Sternenwind - Roman
Wurde Alicia schon geschnappt?«
»Langsam, langsam! Du redest ja wie Kayleen! Ja und nein.«
»Wie bitte?«, zischte ich zurück.
»Bryan liegt in der Klinik. Vor ein paar Minuten habe ich endlich ihre Sicherheitsvorkehrungen durchdringen können. Er wurde ziemlich brutal zusammengeschlagen. In seiner Akte ist von vier gebrochenen Rippen und sieben zertrümmerten Knochen in einem Fuß die Rede.«
»Im Fuß?«
»Ja. Ich schätze, dass er gegen irgendetwas getreten ist. In der Akte ist nicht erwähnt, wie es dazu gekommen ist. Außerdem hat er nicht sehr gut auf ein Schmerzmittel reagiert, das man ihm gegeben hat. Ein Arzt hat angemerkt, dass bei ihm irgendeine Allergie vorzuliegen scheint. Sie vermuten natürlich, dass es an seinen genetischen Modifikationen liegt. Einmal ist sein Herz stehen geblieben.«
»Was?«
»Keine Panik, es geht ihm schon wieder besser. Er hat Schmerzen, aber dagegen bekommt er nur normale Kopfschmerztabletten. Wir haben sie alle schon genommen, ohne dass es Nebenwirkungen gab. Deshalb war man bereit, sie ihm zu geben. Aber sie scheinen die gleiche Wirkung zu haben, als würde man einem fast Verdursteten einen Teelöffel Wasser geben.«
Ich zuckte zusammen, als ich es mir vorstellte. »Kann er gehen?«
»Wenn die meisten Knochen in einem Fuß gebrochen sind?«
»Ist der Fuß geschient oder in Gips gelegt?«
»Moment, ich schaue mal nach.«
In der anschließenden Stille blickte ich mich um. Auf der Straße war niemand. Ich hatte mit einem Wächter am Weg nach Artistos gerechnet. Wurde Hunter nachlässig, oder ging etwas ganz anderes vor sich? Oder hatte es einen Wächter gegeben, der sofort losgerannt war, um die Nachricht von unserer Ankunft zu überbringen?
»Der Fuß ist eingegipst. Was aber nicht bedeutet, dass er laufen kann. Ich verstehe zu wenig von medizinischer Terminologie, um sagen zu können, was genau man mit ihm gemacht hat.«
»Gut. Was ist mit Alicia und Liam?«
»Liam bleibt in Deckung, und er hat sie noch nicht gefunden. Ich mache mir Sorgen.«
»Ich auch. Aber du würdest es doch wissen, falls man sie gefasst hat, oder?«
Ein trockener Blitz zuckte über den Himmel. Die Verästelungen waren selbst im Nachmittagslicht sehr hell. »Hast du das gesehen?«, fragte ich.
»Was?«
»Den Blitz. Bist du im Schiff? Schau es dir über die Kameras an. Du liebst doch Stürme.«
»Ja. Aber eher in meiner Freizeit.«
»Wo sind die ganzen Leute? Hier ist es völlig menschenleer.«
»Der Stadtrat hat den Frauen und Kindern gesagt, dass sie wegen der Meteoriten zu Hause bleiben sollen. Ziemlich blöde Idee, aber ich glaube, in Wirklichkeit haben sie Angst vor Alicia. Alle anderen sind im Amphitheater oder suchen nach Alicia. Die Suche wird vom Amphitheater aus organisiert.« Er kicherte. »Aber es sind nicht sehr viele – weil sie kein Versammlungssignal geben konnten.«
Ich bemühte mich, meinen Zorn zu unterdrücken und leise zu sprechen. Er lachte über die falschen Dinge. »Joseph, nachdem du die Datenströme gekappt hast, bist du für die Sicherheit dieser Menschen verantwortlich. Mach dich nicht über ihre Schwierigkeiten lustig.«
»Gut, meine hochwohlgeborene Prinzessin. Wäre es dir lieber, wenn der Alarm eingeschaltet wäre? Oder wenn siebzig Leute nach Alicia suchen?«
»Nein. Tut mir leid. Ich bin etwas nervös.«
Joseph seufzte, was in meinem Ohr wie ein leises Zischen klang. »Das sind wir alle.«
Ich blickte zu Akashi, der den gesamten Weg im Auge behielt. Mir war klar, dass er weiterreiten wollte. Er hatte recht – hier standen wir wie auf dem Serviertablett. Ich sagte es Joseph. »Wir müssen jetzt weiter.«
»Wohin?«
»Zum Amphitheater.« Wir mussten dorthin, wo der Stadtrat war.
»Seid vorsichtig. Sag Liam, wohin ihr geht.«
»Werden die anderen es nicht mithören?«
»Ich werde es verhindern.«
Er spielte mit seiner neuen Macht. Ich musste dafür sorgen, dass er strategisch dachte. »Hör mal, ich möchte nicht, dass sie zu früh auf uns aufmerksam werden. Sag du Liam Bescheid. Sag ihm, er kann mich anrufen, wenn es sein muss, aber wir müssen jetzt weiter.«
Er schwieg eine Weile. Ich sah sein Gesicht vor mir – ernst, die Augen wie schwelende Kohlen, weil ich ihm sagte, was er tun sollte. Trotzdem würde er mir gehorchen. Es war klar, dass er seine nächsten Worte mit großer Vorsicht wählte. »Gut, das kann ich machen. Ruf zurück, wenn du mich brauchst.«
»Danke, das werde ich tun.«
Wenig später, als wir langsam und
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