Sternenwind - Roman
miteinander in Zusammenhang stehen. Wenn ich in meinem Kopf eine eigene Frage formuliere, weiß ich nicht, wie ich zu einer Antwort gelangen könnte.« Er gähnte erneut. »Ich dachte, ihr wollt vielleicht mehr über das Schiff hören.« Er sah Alicia an und warf mir einen hoffnungsvollen Blick zu.
»Geh schlafen«, erwiderte ich und fügte dasselbe hinzu, was ich vorher zu Alicia gesagt hatte. »Wir sollten unsere Kräfte für die wichtigen Auseinandersetzungen aufheben.«
Er nickte, schloss Alicia ein wenig zu lange in die Arme und verschwand wieder in der Dunkelheit.
Die Neue Schöpfung . Ich hatte mich seit so langer Zeit danach gesehnt, sie von innen sehen zu können, ihre Rätsel hatten mich fasziniert und irritiert. Alicia hatte davon geträumt. Joseph war mit zehn Jahren von dem Schiff begeistert gewesen und hatte jeden Abend immer neue Bilder davon gezeichnet. Und nun erfuhren wir etwas mehr darüber. Immerhin. Zumindest Joseph. Der Projektor schien in meiner Hosentasche zu glühen, aber ich widerstand der Versuchung. Stattdessen warf ich kleine Zweige ins Feuer und summte vor mich hin.
Tom und Joseph lösten uns gemeinsam für die nächste Wache ab, womit die Chance vertan war, von Joseph mehr über das Schiff zu erfahren. Aber vielleicht, dachte ich, während ich schläfrig gähnte, könnten Tom und er einen Teil des Schadens reparieren, den sie sich gegenseitig zugefügt hatten.
Lange bevor ich ausgeschlafen war, wachte ich vom Geruch gekochten Fischs auf. Die windlose Luft war überraschend kühl. Ich zog mir die Schuhe und den Mantel an und setzte mich ans Feuer. »Ihr Jungs wart angeln?«
Tom lachte. »Ich habe ihm beigebracht zu jagen. Also dachte ich mir, dass ich ihm auch zeigen kann, wie man Fische in einem See fängt.«
Joseph war bereits recht gut darin, am Samtfluss zu angeln. Als ich zu ihm hinüberschaute, grinste er und streckte die Arme aus. »Wir dachten uns, wir machen schon mal das Frühstück, bevor wir euch Schlafmützen wecken.« Er deutete auf die Zelte. »Wie wär’s, wenn du auch die anderen weckst, damit wir essen und anschließend weiterziehen können?«
»Wie wär’s, wenn sie erst einmal eine Tasse Tee bekommt?«, fragte Tom und nickte Joseph zu. »In der Zwischenzeit könntest du die anderen wecken. Gib mir fünf Minuten, um mit Chelo zu reden.«
Ich legte die Hände um die Tasse, die Tom mir reichte, genoss die Wärme und beobachtete, wie ein Schwarm kleiner brauner Vögel über die Bäume dahinjagte, von denen wir das Holz geholt hatten.
Tom senkte die Stimme und beugte sich zu mir vor. »Paloma und ich machen uns nur geringe Sorgen wegen dir, Joseph und Kayleen, wegen der Entscheidungen, die ihr möglicherweise treffen werdet. Weitaus größere Sorgen machen wir uns allerdings wegen Alicia. Sie hört nicht mehr zu. Im günstigsten Fall ist sie eine Ablenkung für Joseph. Und im schlimmsten … könnte sie euch in Schwierigkeiten bringen.« Ich war mir sicher, dass er ursprünglich etwas viel Schlimmeres über Alicia sagen wollte. Aber er schabte nur mit dem Messer über den Fisch und konzentrierte sich auf die Pfanne und das Feuer. Dann sah er mich wieder an. »Kannst du sie unter Kontrolle halten?«
Eigentlich nicht. Nein. Joseph würde es mir nie verzeihen, wenn ich jetzt etwas Falsches sagte und Alicia zusammen mit Bryan eingesperrt wurde. Tom hatte mich nach Kontrolle gefragt, aber wie wollte ich sie unter Kontrolle halten? Wie hatte ich es bisher gemacht? »Alicia vertraut uns mehr als sonst jemandem. Und sie wünscht sich eine Familie. Also glaube ich, dass ich es kann.« Ein Scheit löste sich in einen Haufen glühender Kohlen auf. »Sie kann sich unser Vertrauen nur verdienen, wenn sie die Freiheit hat, eigene Entscheidungen treffen zu können.« Ich nippte wieder von meinem Tee und dachte über Ziele nach. »Und ihr müsst euch ihres verdienen. Erinnere Nava bei Gelegenheit daran, dass das Vertrauen, das sie erwartet, keine Einbahnstraße ist. Sag ihr, ich erwarte von ihr, dass sie sich fürsorglich um Bryan kümmert. Dann geben auch wir uns alle Mühe, dasselbe mit Alicia zu tun.«
Er blinzelte, von meiner Kühnheit überrascht.
Ich hörte, wie Kayleen plappernd auf Paloma einredete, und nutzte unseren letzten gemeinsamen Moment. »Danke für alles, was du getan hast. Du hast Joseph sehr geholfen.«
Er nickte und betrachtete nicht mich, sondern das Feuer. »Es ist immer schwieriger zu beurteilen, was ihm oder dir hilft oder was schmerzt.«
Ich
Weitere Kostenlose Bücher