Sternhagelverliebt
jüngere Leute.«
»Du bist dreißig?«
Ach, Scheiße.
»Stimmt, das habe ich auch vergessen, dir zu erzählen. Ich bin nicht fünfundzwanzig. Und, äh, ich bin keine Studentin … jedenfalls nicht mehr.«
Sie sah mich an, als wäre ich eine Fremde, während um uns herum die Musik dröhnte. »Du arbeitest nicht gerade an deiner Abschlussarbeit?«
»Nein.«
»Und warum hast du das behauptet?«
»Auf die Weise bekomme ich … ich meine,
bekam
ich Gratisessen und -alkohol … indem ich auf den Treffen abhing, bei denen es für die Studenten Wein und Käse gibt.«
»Gut. Aber warum hast du mich weiter belogen, als wir uns dann angefreundet hatten?«
Gute Frage.
»Ich weiß es nicht. Es kam mir wahrscheinlich einfacher vor.«
Sie steckte sich einen Eiswürfel mit Tomatengeschmack in den Mund. »Interessant.«
»Bist du böse?«
»Ich bin mir nicht sicher.«
»Wärst du böse, wenn du Amber wärst?«
»O ja.«
»Also, was soll ich tun?«
»Das habe ich dir schon gesagt: Schreib ihn nicht.«
»Wenn ich ihn nicht schreibe, lässt Bob mich die Kosten für die Behandlung zurückbezahlen und wird mich vermutlich auch noch verklagen. Ich habe nicht so viel Geld. Ich bin total pleite.«
»Dann steckst du offensichtlich in der Klemme.«
»Vielen Dank, dass du das noch mal deutlich gemacht hast.«
»Tut mir leid, Süße.«
»Du hast nicht zufällig irgendwo noch dreißig Riesen rumliegen, die du nicht brauchst, oder?«
Sie lachte. »Was? Für eine Lügnerin wie dich?«
»Keine Chance, oder?«
»Allerdings.«
Also muss ich einen Weg finden, an 30 000 Dollar zu kommen, oder den Artikel schreiben. Die beiden Möglichkeiten kreisen in meinem Kopf, bis keine der beiden mir wünschenswert oder machbar erscheint. Ein ziemliches Dilemma.
Noch 80 Stunden und es werden immer weniger.
Tag 5 : Ich bin überrascht, herauszufinden, dass ich unter Druck doch nicht besser funktioniere.
Nach einer weiteren fast schlaflosen Nacht (acht potenzielle Arbeitsstunden gewonnen, aber total vergeudet) und weiterem Starren auf die leere Seite breche ich ein und vertraue Rory die ganze Geschichte an. (Zeitschinden für Autoren – gerade selbst entdeckter Tipp Nr. 4 : Seinen Freunden zu beichten nimmt viel Zeit in Anspruch.)
Ich weiß nicht genau, warum ich ausgerechnet diesen Augenblick gewählt habe, um Rory alles zu erzählen. Möchte ich vielleicht, dass sie mich freispricht? Denke ich, dass sie mir einen Scheck über 30 000 Dollar ausstellt? Bin ich der schlechteste Mensch auf der Welt?
Ja.
Okay, okay, ich weiß.
Also besorge ich beim Lieferservice etwas zum Mittagessen, besuche Rory in ihrem Büro und erzähle ihr die ganze Geschichte, während unser Essen kalt wird.
Nach einigen Minuten Stille ergreift sie endlich das Wort. Ihre Stimme klingt sehr beherrscht. »Hast du mir das alles nur gesagt, weil du weißt, dass ich es herausfinden werde, wenn der Artikel veröffentlicht wird?«
Nein. Die korrekte Antwort auf diese Frage lautet: nein.
»Ich weiß es nicht, Rory. Ich habe es dir aus vielen Gründen erzählt.«
»Die da wären?«
»Na ja, es hat mir nicht gefallen, dich so lange anzulügen. Und ich habe es gesagt, weil ich deine Hilfe brauche.«
Ihr bitteres Schnauben hallt im Zimmer wider. »Meine Hilfe? Um was zu tun?«
»Um mir darüber klarzuwerden, was ich jetzt machen soll.«
Sie schließt die Schachtel mit dem Essen, das ich ihr mitgebracht habe, und wirft sie in den Mülleimer. Sie hat nicht einen Bissen angerührt.
»Das ist doch ganz einfach. Schreib den Artikel nicht.«
»Dann wird Bob mich verklagen.«
»Das bezweifle ich.«
»Nein, du kennst diesen Typ nicht. Er wird es tun.«
»Tja, dann hast du Pech gehabt, oder?«
»Aber ich könnte alles verlieren.«
»Hast du nicht schon alles verloren?«
»Ich dachte nicht«, entgegne ich und hoffe, den harten Ausdruck auf ihrem Gesicht etwas abzumildern. Vergeblich. Bevor sie etwas Endgültiges sagt, das nicht wiedergutzumachen wäre, gehe ich schnell nach Hause
Noch 67 Stunden.
Tag 6 : Die entscheidende Phase beginnt.
Ich wache früh auf. Letzte Nacht konnte ich endlich einmal schlafen. Die pure Erschöpfung hat mich so weit gebracht. Doch es war ein unruhiger Schlaf voller schlechter Träume. Amber, Henry, Connor, Rory, Greer, Scott, meine Eltern und Chrissie warfen mir abwechselnd Dinge vor, die ich nie getan hatte, ein Ringelreigen mit dem Text: »Du hast’s verbockt, Katie, du bist ein grauenvoller Mensch.«
Und
Weitere Kostenlose Bücher