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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Nachtleben der Metropole kennenzulernen, durcheilte ich die Straßen, und aus der Menge der Passanten drang immer wieder jenes rätselhafte Wort an mein Ohr, teils im Flüsterton, teils laut mit Emphase gesprochen; man konnte es auf den Anschlagkugeln lesen, die Auktionen und Versteigerungen seltener Sepulken ankündigten, und in den flammenden Neonreklamen, die die modischen Sepulkarien anpriesen. Vergebens rätselte ich, was das sein mochte; um Mitternacht schließlich, als ich mich in einer Bar im achtzigsten Stock eines Warenhauses mit Kulupensahne erfrischte, indes eine ardritische Sängerin den Schlager »Sepulkchen, mein Kleines« vortrug, da wuchs meine Neugier ins Unerträgliche, so daß ich einfach einen vorbeieilenden Kellner fragte, wo ich eine Sepulke erwerben könnte.
      »Gegenüber«, antwortete der mechanisch, während er kassierte. Dann sah er mich aufmerksam an und verfinsterte sich ein wenig.
      »Sind Sie allein?« forschte er.
      »Ja. Warum fragen Sie?«
      »Ach, nichts. Ich habe leider kein Kleingeld.«
      Ich verzichtete auf den Rest und fuhr mit dem Fahrstuhl hinunter. In der Tat, gegenüber erblickte ich eine riesige Sepulkenreklame; ich versetzte der Glastür einen Stoß und schritt in das zu dieser Stunde leere Magazin. Ich trat an den Ladentisch und verlangte mit geheucheltem Gleichmut eine Sepulke.
      »Für welches Sepulkarium?« fragte der Verkäufer, der von seinem Bügel zu Boden glitt.
      »Nun, für ein… ganz gewöhnliches«, entgegnete ich.
      »Wieso ein gewöhnliches?« fragte er verwundert. »Wir führen nur Sepulken mit Pfiff…«
      »Dann also geben Sie mir bitte eine…«
      »Und wo haben Sie Ihre Matrixbüchse?«
      »Hm, ich habe sie nicht bei mir…«
      »Wie wollen Sie dann die Sepulke ohne Ihre Frau nehmen?« fragte der Verkäufer und schaute mich dabei prüfend an. Er trübte sich allmählich.
      »Ich habe keine Frau«, entfuhr es mir unwillkürlich.
      »Sie… haben… keine… Frau?« stammelte der Verkäufer, nunmehr schwarz, und betrachtete mich entsetzt. »Und da wollen Sie eine Sepulke? Ohne Gattin?«
      Ich zitterte am ganzen Leibe. Wie ein begossener Pudel flüchtete ich auf die Straße, erwischte ein freies Eborett und ließ mich wütend zu einem Nachtlokal fahren. Es hieß Myrgindragg. Als ich eintrat, hörte das Orchester gerade zu spielen auf. Hier baumelten an die dreihundert Personen. Auf der Suche nach einem Platz arbeitete ich mich durchs Gedränge – da hörte ich plötzlich meinen Namen rufen; voller Freude entdeckte ich ein bekanntes Gesicht, es gehörte einem Geschäftsreisenden, den ich einst auf Antropien kennengelernt hatte. Er baumelte samt Frau und Tochter. Ich stellte mich den Damen vor und tat mein Bestes, die bereits recht angeheiterte Gesellschaft zu unterhalten, die sich hin und wieder aufschwang, um bei den Klängen einer Tanzmelodie über das Parkett zu rollen. Die Gattin meines Bekannten bat mich inständig, es doch auch einmal zu versuchen; schließlich faßte ich mir ein Herz, und zu viert fest umfangen, wälzten wir uns bei einem feurigen Mambrin auf dem Boden. Ehrlich gesagt, holte ich mir dabei etliche blaue Flecke, machte jedoch gute Miene zum bösen Spiel und heuchelte Begeisterung. Als wir an unseren Tisch zurückgingen, fragte ich meinen Bekannten leise nach den Sepulken.
      »Wie bitte?« Er hatte nicht richtig verstanden. Ich wiederholte die Frage und fügte hinzu, daß mir am Erwerb einer Sepulke gelegen sei. Offensichtlich hatte ich zu laut gesprochen, denn die in unserer Nähe hängenden Ardriten drehten sich herum und betrachteten mich mit trüben Gesichern, indes mein Bekannter vor Angst die Taster faltete.
      »Um Drumas willen, Herr Tichy – Sie sind doch ledig.«
      »Was macht das schon«, erwiderte ich, nun bereits leicht gereizt, »darf ich etwa keine Sepulke sehen?«
      Die Worte fielen in eine plötzlich entstandene Stille. Die Frau meines Bekannten fiel ohnmächtig zu Boden, er stürzte zu ihr, während die Ardriten ringsum auf mich zu wogten, durch ihre Farbe feindselige Absichten verratend. In diesem Augenblick erschienen drei Kellner; sie packten mich am Kragen und warfen mich auf die Straße.
      Wutschnaubend hielt ich ein Eborett an und ließ mich zum Hotel fahren. Die ganze Nacht tat ich kein Auge zu, so sehr drückte und zwickte mich etwas; erst im Morgengrauen kam ich dahinter, daß die Hotelbedienung mangels klarer Anweisungen von der Galax – auf

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