Sternenwind - Roman
wenn man nur zum Schlafen anhielt. Wir hatten viele Pausen gemacht. Ich stellte es mir im Kopf vor: etwas, das groß genug war, um diesen Krater zu machen, diese hohen, steilen Wände zu formen. Etwas, das groß genug war, um ein so großes Loch in den Boden zu schlagen. Ich erschauerte.
Liam beugte sich vor und zog mit dem intensiven Blick seiner dunklen Augen unsere Aufmerksamkeit auf sich. »Lorrie und ihr Mann Jacob sind unsere besten Biologen. Sie finden, dass die Ökosysteme hier nicht besonders komplex sind …« Er hob eine Hand, um der Frage Einhalt zu gebieten, die sofort in Kayleens Gesicht stand. »… verglichen mit Chrysops und der Erde. Der Grund ist, dass es hier so viele geologische Ereignisse gibt. Meteoriten, Vulkane, Erdbeben. Wir Vagabunden sehen überall die Spuren von alten Einschlägen.« Er zupfte an seinem Zopf und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Seine Augen strahlten voller Energie, und seine Hand strich nervös über die glatte Oberfläche des Tischs. »Ich könnte etwa hundert Stellen aufzählen, die von Meteoriten getroffen wurden.« Er hielt kurz inne. »Aber nicht alle führten zu so großen Verwüstungen.«
»Liam hat recht«, sagte Alicia. »Auch ich habe sehr viele Krater gesehen. Wir müssen den Meteoriten einfach aus dem Weg gehen. Viele sind gar nicht groß genug, um einen Krater zu erzeugen – sie … landen einfach. Und führen vielleicht zu kleinen Problemen. Vor ein paar Jahren haben wir ein verbranntes Waldstück gefunden. Klauss sagte, ein Meteorit hätte das Feuer entfacht. Er verbrachte zwei Tage mit der Suche danach, aber er hat ihn nie gefunden. Wenn es also einen Krater gab, war er so klein, dass wir ihn nicht bemerkt haben. Es wäre einfach nur verdammt großes Pech, wenn man sich genau dort aufhält, wo so etwas einschlägt.«
Es hatte keinen Sinn, sich Sorgen wegen etwas zu machen, das sich unserem Einfluss entzog. Ich seufzte. »Also wissen wir eigentlich gar nichts, bis wir wissen, ob und wo einer einschlagen könnte.« Ich sah Joseph an. »Gianna schien recht besorgt zu sein, aber nicht … verängstigt.«
Jenna kam herein und trug zwei unhandliche Bündel. Das erste reichte sie Joseph. Es war ein tiefblauer Mantel, der mit den gleichen Stickereien versehen war wie das Stirnband, das er immer noch trug. Weiße Paspeln säumten den Kragen und die Enden der Ärmel und führten an der Knopfleiste hinauf. Der Mantel schimmerte sanft, so dass der Blick dezent davon angezogen wurde.
Josephs Augen leuchteten, als seine Hände über den Stoff glitten. Er hielt den Mantel hoch und betrachtete die kunstvoll gearbeiteten Taschen und den Kragen. Dann stand er auf, schob die Arme hinein und zog sich das Kleidungsstück über die Schultern. Der Mantel war ihm etwa zwei Nummern zu groß: Seine Finger ragten kaum aus den Ärmeln hervor, und der Saum reichte ihm fast bis zu den Knien. Er grinste, berührte den sauber verarbeiteten Stoff und setzte sich wieder, schloss die Augen. Dann nahm er das Stirnband ab und schob es mir über den Tisch zu. »Hebst du das für mich auf?«
Ich nahm es und steckte es sorgfältig in eine Tasche meines Mantels.
Jenna wandte sich an Kayleen. »Hier. Das ist eine Auswahl von Dingen, die du ausprobieren kannst.« Sie reichte Kayleen eine ungetragene zusammengefaltete Weste in Smaragdgrün mit schwarzen Paspeln, eine abgenutzte Mütze und eine weite Hose, die sich an den Knöcheln zuschnüren ließ. Der Stoff war hauchdünn und völlig ungeeignet, um ihn bei kaltem Wetter zu tragen. »Diese Sachen sind wie Josephs Stirnband. Sie funktionieren mit den Datenspeichern, nicht mit den Schiffssystemen, aber irgendwo musst du anfangen.«
Mit erstaunt aufgerissenen Augen nahm sich Kayleen die Mütze vom Haufen.
Jenna wandte sich wieder an Joseph, der immer noch kerzengerade mit geschlossenen Augen und in entspannter Körperhaltung dasaß. »Joseph!«, sagte sie. Er öffnete die Augen und kehrte von dort zurück, wohin er sich mit Hilfe des Mantels begeben hatte. »Du trägst die Uniform eines Piloten beziehungsweise eine Hälfte davon. Das dürfte völlig genügen, wenn ich bedenke, wie gut du bist. Damit hast du Zugriff auf die Schiffssysteme und kannst auch die Bildschirme in diesem Raum steuern. Zumindest mit etwas Übung. Damit hast du keinen Zugang zu den Daten von der Weltenreise , aber wir versuchen es lieber mit unseren eigenen. Für eine unabhängige Prüfung. Wir haben zwei Satelliten im Orbit ausgesetzt, als wir kamen, und
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