Mal meinte sie, die Bewegung eines Tiers aus dem Augenwinkel heraus wahrzunehmen, doch als sie sich umschaute, war es schon wieder verschwunden. Überall wisperte und raschelte es.
    Die Route, die Jack einschlug, war recht unwegsam, sodass Ricarda sich gut festhalten musste. Mehrmals klatschte ihr tief hängendes Blätterwerk ins Gesicht und benetzte ihre Haut mit Morgentau. Ihre Waden wurden von hohen Farnen gepeitscht, aber auch das störte sie nicht. All die Eindrücke schärften ihre Sinne, und sie spürte den eigenen Körper mit ungeahnter Intensität. Sie fühlte sich glücklich und frei.
    Schon rings um Jacks Farm war die Natur beeindruckend gewesen, doch hier war die Vegetation wieder ein wenig anders. Ricarda glaubte, dass dieser Teil der Landschaft noch nicht einmal von den Maori durchquert worden war. Das Unterholz war dichter, und nach einer Weile musste Jack zu seinem Buschmesser greifen, um ihnen eine Schneise durch das nahezu undurchdringliche Grün zu schlagen.
    Einmal war es Ricarda, als hätte sie in den Baumkronen Eichhörnchen entdeckt, doch bei näherem Hinsehen entpuppte sich das Hörnchen als Kaka, ein Verwandter der Keas, die Ricarda hier schon öfter bewundert hatte. Ihr graues Gefieder war mit leuchtend roten Federn durchsetzt.
    Weitere Vögel wie Kakapos und Kiwis kreuzten ihren Weg. Wenn sie Rast machten, fertigte Ricarda Skizzen an. Nicht nur die Tiere hielt sie mit schneller Hand fest, sie sammelte auch Pflanzen, die sie zwischen den Blättern ihres Zeichenblockes presste.
    Einmal brachte Jack ihr ein seltsam geformtes Insekt mit sechs Beinen. Es ähnelte einer riesigen Heuschrecke, nur dass es einen dickeren, gestreiften Leib besaß. Und einen Stachel und lange Fühler. »Das ist ein Weta«, erklärte er. »Genau genommen ein Baum-Weta. Ein Weibchen. Das, was Sie vielleicht für einen Stachel halten, ist eine Röhre zur Eiablage.«
    »Schade, dass wir keines mitnehmen können«, sagte Ricarda,

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