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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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einen fehlenden Arm zu ersetzen.
    Als Nächste kamen Joseph und dann Alicia. Ich folgte ihnen, dann Kayleen und schließlich Liam. Ich musste meine kritische Beurteilung von Jennas Bemühungen revidieren. Wir kamen deutlich langsamer voran. Es dauerte einige Zeit, den richtigen Rhythmus von Greifen und Hinaufziehen zu finden.
    »Jenna«, rief Liam von unten. »Ist dies die einzige Möglichkeit, sich im Schiff zu bewegen?«
    Ihr Lachen hallte durch den Schacht herunter. »Nein. Aber solange ich die Lifte noch nicht überprüft habe, ist dies der sicherste Weg.«
    Wir stiegen immer weiter hinauf, bis wir einen horizontalen Korridor erreichten. Kayleen und ich starrten nebeneinander in den dunklen Tunnel.
    Etwas bewegte sich.
    Ich schnappte nach Luft. Kayleen schrie.
    »Was ist los?«, rief Jenna herunter.
    »Hier drinnen lebt etwas.«
    Sie lachte. »Das ist nur ein Wartungsroboter.«
    Kayleen wurde rot. Mir war es peinlich, dass ich Angst bekommen hatte. Natürlich verfügte ein Raumschiff über automatische Systeme, die sich um verschiedene Aufgaben kümmerten. Ich hatte über Roboter gelesen. Auf Fremont hatten wir Maschinen, die beim Verladen von Erz oder Mehl halfen und Röhren herstellten. Aber sie bewegten sich nicht ohne den ausdrücklichen Befehl eines Menschen.
    Zwei Decks höher schmerzten mir die Arme und Waden vom Aufstieg. Jenna trat schließlich in einen horizontalen Korridor, von dem rechteckige Türen in verschiedenen Farben abgingen: schwarz, dunkelblau und braun. Die Luft roch immer noch frisch, und nun wurde der pflanzliche Geruch, den ich bereits unten am Schiff wahrgenommen hatte, viel stärker. Er erinnerte an die Verwesung in einem winterlichen Wald und feuchte Vegetation. Jenna öffnete eine Tür und stand für einen Moment mit gerunzelter Stirn im Rahmen. Der Geruch nach Blumen, Kräutern und toten Pflanzen wurde so intensiv, dass ich mir die Nase zuhielt. Licht fiel in den Korridor, hell wie Sonnenschein, und umfloss Jennas Umriss. Dann trat sie ein und winkte uns, ihr zu folgen.
    Der Raum war ein Chaos aus Grün und Braun. Tote, vertrocknete Pflanzen reckten ihre nackten Stängel und eingerollten braunen Blätter zwischen gesunden grünen Trieben empor. Zwei Roboter entfernten sich von uns, und zwei weitere lagen reglos auf dem Boden. Jenna ging zu einem und trat dagegen. Er rutschte über den Boden, ohne die Haltung seiner Gliedmaßen zu verändern. Sie blickte stirnrunzelnd auf die Maschine und schüttelte den Kopf. Dann ging sie herum und stocherte in den Pflanzgefäßen. Die Hälfte war leer, völlig leer, ohne Erde, nur ein paar tote Blätter, die von den anderen Töpfen hineingefallen waren. Sie waren aufgeräumt, wie wir jedes Jahr unsere Felder aufräumten. In den übrigen konkurrierte wucherndes gesundes Grün mit Braun und Schwarz.
    Zwischen den gestapelten Töpfen war kaum mehr Platz als unbedingt nötig. Nirgendwo sah ich Dreck, und es roch auch nicht nach Dreck. Ich trat näher heran und steckte meinen Finger in einen Topf. Die Raumschiffblumenerde war hell, feucht und matschig. Ich wischte mir die Hand an der Hose ab.
    Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass irgendetwas an Bord des Schiffs lebte. Für mich war es immer etwas Totes gewesen, eine Statue, wie das kleine Denkmal für den ersten Stadtrat im Park. Dennoch lebte es. Tarnung. Wie bei den Drachenvögeln. Etwas geschah direkt vor unserer Nase, aber es war uns nicht möglich, es zu sehen.
    Kayleen folgte Jenna mit erstaunt aufgerissenen Augen. »Hat hier die ganze Zeit Licht gebrannt, während wir aufgewachsen sind? Haben die Roboter die Pflanzen zum Wachsen gebracht? Muss man im Kälteschlaf essen? Lässt sich hiervon überhaupt etwas essen?«
    Jenna ging weiter, ohne auf die Fragen einzugehen. Kayleen verstummte schließlich und blickte ihr nach. Jenna schien nach etwas zu suchen. Vor einer langen, schmalen Kiste blieb sie stehen. Fedriges Grün, das ich aus unseren Treibhäusern kannte, ragte daraus hervor. Ich lächelte, als sie meinen Verdacht bestätigte und sechs Karotten aus der Erde zog. Dann hielt sie ihre Ernte unter das Erste, das ich ohne Schwierigkeiten erkannte. Einen Wasserhahn. Als Jenna mit dem Ellbogen einen Knopf berührte, floss klares Wasser heraus.
    In der Stadt hatten wir ein Wasserwerk. Es war sehr anfällig für Beben, Kälte, Hitze und zu viel oder zu wenig Regen. Doch hier strömte klares Wasser aus einem System, dass seit zwölf Jahren von keinem Menschen angetastet worden war. Jenna

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