Sternenstaub (German Edition)
sich die Tür und die schlanke Gestalt einer alten Frau stand ihm gegenüber.
„Guten Abend“, sagte Hans aufgeregt, „Eibner ist mein Name. Ich hab ´ne Autopanne und wollte fragen, ob ich bei ihnen mal telefonieren dürfte.“
„Gottchen, guter Mann“, sagte die Alte mit wispernder S timme, „und das ganz allein in dieser Gegend.“
Ei n mitleidiger Blick sprang über den Rand ihrer rahmen-losen Brille. Obgleich die Alte besorgt aussah, schien sie ihn gleichzeitig misstrauisch zu beäugen.
„Nein, das nicht“, erwiderte Hans u nd beruhigte damit sich selbst. „Meine Frau ist noch mit im Wagen.“
Beflissen deutete er die Straße hinunter, an deren Ende die Umrisse des Fahrzeuges noch zu erkennen waren.
„Ich möchte auch keine allzu großen Umstände machen“, fügte er an.
Sie trat einen Schritt zur Seite und bat ihn herein.
„Ein Tässchen Tee?“, fragte sie gleich.
Leise fiel die Tür ins Schloss.
Mit lautlosen Schritten tippelte die Alte vorneweg.
Noch ehe sich Hans versah, war sie entschwunden.
„Nein“, rief er hinterher, „das ist nicht nötig.“
Aber die Alte blieb verschwunden. Töpfe und Geschirr klapperten. Wasser rauschte aus der Leitung. Als Hans ein paar Schritte in den Raum trat, bemerkte er dieses samt-weiche Gefühl unter seinen Füßen. Es war ein schwarzer, mit Goldfäden durchzogener Teppichboden, auf dem sich das gesamte Mobiliar ausbreitete.
Neugierig fiel sein Blick in die hinterste Ecke des Rau-mes. Neben einem altertümlichen Sofa befand sich ein run-der Tisch, dessen hölzerne Beine so auffällig gedrechselt waren, dass es ihm eine echte Freude war diese ungewöhn-liche Arbeit zu bewundern.
Einen Augenblick später fiel ihm auf, dass auf dem Tisch ein Kartenspiel lag. Fein säuberlich waren die Karten auseinander gereiht, wobei jedes einzelne Bild seine eigene Bedeutung haben musste, denn es schien ihm, dies war kein gewöhnliches Kartenspiel.
„Sind sie nicht wunderschön?“ schwärmte die Alte. Wie aus dem Nichts stand sie plötzlich neben Hans.
Ihre knochigen Hände faltete sie wie zu einem Gebet. Mit gütigem Blick lächelte sie auf die ausgebreiteten Karten.
„Oh, ja“, sagte Hans, der von solch en Dingen nichts ver-stand.
Doch er sah, dass sie der Frau sehr viel bedeuten mussten. „Wirklich sehr schön“, lobte er, „auch die Bilder darauf, wirklich schön.“
Sie setzte sich in den großen Ohrensessel, der neben dem runden Tisch stand. Ein ruhiges Lächeln in ihrem schmalen Gesicht begleitete sie unaufhörlich.
„Bitte, se tzen sie sich doch“, sagte sie. Ihre Stimme klang mit einmal brüchig, aber trotzdem sanft. Hans wollte nicht unhöflich sein, auch wenn er wusste, dass Dagmar im Wa-gen wartete, und so nahm er auf dem Sofa Platz.
„Naja“, sagte er nervös, „wir sind von der B 289 runterge-fahrn und wollten nur ´nen Abstecher machen. Und jetzt das.“
„Ich weiß“, sagte die Alte abwesend. Sie konzentrierte sich auf die Karten, wobei ihre eine Hand unentwegt von einem Bild zum nächsten hüpfte.
Besorgt rief sie: „Ah ja, Besuch kommt ins Haus.“
Nun blickte sie Hans direkt in die Augen und sagte ernst: „Wissen sie, die Karten lügen niemals.“
Dan n deutete sie auf zwei einzelne Kartenbilder und klärte Hans auf, dass er und seine Frau die beiden Personen da-rauf wären.
„Sie haben doch ein Telefon?“, fragte Hans unsicher.
„Oh ja, Herr... Wie war noch mal ihr Name?“
„Eibne r, Hans Eibner“, antwortete er.
„Natürlich, Herr Eibner, ein Telefon habe ich. “
Nachdenklich sah sie Hans an.
„ Fenchel“, dachte sie, „Fenchel, du Dummchen. Der ist so-wieso für seine beruhigende Wirkung bekannt. Das fällt am wenigsten auf.“
„Einen guten Fencheltee wird es nachher geben”, sagte sie kameradschaftlich. „Am besten, sie sagen ihrer Frau Be-scheid, sonst wird sie womöglich noch vor Sorge umkom-men.“
Schnell war sie von ihrem Oh rensessel aufgesprungen und ins nächste Zimmer geeilt. Verdutzt sah ihr Hans hinter-her.
„Kartenlegen“, dachte er, „Hokuspokus. Was es doch für Leute gibt. Er stand auf, konnte aber nicht umhin, noch mal einen Blick auf die beiden Kartenbilder zu werfen. Und plötzlich stockte ihm der Atem.
Erst jetzt war ihm aufgefallen, dass zwischen ihm und Dagmar eine dritte Karte lag. Es brauchte keine hellsehe-rischen Fähigkeiten, um dies zu verstehen. Die skelettierte Gestalt auf der Karte war
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