Sternenfaust - 191 - Nukleus
STERNENFAUST!«
»Stellen Sie eine Verbindung zur STERNENFAUST her. Wir brauchen Romana Hel’gara, hier auf Nukleus …«
*
S.C.S.C. STERNENFAUST III
5. August 2273, 20.32 Uhr
Oft schon hatte sich Dana gewünscht, ein wenig mehr Zeit für sich zu haben. Es gab so viele Bücher, die sie schon immer einmal hatte lesen wollen. Und in ihrem Zeitschriftenspeicher stapelten sich die Artikel, die sie dort abgelegt hatte, um sie irgendwann einmal zu lesen.
Außerdem hatte sie schon seit drei Jahren eine Sammlung aus nambanischen Omallo-Konzerten, die sie sich längst hatte in Ruhe anhören wollen.
Und nun hatte sie nichts zu tun und wahrscheinlich alle Zeit der Welt, und alles, was sie tat, war, in ihrem Quartier zu sitzen und ins Leere zu blicken.
Ihre Gedanken drehten sich im Kreis. Hatte sie überreagiert? Hätte sie sich vielleicht doch fügen müssen? Warum hatte sie den Senat überhaupt ins Leben gerufen, wenn sie bereits die erste Entscheidung, die er an sie herantrug, verweigerte?
Hatte Max Brooks vielleicht doch recht gehabt? Hatte sie über den Senat unbewusst nach einem Weg gesucht, ihre Verantwortung abzugeben? Hatte sie geahnt, dass früher oder später ein derartiges Dilemma anstehen würde?
Und nun war sie noch nicht einmal bereit, die Entscheidung des Senats zu respektieren, und überließ Taglieri das Kommando. Und zwar nicht nur für diesen Tag, sondern für den Rest der Reise. Denn eines stand fest: Der Senat konnte ihr unmöglich das Kommando über die STERNENFAUST zurückgeben. Das musste er allein tun, um sein Gesicht vor der Crew zu wahren.
Und Dana war sicher, dass sich die Information über ihr Verhalten längst wie ein Lauffeuer im gesamten Schiff verbreitet hatte.
Stellte sich die Frage, was der Senat nun mit ihr anfangen würde. Sie auf einen Planeten ins Exil schicken? Sie in die Arrestzelle sperren? Mit reduzierten Privilegien?
In diesem Moment ertönte der Türmelder. Dana zuckte zusammen, und mit trommelndem Herzschlag rief sie: »Herein!«
Es war Vincent Taglieri.
Überrascht erhob sich Dana. Mit allem hätte sie gerechnet, nur nicht mit einem Besuch von Taglieri.
»Commodore«, sagte sie mit fast tonloser Stimme, sodass sie sich räusperte. »Ich hätte nicht mit Ihrem Besuch gerechnet.«
»Es ist der Tag der Überraschungen«, sagte Taglieri in einem seltenen Anfall von Humor.
»Schickt Sie der Senat?«, fragte Dana misstrauisch.
»Ganz sicher nicht«, sagte Taglieri.
»Ich nehme an, Sie führen die Befehle des Senats wie gewünscht aus«, vermutete Dana und versuchte dabei, ihre Stimme so sachlich wie möglich klingen zu lassen.
Doch als Taglieri mit einem »das tue ich« antwortete, konnte sich Dana ein wütendes Schnauben nicht verkneifen.
Taglieri ging nicht darauf ein. »Die Situation hat sich geändert«, sagte er schließlich.
Dana zog neugierig die Augenbrauen hoch.
»Commander Austen hat uns auf die Spur gebracht, und Romana Hel’gara hat seinen Verdacht bestätigt. Das Akoluthorum erzeugt nicht die Energie für die Kunstsonnen auf Nukleus, es dient vielmehr als Energieleiter aus einem übergeordneten Raum. Romana Hel’gara hat die Parallelen zu unseren HD-Raum-Zapfern bestätigt.«
»Von denen wir die Funktionsweise selbst nicht richtig kennen.«
»Wir nicht«, räumte Taglieri ein, »aber Romana Hel’gara kennt sie. Die Energiefluktuationen, die Commander Austen bereits im HD-Raum angemessen hatte, rühren offenbar von einer Art Fehlfunktion des Akoluthorums her. Es wäre möglich, dass wir mit unserer HD-Technik den Nukleanern sogar zu einem weitaus wertvolleren Ersatz verhelfen können.«
»Ersatz?«
Taglieri nickte. »Romana Hel’gara will den Nukleanern helfen, eine Technik einzusetzen, die sicherer ist und die für die Nukleaner das Akoluthorum überflüssig macht.«
Dana konnte nicht glauben, was sie da hörte. Aus einem ausweglosen, moralischen Dilemma war innerhalb von wenigen Stunden eine Win-Win-Situation geworden.
»Wo ist der Haken?«, wollte Dana wissen. Und vor allem wollte sie wissen, was Taglieri dabei von ihr wollte.
»Ich möchte, dass Sie Romana Hel’gara auf den Planeten begleiten«, sagte er schließlich.
»Wie bitte?« Dana glaubte, sich verhört zu haben.
»Es ist mein Ernst«, fügte Taglieri hinzu, ohne mit einer Wimper zu zucken. »Sie kennen die Wanagi recht gut, und es muss jemand an der Seite von Romana Hel’gara sein, der sie gut einschätzen kann.«
»Was ist der wahre Grund?«, fragte Dana ohne
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