Sternenfaust - 136 - Flammenschert (2 of 2)
mussten fliehen, und dennoch konnten wir zahlreiche Gefangene machen.«
»Gegangene?« Der Raisa drehte den Schnabel zu seinem Ratgeber.
»Ja. Eines Ihrer Großschiffe wurde von den Tanjaj geentert. Die Gottlosen haben sich schnell ergeben. Sie zogen die Gefangenschaft dem Tode im Kampf vor.«
»Ha! Dies war auch nicht anders zu erwarten von diesen Ungläubigen!«
»Ja, Raisa. Was soll mit ihnen geschehen?«
»Der Zorn Gottes möge sie treffen!«
»Sind die Menschen als solche nicht bereits von Gott gestraft, Raisa? Ich schlage vor, die Gefangenen zu internieren. Damit haben wir ein Faustpfand in der Hand.«
»Internieren«, zischte der kridanische Herrscher leise durch seine Nasenöffnungen und blickte wieder auf die Hamask-Blüten, die den Teich als eine dunkelgrün und schwarzviolette Fläche bedeckten. »Ich bin der Raisa, und Gott verkündet seinen Willen durch mich«, klackerte er. »Gott vernichtet die Verworfenen. Er tilgte das Erste Volk, das sich maßlosen Frevels schuldig machte. Und so soll jeder Stamm, der diesen sündhaften Weg beschreitet und sich der Bekehrung unzugänglich zeigt, ausgelöscht werden. Ich, der Raisa, habe den Heiligen Krieg ausgerufen, und er wird nicht eher zu Ende sein, als bis der Wille Gottes erfüllt ist. Dieser Kampf kennt keine Gefangenen – er kennt nur Tote und Gesegnete.«
»Bitte übereilt nichts, Seran-Pakor. Sollten wir nicht immer wachsam sein und die Schatten meiden, die über unsere Augen zu fallen drohen?«
» Wir? «, krächzte der Raisa in hohem Ton. »Du sagst wir – aber du meinst mich ! Du bezichtigst deinen Raisa der Blindheit!«
»Dies würde ich niemals wagen, Euer Heiligkeit!«
»Du erinnerst mich mehr und mehr an Satren-Nor! Vielleicht sollte ich dich ebenfalls in die Verbannung schicken!« Jählings griff sich Seran-Pakor mit der Kralle ins Genick und stöhnte – als ob er unter Schmerzen litte.
»Euer Heiligkeit verstehen mich falsch. Ich habe mir lediglich erlaubt …«
»Schluss! Ich frage dich, Orlan-Gal: Zweifelst du an meiner Unfehlbarkeit? Ich will eine klare Antwort!«
»Nein, Raisa. Ich zweifle nicht an Eurer Unfehlbarkeit.«
»Gut. Diese Menschen müssen sterben. Ich habe ihre Hinrichtung beschlossen, und ich dulde keine weiteren Widerworte!«
»Jawohl, Raisa.« Orlan-Gals sämtliche Daunenfedern stellten sich auf. Was ist mit ihm? Er ist nicht mehr er selbst. Fast scheint es mir, dass er verrückt wird …
»Und jetzt nehme ich ein Sandbad«, sagte der kridanische Regent und wandte sich abrupt um. Mit weiten Schritten steuert er zurück auf den Weg.
»Ein Sandbad wird mir Linderung verschaffen.«
Orlan-Gals Klauen krallten sich in sein Gewand. Schließlich folgte er Seran-Pakor, dem heiligen Herrscher der Kridan.
*
Roman Monty saß auf seinem Hosenboden und lehnte mit dem Rücken am Stamm eines Resar-Baumes. Hier, in dem kleinen Wald am Rande eines Lanca-Feldes, war er hoffentlich vorerst sicher und konnte sich behandeln. Er hatte die flexible Helmschale zurück in die Nackenhalterung schnappen lassen und zog aus der linken Oberschenkeltasche, die eine Anzugapotheke enthielt, eine kleine Sprühflasche heraus. Sein Gesicht brannte wie Feuer und schien sich zu entzünden. Seine Augen waren trocken und schmerzten ebenfalls. Alles Blinzeln half nicht. Die graue Welt, die ihn umgab, drehte sich im Kreis.
Er sprühte das antiseptische Kühlungsmittel mit gleichmäßigen Bewegungen über Stirn, Wangen, Kinn und Hals. Nur langsam verspürte er Linderung. Er verstaute das Fläschchen im Anzug und strich sich erneut über den Hinterkopf. Selbst durch das Anzugmaterial konnte er spüren, dass seine Haare weggebrannt waren.
Sein Magen verkrampfte sich zu einem Klumpen, seine Muskeln brannten.
Während seines Absprungs hatte er in großer Höhe den Moloch Matlanor ausmachen können. Diese gewaltige Stadt war eine riesige graublaue Masse, die sich über den halben Kontinent ergoss. Vereinzelt hatte er dunkle Fäden erkannt, die sich gerade und gekrümmt durch diesen gigantischen Fladen zogen: die Straßenschluchten der Metropole.
Roman hatte keine Mühe damit gehabt, die Antigravitationsfelder seines Anzugs auszurichten. Also war er jenseits des gewaltigen Gebirges, das Matlanor an seiner östlichen Seite begrenzte, niedergegangen, mitten zwischen den mannshohen Fruchtkelchen eines wogenden Lanca-Feldes. Fatalerweise hatten ihm die Schmerzen im Gesicht so zugesetzt, dass er mit etwas zu hoher Geschwindigkeit aufgekommen war
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