Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
wählte eine zuverlässige Stute namens Zuckerweizen, die so hieß, weil ihr Schwanz wie die Blüte der häufigsten Grasart auf der Ebene aussah.
    Gebrasättel haben ein hochgezogenes Rückenteil, um den Reiter bei der wankenden Gangart des großen Tieres zu stützen. Um aufzusteigen, löste ich einen Strick mit Schlaufen, der am Sattel befestigt war, und kletterte drei Sprossen dieser Strickleiter hinauf. Dann schwang ich das rechte Bein über Hüpfers Kopf, weil der Sattelrücken zu hoch war. Als ich saß, hingen meine Füße in der Höhe meines Kopfes, wenn ich auf dem Boden stand. Hüpfer drehte den Hals und sah mich an. Jetzt waren wir auf gleicher Augenhöhe. Sie wieherte leise. Vielleicht freute sie sich genauso sehr auf den Ausritt wie ich.
    Josephs Laune wurde sichtlich besser, als er Sprinter bestieg. Es war das erste Mal, dass ich ihn seit dem Erdbeben von Herzen lächeln sah. Er übernahm die Führung.
    Wir ritten nach Osten, über die Stoppeln der Maisfelder, dann wandten wir uns nach Süden und kamen am riesigen Aufzug aus Holz und Metall vorbei, mit dem Lasten von der Ebene nach Artistos hinaufbefördert wurden. Wir überquerten die Grenze, und es gab ein dreifaches Signal, als unsere Ausweischips registriert wurden. Dann hielten wir oben an der Klippe an.
    Die einzige befestigte Straße von der Klippe zum Raumhafen durchschnitt das Meer aus Grün-, Braun- und Rottönen wie ein breiter Fluss. Auf den dichten Grasflächen zu beiden Seiten der Straße ernteten wir das Winterfutter für die Gebras. Der Samtfluss begrenzte die Ebene auf der linken Seite, und auf der rechten war am Horizont das Grün des hügeligen Waldlandes zu erkennen. Jenseits der Ebene glitzerte das Meer wie ein hellblauer Lichtstreifen zwischen dem Boden und dem klaren Himmel.
    Tom zeigte nach unten, zum Fuß der Klippe. »Schaut mal – wilde Gebras!«
    Eine mittelgroße Herde aus vielleicht zehn Tieren, die tief unter uns grasten. Ihre langen dünnen Rücken und Schwänze bewegten sich langsam durch das Gras, das den Gebras bis zum Bauch reichte. Zwei Wachtiere hielten sich am Rand der Herde und blickten sich mit erhobenen Köpfen um.
    Wir schlängelten uns die steilen Serpentinen hinunter, weit zurückgelehnt, während die Sättel unter uns knarrten. Zwei riesige Hochlandadler kreisten träge auf warmen Luftströmungen. In Spiralen stiegen sie immer weiter auf, bis sie über der Klippe schwebten.
    Als wir die Straße erreichten, blieb Joseph an der Spitze, während Tom und ich nebeneinander ritten. Ich blickte zu ihm hinüber. »Es macht ihm großen Spaß. Dieser Ausflug war eine gute Idee.«
    Tom machte einen zufriedenen Eindruck. »Er sieht besser aus als seit Tagen. Nava hat ein Problem damit, dass er sich nicht mehr um die Datennetze kümmert. Wir müssen es vor Einbruch des Winters schaffen, die Außengrenze zu sichern.«
    »Ich weiß«, sagte ich nur. Jeder wollte, dass Joseph wieder funktionierte. Aber nicht heute. Heute wollte ich in Ruhe gelassen werden. Ich wollte reiten und unsere Eltern im Meer bestatten.
    So entspannt, wie Tom im Sattel saß, hielt er seinen stämmigen Körper mühelos im Gleichgewicht mit Zuckerweizen. »Ich hatte gehofft, wenn er rauskommt, wird er vielleicht seine Wut loswerden und sich wieder an die Arbeit machen können.«
    Ich gab ihm die gleiche Antwort, die ich auch Jenna gegeben hatte. »Ich glaube nicht, dass er wütend ist. Er hat nur Angst.«
    Vor uns trieb Joseph sein Gebra zu einem leichten Galopp an, und wir folgten ihm. Die gespaltenen Hufe unserer Reittiere schlugen auf den festgetretenen Boden des Weges. »Wut und Angst sind nahe Verwandte, Chelo. Er hat sehr viel verloren. Vielleicht ist er zornig auf sich selbst.«
    »Er braucht Zeit. Können wir ihm nicht etwas mehr Zeit geben?«
    »Du hast an den Datennetzen gearbeitet. Du weißt, wie lange es dauert, wenn wir sie ohne ihn reparieren.«
    »Was passiert, wenn Joseph nie mehr an den Datennetzen arbeiten kann?« Ich hatte Tom nicht gesagt, dass Joseph geschworen hatte, sich nie wieder damit zu beschäftigen. Schließlich war mir klar, dass er gar nicht anders konnte.
    »Wenn es nach mir ginge? Nichts. Meinetwegen könnte er sich der Kulturgilde anschließen. Aber es gibt Regeln, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Demnach ist jeder verpflichtet, sein Bestes zu geben.«
    Darin lag eine unterschwellige Drohung, aber auch eine Wahrheit. »Ich weiß.«
    Wir ritten schweigend durch das Gras, das hoch genug war, dass ich mich aufrecht

Weitere Kostenlose Bücher