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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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schaffst. Ihr habt euch in einer schwierigen Situation vorbildlich verhalten. Aber … verdammt …« Er senkte die Hand und den Blick und starrte auf die Decke, auf der er saß. »Vielleicht bin ich nur neidisch. Vielleicht bin ich mir nicht sicher, was die Leute in Artistos denken, wenn ihr zu gut werdet.« Er sah Alicia an. »Das ist auch für uns nicht einfach.« Er wandte sich wieder Joseph zu, der seinen Blick direkt erwiderte. »Es kann sich nur positiv auswirken, wenn die Knoten richtig funktionieren und es im Winter für uns einfacher wird. Hauptsache, alles, was ihr tut, geschieht zum Wohl der Kolonie. Das ist alles, worum ich euch bitte.«
    Paloma zog ihre Hand von Alicias Arm zurück und verdrehte sich, um ihr in die Augen blicken zu können. Die beiden bildeten einen netten Kontrast: eine große Frau mit glattem blondem Haar und sanften Augen und ein noch größeres dunkelhaariges Mädchen mit fliegender Mähne und harten Augen. Obwohl Paloma schlank war, wirkte sie im Vergleich zu Alicia rundlich. Als sie sprach, klang ihre Stimme leise, so dass wir sie kaum verstehen konnten. »Alicia … das alles ist für dich sehr schwierig. Es läuft auch für uns nicht gerecht ab. Es ist einfach, wie es ist, und wir alle müssen irgendwie versuchen, damit zurechtzukommen.« Sie blickte zu Kayleen. »Kayleen hat mir mehr Freude bereitet als irgendein anderer Mensch, sie war wie eine Tochter für mich. Trotzdem war sie die ganze Zeit in Gefahr. Und jetzt seid ihr alle so alt, dass wir euch nicht länger beschützen können. Dabei droht euch vielleicht größere Gefahr als je zuvor.«
    Palomas Kommentar passte zum besorgten Ausdruck, den ich in Toms Augen gesehen hatte.
    »Was ist in Artistos los?«, fragte ich.
    Sowohl Tom als auch Paloma wichen meinem Blick aus.
    »Sagt es mir«, drängte ich.
    Paloma sprach es aus: »Bryan ist in eine Schlägerei geraten.«
    Leichte Übelkeit breitete sich in meinem Bauch aus. Ich hatte wieder Bryans Gesicht vor Augen und erinnerte mich an die Wut, die er ständig mit sich herumtrug. Aber er würde keinen Streit anfangen. Er hatte es mir versprochen. »Geht es ihm gut?«
    »Ihm ist nichts passiert«, sagte Tom.
    Warum hatten sie es uns nicht früher gesagt? Ich versteifte mich. »Wann und wie? Mit wem?«
    »Kurz nach unserem Aufbruch. Wir wollten Josephs Genesung nicht behindern, und in Artistos war man dagegen, dass ihr zurückkommt. Ihr hättet sowieso nichts tun können.« Tom rührte sich unbehaglich und blickte auf seine Hände. »Er wurde eingesperrt.«
    Von hier waren es zwei Tage bis Artistos, wenn wir Tempo machten. Palomas Knöchel würde es aushalten. Wut und Angst schlichen sich in meine Stimme, obwohl ich mich bemühte, sie nicht zu empfinden. »Jemand anderer muss angefangen haben. Nicht Bryan. Er würde niemals eine Schlägerei anfangen.«
    Paloma sprach flüsternd. »Ich habe dasselbe zu Nava gesagt.« Zweifellos wusste sie von Kayleen, dass wir gelegentlich Streit mit einigen jungen Leuten aus Artistos hatten.
    »Ich weiß nur wenige Einzelheiten«, fügte Tom hinzu. »Nava sagte mir, Bryan hätte Garmin den Arm gebrochen.«
    Das war gar nicht gut. Ich sah Garmins Gesicht vor mir, wie er uns in bissigem Tonfall verhöhnte. »Garmin quält uns ständig. Ich bin mir sicher, dass er angefangen hat. Ich kann dir gar nicht sagen, wie oft Bryan ihn einfach ignoriert hat. Aber ich weiß, dass er nie einen solchen Streit angefangen hat. Wir alle haben uns angewöhnt, Garmin am besten gar nicht zu beachten.«
    Tom wirkte überrascht, als wäre er noch nie auf die Idee gekommen, wir könnten unsere eigenen Schwierigkeiten mit Leuten in unserem Alter haben.
    Alicia begann damit, das Essgeschirr wegzuräumen, obwohl das meiste Essen liegen geblieben war. »Wir gehen zurück nach Artistos«, sagte sie.
    »Diese Nachricht ist drei Tage alt«, fügte Tom hinzu. »Wir beenden diese Mahlzeit, dann gehen wir zum nächsten Knoten, und dann werden wir entscheiden, ob wir umkehren oder weiterziehen. Nava hat uns gebeten, hier draußen zu bleiben.«
    »Also hat Nava dir gesagt, dass du uns nicht darüber informieren sollst?«, wollte ich wissen.
    Tom schüttelte den Kopf. »Wir haben gemeinsam darüber gesprochen.«
    Alicia hielt inne, das Tablett in der Hand, und funkelte ihn an. Ihre violetten Augen glühten vor Zorn, ihr langes dunkles Haar enthüllte ihren schlanken Hals. »Ich habe es satt, dass man mir Dinge verheimlicht. Ich habe es satt, gesagt zu bekommen, was ich tun soll.

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