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Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga

Titel: Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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Lastenträger unterschiedlicher Hautfarbe hasteten über den Kai.
    »Meine Herrschaften, begeben Sie sich nun bitte von Bord!«, rief eine Stimme, und erst jetzt bemerkte Ricarda, dass sie über dem faszinierenden Anblick das Anlegen verpasst hatte und bereits Passagiere über die Landungsbrücke gingen. Sie reihte sich mit ihrer Tasche in die Warteschlange ein.
    Während sie geduldig wartete, brach die Sonne gänzlich durch. Sie war von solch einer Intensität, dass Ricardas Kopfwunde zu kribbeln begann. Da sie gut verheilt war und der Schiffsarzt die Fäden gezogen hatte, hatte sich ein Verband zum Glück erübrigt.
    »Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Reise, Miss«, sagte der Offizier, der für die Verabschiedung der Passagiere zuständig war.
    Ricarda nickte lächelnd, obwohl ihr plötzlich zum Weinen zumute war.
    Ein Gefühl der Verlorenheit stieg in ihr auf. Hier war sie vollkommen auf sich gestellt. Sie hatte an diesem Ende der Welt weder Freunde noch Kommilitonen oder Bekannte. Zudem war ihr Wissen über dieses Land sehr begrenzt. Aber hier war sie frei. Ihre Eltern konnten ihr nun keine Vorschriften mehr machen. Dieser Gedanke fegte alle anderen Empfindungen hinweg und weckte ihre Neugier, die mit jedem Schritt wuchs.
    Bald hatte Ricarda den Hafen hinter sich gelassen und eine scheinbar endlose Uferstraße erreicht, an der sich zahlreiche Gebäude mit Firmen wie »Harvey & Kirk«, »M.J. Brennan & Co« oder »Butt Brothers« angesiedelt hatten. Die unterschiedlichsten Geschäfte und Handwerksbetriebe gab es hier. Ricarda bemerkte eine Schlachterei, eine Schneiderei und sogar ein Warenhaus; was die Versorgung mit Gütern anging, brauchte sie sich wohl keine Sorgen zu machen.
    Auch auf dieser Straße wimmelte es nur so von Menschen; Reiter und Fuhrwerke versuchten, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Der dichte Verkehr ähnelte dem in Berlin oder Zürich, wenngleich Ricarda sich hier doch um einige Jahre in der Zeit zurückversetzt fühlte. Die Gehwege bestanden nur aus Holz, und die Fahrbahn war nicht befestigt. Regengüsse und Wagenräder hatten Spuren hinterlassen. Im Moment war der Boden trocken, doch bei Regen würde er sich in eine Schlammgrube verwandeln, in der man sich unweigerlich Schuhwerk und Rocksäume verdarb.
    Aber sie war nicht hier, um dem Komfort nachzutrauern, den sie hinter sich gelassen hatte.
    Als Erstes musste sie eine Unterkunft finden, eine Pension oder ein Hotel. Suchend sah Ricarda sich um, doch sie konnte nirgends einen Hinweis auf eine Zimmervermietung entdecken. Ihr blieb nichts anderes übrig, als danach zu fragen.
    Sie bemerkte eine Gruppe Frauen, die vor einem Laden standen und sich lebhaft unterhielten.
    »Entschuldigen Sie bitte, können Sie mir sagen, wo ich ein Hotel oder eine Pension finde?«
    Die Frauen hielten sogleich inne und musterten sie von Kopf bis Fuß. Ricarda hatte das fleckige Reisekostüm gegen das saubere ausgetauscht, aber dennoch fühlte sie sich plötzlich unwohl.
    »Da gehst du am besten zu Molly, Schätzchen, die bietet Zimmer an und nimmt dich nicht aus. Das Star Hotel frisst dir das Fleisch von den Rippen, und im Tauranga kann's passieren, dass Wanzen zwischen den Laken kleben. Molly ist schon die Richtige für dich.«
    Ricarda war überrascht über die Ausdrucksweise der Frauen. Oder hatte sie sie nur falsch verstanden?
    »Wo kann ich denn diese Molly finden?«, fragte sie ein wenig unsicher.
    »Geh noch ein Stück den Strand entlang, und bieg bei Spencer's Drugstore links ab. Die kleine Gasse hoch, und dann siehst du es schon.«
    Ricarda lächelte. »Vielen Dank.«
    »Keine Ursache, Schätzchen!«
    Die Damen nahmen die Unterhaltung wieder auf. Doch als Ricarda sich abwandte, hatte sie das Gefühl, dass deren Blicke sich in ihren Rücken bohrten.
    Sie stiefelte die Straße entlang, die offenbar Strand hieß, bis ein Schild in großen Lettern »Spencer & Co. - Drugstore« ankündigte. Im Schaufenster standen Haarwuchsmittel, Schmerzpulver, Creme für straffere Haut und Wundertinkturen gegen Zahnweh, Migräne und Ungeziefer neben Waschpulver, Kernseife und Parfüm. Ricarda musste schmunzeln, als sie in einer verschämten Ecke sogar ein Mittel zur Stärkung der Manneskraft entdeckte.
    Als sie um die Ecke bog, kamen ihr zwei kläffende Hunde entgegen. Ricarda sprang erschrocken zurück. Die Tiere liefen an ihr vorbei, offenbar jagte eines das andere. Die anderen Passanten schienen so etwas gewöhnt zu sein, denn sie nahmen keine Notiz davon.
    Als

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