Sternenfaust - 160 - Die Space-Oma
Dann hätte ich es jetzt wenigstens hinter mir.
Michael war ihr leider keine Hilfe. Im Gegenteil! Er schob die ganze Schuld auf sie. Immerhin war sie es gewesen, die den armen Steve umgebracht hatte.
Ohne diese verdammte Geschichte mit dem Maulwurf wäre es nie soweit gekommen.
»Ach Steve«, seufzte Emile. Er war noch so jung gewesen. Neunzehn Jahre! Sie waren wie eine Familie gewesen. Und dann …
Emile richtete sich auf und sah auf ihren Timer. Noch zwanzig Minuten, dann begann ihr Dienst.
Sie saß auf ihrer Schlafliege und rührte sich nicht. Das Atmen fiel ihr wie immer schwer. Jeden Tag dachte sie das Gleiche: Wozu das alles? Warum nicht einfach aufhören? Die Space Marines bargen zu viele böse Erinnerungen. Das, was sie Steve angetan hatte, würde sie nie vergessen können.
Niemand würde es je vergessen können.
Was also konnte sie sich hier auf der STERNENFAUST noch erhoffen? Wiedergutmachung? Vergebung? Wartete sie auf eine Chance, die es ihr ermöglichen würde, unter Einsatz ihres Lebens die halbe Mannschaft zu retten?
»Du hast auch schon einmal glücklicher ausgesehen!«, hörte Emile eine Stimme, die sie zusammenzucken ließ.
Sie blickte hoch und erstarrte.
Vor ihr stand der Junge, von dem sie jede Nacht träumte.
Steve Fuller!
Ich verliere den Verstand! Das ist die einzige vernünftige Erklärung!
Steve lächelte ein wenig melancholisch. »Willst du mich nicht begrüßen? Sieh doch – ich bin zurück!«
»Du bist nicht echt!«, entfuhr es Emile: Sie ließ Steve nicht aus den Augen.
»Du machst es mir wirklich nicht leicht«, erwiderte Steve. »Erst glaubst du mir nicht, dass ich niemals der Maulwurf war, und nun sagst du, ich sei nicht echt.«
Dabei klopfte er sich an die Brust, um zu zeigen, dass er real war.
Langsam streckte Emile die Hand aus und berührte Steve am Unterarm.
Er war fest. Es fühlte sich echt an.
Vorsichtig tastete sie sich weiter und drückte immer fester zu.
Wer auch immer dieses Wesen war, es fühlte sich wie ein Mensch an.
»Du kannst nicht echt sein!«, stammelte sie. »Du kannst nicht echt sein, weil …« Sie schluckte.
»Weil du mich umgebracht hast?«, beendete Steve den Satz.
Tränen schossen Emile in die Augen, und obwohl sie überzeugt war, dass es sich bei der Gestalt vor ihren Augen nicht um Steve handeln konnte, keuchte sie mit erstickter Stimme: »Es tut mir so furchtbar leid, Steve!«
»Vergeben und vergessen«, murmelte er und legte ihr die Arme um die Schultern.
Emile spürte, wie ihr die Kontrolle entglitt. Tatsächlich war es ihr in diesem Moment egal, ob sie träumte, ob sie der Verstand verlor oder ob jemand einen gemeinen Streich mit ihr spielte. Sie lehnte sich an Steves Brust und spürte, wie heiße Tränen aus ihren Augen quollen. Dabei klammerte sie sich immer fester an Steve, so, als wolle sie diese Erscheinung daran hindern, wieder zu verschwinden.
Es dauerte einige Minuten, bis Emile sich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Ihre Zunge fühlte sich trocken an, aber sie hatte nicht die Kraft aufzustehen, um sich etwas zu trinken zu holen.
»Du kannst nicht Steve sein«, wiederholte sie.
»Sagt dir der Name Jan Theodopolos etwas?«, wollte Steve wissen.
Emile schüttelte den Kopf.
»Das ist der Name eines jungen Mannes«, erklärte er, »der vor Kurzem ums Leben kam. Es geschah, als Sol X plötzlich aus dem Nichts auftauchte. Doch er ist kurze Zeit später von den Toten zurückgekehrt.«
Emile nickte langsam. Es hatte Gerüchte gegeben. Aber sie hatte sie nicht geglaubt.
»So unfassbar es auch klingen mag – die Wanagi verfügen über Techniken, mit denen sie die Toten wieder lebendig machen können.«
Nun lehnte sich Emile ein wenig zurück und schüttelte den Kopf. »So etwas gibt es nicht.«
Steve lächelte. Es war dieses Lächeln, das sie immer so sehr an ihm geliebt hatte. Diese Mischung aus Schüchternheit, Melancholie und Charme. Wenn er damals nur gewusst hätte, was sie für ihn empfunden hatte …
»Emile«, begann Steve und nahm ihre Hände in die seinen. »Die Wanagi sind die Nachkommen der Toten Götter. Ihre technischen Möglichkeiten sind um eine Million Jahre weiter entwickelt als die unseren. Da ist es nur natürlich, dass sie über Techniken verfügen, die uns wie wahre Wunder erscheinen müssen. Doch das sind sie nicht. Es sind einfach nur Techniken. Und eine davon versetzt die Wanagi in die Lage, die im Temporalfluss gespeicherten Quantenzustände zu scannen und aufgrund dieser Daten Menschen zu
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