Sternenstaub (German Edition)
Eltern ließen sich schei-den. Heutzutage keine große Sache mehr, aber damals zu der Zeit und in unserer Gegend eine Katastrophe. Ich bin in einem kleinen irischen Dorf unweit von Dublin aufge-wachsen. Alle waren streng katholisch und scheinheilig. Es war für mich wie ein Spießrutenlauf, überall wurde ich ge-hänselt und gemieden, als hätte ich ein ansteckende Krank-heit. Selbst angebliche Freunde wendeten sich von mir ab, wahrscheinlich um nicht so zu enden wie ich. Ich war ein Außenseiter und allein.
Damals begann ich die Umgebung zu erkunden. Ich lief durch Wälder kletterte auf Bäume, aber immer darauf be -dacht, dass mich niemand sah. Eines Tages ging ich wieder in den Wald, nahe unserem Dorf.
Es war ein schöner Wald, sehr viele alte Bäume und un-heimliche Lichtungen. Ich war gerne hier, denn ich konnte mir fast sicher sein, dass mich hier keiner entdeckte.
Im Dorf erzählten die Alten Spukgeschichten über diesen Wald. Das hielt die meisten davon ab , den Wald zu be-treten. Ich fürchtete mich eigentlich nicht. Doch an diesem Tag war es anders.
Schon als ich in das Grün des Waldes eintauchte , hatte ich das Gefühl nicht allein zu sein. Trotzdem ging ich weiter.
Ich wollte zu einer Lichtung, an der ich schon öfter geses -sen hatte und für mich war.
Heute hatte ich ständig das Gefühl beobachtet zu werden. Ich dachte erst , dass vielleicht einige Kinder aus dem Dorf mir gefolgt seien. Ich drehte mich immer wieder um, aber es war niemand zu sehen. Trotzdem ging ich weiter und er-reichte meine Lieblingsstelle auf der Lichtung. Ich setzte mich auf einen Stein und lauschte, wie so oft, einfach in den Wald. Doch zu den Geräuschen, die sonst dabei waren, hörte ich noch etwas anderes. Ich konnte es nicht genau zuordnen, aber es kam dichter. Ich beschloss mich in einem Gebüsch zu verstecken.
Das Geräusch kam näher und näher und langsam er-kannte ich, dass es ein Summen war. Irgendjemand summte eine Melodie und er schien direkt zur Lichtung zu kommen. Angst und Neugier vermischten sich. Die Neugier siegte und ich guckte vorsichtig aus meinem Versteck, konnte aber niemanden sehen. Das Summen war jetzt ganz dicht, aber zu sehen war niemand. Ich fasste ein Herz und kam aus dem Busch heraus, zu groß war meine Neugier.
Und dann sah ich ihn.
Etwa zehn Meter von mir entfernt stand ein alter Mann, auf einen großen Stock gestützt. Er sah aus wie ein Kobold, nur größer. Er hatte einen alten aus Leinen gefertigten Um-hang an, dessen Kapuze er sich tief ins Gesicht gezogen hatte. Ich näherte mich dem Unbekannten, als plötzlich das Summen verstummte. Ohne sich umzudrehen sagte der Alte: „Komm ruhig näher und habe keine Angst. Ich beob-achte dich schon eine ganze Weile.“
Ich wollte weglaufen, als ich den Mann reden hörte. Doch irgendwie beruhigte seine Stimme mich und ich blieb.
„Wer sind sie und warum beobachten sie mich?“
Das kannte ich eigentlich nicht von mir, dass ich einfach einen Fremden ansprach. Ich näherte mich dem alten Mann bis auf zwei Meter. Nun drehte er sich zu mir um und nahm langsam die Kapuze herunter. Ich blickte in ein sehr altes, aber sehr freundliches Gesicht.
Er lächelte mich an. „ Ich heiße Ian.“
Mit diesen Worten streckte er mir die Hand entgegen.
Ich zögerte. „Ich heiße Jack.“
Ian lächelte noch ein bisschen mehr.
„Ich weiß. Ich sagte doch, ich beobachte dich schon eine ganze Weile. Du bist 12 Jahre alt und hast nicht allzu viele Freunde.“
Ich sah ihn fragend an. Was hatte er vor? Er schien meine Zweifel zu spüren.
„Du musst entschuldigen. Ich bin auf der Suche nach ei-nem Nachfolger für mich. Wie du siehst, bin ich schon sehr alt und ich habe keine Kinder, die mich beerben könnten. Du scheinst der Richtige zu sein. Ich weiß selbst nicht wa-rum, aber ich spüre es.“
Nun war irgendwie das Eis gebrochen. Ich setzte mich zu dem alten Ian und lächelte ihn auch an. Meine anfäng-lichen Zweifel hatte ich über Bord geworfen. Es war, als würde ich ihn schon sehr lange kennen. Nun begann er von seiner Jugend zu erzählen. Ihm erging es nicht besser als mir. Er ist als Kind in ein Waisenhaus gekommen, weil sei-ne Eltern zu arm waren, um ihn mit zu ernähren. Aus dem Waisenhaus ist er abgehauen und hat sich dann allein durchgeschlagen.
„ Bis ich damals einen alten Mann traf. Er suchte, genau wie ich jetzt, einen Nachfolger. Du fragst dich bestimmt wo-für?“
Ich nickte, denn ich w ar wirklich
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