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Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern

Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern

Titel: Sternenfaust - 193 - Der stählerne Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Seifert
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Verzweiflung schlug sie sich nun zur die Straße säumenden Häuserfront durch, um aus dem Gewühl herauszukommen und Atem zu schöpfen. Sie erreichte schließlich das Portal eines Wohnhauses, wo sie ein wenig Schutz fand.
    »Geht weiter!«, sagte sie nicht nur einmal zu den vorbeiströmenden Passanten, die sie erkannten und mit vor Überraschung starren Gesichtern ihre Ehrenbezeugung leisteten.
    Vu’maiti hob den Kopf und blickte in den von grünlichen Kamb’wani-Wolken verschleierten Himmel Wen’gulims. In der Ferne stieß ein Pulk von Ruk’nyengas behäbig in eine der Luftplankton-Wolken, doch die Flugrochen waren so weit weg, dass sie wie eine Ansammlung schwärzlicher Striche wirkten.
    Es hatte keinen Sinn, in diesem Tumult nach Tur’naggi zu rufen. Aber vielleicht konnte sie ihn mittels Geistsprache erreichen. Tur’naggis Fähigkeiten bei dieser Form der Verständigung waren zwar nicht übermäßig groß, aber sie mochten genügen, um Verbindung mit ihm aufzunehmen.
    Dennoch ergab sich eine nicht zu unterschätzende Schwierigkeit. Die Geistsprache beschränkte sich auf die Vermittlung von Gefühlen und bildhaften Vorstellungen und stellte eine Ergänzung zur Lautsprache dar. So wurde sie überwiegend in jenen Gesprächssituationen benutzt, bei denen ein sichtbares Gegenüber vorhanden war. Sie reichte jedoch viel weiter als die Lautsprache und konnte so auch für die Übermittlung von Befindlichkeiten und Vorstellungsbildern über weitere Strecken genutzt werden. Ging es in einer solchen Situation – in der die Gesprächspartner voneinander getrennt waren – um die Vermittlung von Fakten und konkreten Informationen, zeigte sich die Begrenztheit der Geistsprache. Die talentiertesten Tum’waheri vermochten allerdings Vorstellungsbilder von Pergamentrollen zu übermitteln, die mit der Runenschrift ihres Volkes bedeckt waren, was sie dazu in die Lage setzte, konkrete Informationen zu transportieren. Auch Vu’maiti gehörte zu diesem beschränkten Personenkreis, doch nutzte ihr diese Befähigung im Augenblick nichts, da Tur’naggi die Runenschrift der Tum’waheri nicht lesen konnte. Also musste sie anders vorgehen.
    Zunächst galt es, überhaupt einen Kontakt zu Tur’naggi herzustellen. Vu’maiti rief das Bild Tur’naggis vor ihrem inneren Auge auf und schickte das Gefühl der Sehnsucht nach dem Fremden in den mentalen Äther. Zu ihrer Überraschung kam die mentale Antwort nach nur wenigen Augenblicken – Tur’naggis Gefühlslage, die sich vor allem aus Angst und der überschäumenden Freude über den gelungenen Kontakt zusammensetzte, schlug wie ein Blitz in Vu’maitis Rezeptionszentrum ein.
    Die Priesterin konnte sich den schnellen Erfolg nur dadurch erklären, dass Tur’naggi seinerseits seit geraumer Zeit bemüht war, den Geistkontakt zu ihr aufzubauen.
    Schnell entsandte sie einen beruhigenden und begütigenden Impuls und vermittelte dem Fremden ihre Hilfsbereitschaft.
    Nun galt es, über die Vermittlung von Vorstellungsbildern die Frage nach dem Aufenthaltsort Tur’naggis und der Tar’tarishi zu formulieren. Vu’maiti konzentrierte sich und produzierte nacheinander Vorstellungen verschiedener Orte, an denen sich Tur’naggi aufgehalten hatte und die er also kennen musste. Sie sandte ihm die Bilder des Lagers der Tum’duni, verschiedener markanter Wegpunkte auf der Strecke nach Bilad’himu. Schließlich erzeugte sie das Bild seiner komfortablen Unterkunft im Mahal’vukito.
    Dann blickte sie nach unten und fixierte ihre eigenen Füße, die in dünnen, mit violetten Ornamenten verzierten Lederstiefeln auf dem Trottoir standen. Auch dieses Bild sandte sie mit höchster Konzentration ab. Zum Schluss machte sie dasselbe mit der ihr gegenüberliegenden Häuserfront, um so ihren augenblicklichen Standort zu übermitteln, was die bildliche Frage nach Tur’naggis aktuellem Aufenthaltsort implizierte.
    Und Tur’naggi verstand! Vu’maiti empfing das Vorstellungsbild eines mächtigen, aus gewaltigen Steinquadern bestehenden Gebäudes. Doch das Bild war bei Weitem nicht präzise genug und zu verschwommen, um den Bau zu identifizieren. Es konnte sich sowohl um den Vorbau des Chin’yardhi als auch um den Haupttempel Hekal’kichwa oder das Bo’boma – das Rathaus Bilad’himus – handeln.
    Tur’naggi, ich benötige mehr! , dachte Vu’maiti und entsandte dieses Gefühl der Begehrlichkeit.
    Und Tur’naggi reagierte. Mächtige kannelierte, weiß schimmernde Säulen wuchsen zu beiden Seiten des

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