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Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide

Titel: Sternenseide-Zyklus 3 - Sternenseide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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Reyna die Lider schwer wurden. Dann nickte sie, als ob sie sich selbst eine Frage gestellt und sie die Antwort darauf gefunden hätte, und erhob sich. Sie band vorsichtig die Seide los und befestigte sie wieder um ihre Taille, steckte ihre Enden fest. Dann nahm sie die Skizzenbücher auf und wanderte durch den monderleuchteten Wald zurück. Die Schatten der Bäume fielen als Gitterwerk auf den Boden, das sie zu beschützen schien.
    Als sie dort ankam, wo sie Juaren und Verra verlassen hatte, stellte sie fest, daß Verra schon in ihren Decken lag und schlief. Juaren saß mit gekreuzten Beinen und gesenktem Kopf ein Stück weiter weg auf dem Boden; sein weißes Haar schimmerte im Mondschein. Er hatte seine Sternenseide an einen Baum gebunden und redete und sang mit ihr. Reyna zögerte kurz, beobachtete und lauschte. Nach und nach erkannte sie, daß seine Seide andere Worte sprach als diejenige, die sie um die Taille trug, obwohl ihr Gesang der gleiche war; ruhelos und gequält, zuweilen auch widersprüchlich und ärgerlich. Als Reyna näher trat, sah sie, daß Juaren Verras Übersetzungsgerät in die Ohren gestöpselt trug. Er saß dort mit geschlossenen Augen und hörte gespannt zu.
    Sie ließ sich neben ihm auf dem Boden nieder, und nach einer Weile wußte sie, daß er sie neben sich fühlte. Er ließ die Augen geschlossen, sagte nichts, aber er veränderte die Haltung seines Körpers. Er stimmte sich auf ihre Gegenwart ein.
    Endlich nahm er die Stöpsel aus den Ohren und legte den Translator beiseite. Sein Gesicht war ausdruckslos ... sorgsam von jedem Ausdruck entblößt, als hätte er absichtlich alles aus seiner Miene verbannt, was ihn bewegte. Er stand auf, nahm die Sternenseide vom Baum und band sie sich um die Taille. Dann streckte er die Hand aus und half Reyna wortlos auf die Füße.
    »Juaren«, sagte sie zögernd; betrübt, daß er nicht zu ihr sprach, und betrübt über die Abwesenheit in seinen Augen, »eben ... heute abend ...«
    Er nickte geistesabwesend. »Ich weiß.«
    Sie fühlte Unmut; begann, sich an der Art zu stören, wie er so offensichtlich vermied, ihr zu zeigen, was er dachte. Weshalb weigerte er sich, sie anzuschauen? Warum sah er noch immer so aus, als lausche er der Seide, obwohl er sie um die Taille gebunden und ihre Enden sorgsam untergesteckt hatte? Was hatte er in dem Gesang der Seide gehört, oder in ihren Worten?
    »Ich mußte allein sein«, sagte sie, drückte seine Hand und bemühte sich, den Abstand zu überbrücken, den seine Abwesenheit zwischen ihnen geschaffen hatte. »Ich bin nicht ... ich bin nicht gegangen, weil ich nicht bei dir sein wollte. Ich bin nicht ...«
    »Du bist gegangen, weil du allein sein mußtest«, sagte er und sah immer noch an ihr vorbei. Wohin? Was erblickte er hinter ihrer Schulter? »Und ich war traurig, weil ich nicht wollte, daß du allein warst ... jedenfalls nicht hier, nicht in der Dunkelheit. Aber ich habe es verstanden. Auch ich muß manchmal allein sein.«
    Er verstand. Aber weshalb sprach er teilnahmslos? Reyna legte die Hand über die Augen, plötzlich müde. Der Tag war lang gewesen. Ihr Rücken schmerzte, und ihre Augenlider waren schwer. Sie wollte Juaren jetzt nicht fragen, was die Sternenseide gesagt hatte. Sie wollte ihm nicht von dem hohlem Baum und seinen finsteren Geheimnissen berichten. Es war nicht die richtige Zeit, ihm zu erzählen, was sie dort ihrer Meinung nach über das Schicksal Birnam Rauths erfahren würden. Jetzt war es an der Zeit, zu schlafen.
    »Bist du nicht müde?« fragte sie.
    Er wandte sich um und sah ihr zum erstenmal in die Augen. Sein Blick war wie ein Spiegel, reflektierend und ohne etwas auszusagen.
    Aber seine Stimme war voller Rücksicht: »Bist du es?« »Ja«, sagte sie bebend vor Erleichterung über seinen Ton. »Ich bin sehr müde.«
    »Dann sollten wir schlafen gehen.«
    Schlafen gehen und darüber nachdenken, was sie ihn am nächsten Morgen fragen, und was sie ihm erzählen würde. Juaren trug seine Bettdecken in die Nähe ihres Lagers, und bald entnahm sie seinem gleichmäßigen Atmen und den ruhigen Schatten, die der Mond auf seinem Gesicht zeichnete, daß er eingeschlafen war. Beruhigt vergaß sie ihre eigenen Sorgen und schlief ebenfalls ein.
    Aber nur kurz. Möglicherweise machte Juaren ein Geräusch, als er aufstand; rief unwillentlich eine Bewegung der Zweige oder der Steine auf dem Boden hervor, als er sich in die Finsternis davonmachte. Reyna wälzte sich unruhig auf ihrem Lager, zog die

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