Sterntaler: Thriller (German Edition)
gewesen.«
Fredrika beschloss, auf dem Nachhauseweg beim Serafen vorbeizugehen. Sie hatte Lust auf einen Spaziergang, und außerdem war sie neugierig.
Von unterwegs rief sie Spencer an. Sie hatten bereits zwei Mal an diesem Tag miteinander gesprochen. Sie hatte ihm angehört, dass er angespannt war, und fragte sich, ob ihm die Sache bereits über den Kopf wuchs. In dem Fall würde sie sofort nach Hause gehen. Gleichzeitig kamen ihr schreckliche Gedanken. Was würde mit Saga geschehen, falls Fredrika starb und Spencer die Tochter nicht allein versorgen konnte? Würde sie dann zu Fredrikas Bruder kommen?
Nie im Leben würde Spencer seine Tochter weggeben, das wusste Fredrika.
Spencer riss sie aus ihren Gedanken, als er endlich ans Telefon ging. Saga schlafe, teilte er ihr mit. Es mache ihm nichts aus, wenn sie etwas später käme.
Der Spaziergang vom Polizeirevier im Stadtviertel Kronoberg zur Mütterzentrale Serafen am Stadshuset war kurz, aber erfrischend. Fredrika entschied sich, die Hantverkargatan hinunterzugehen, und genoss es, die frische Frühlingsluft einzuatmen. Leichter und sauberer denn je und wohltuend für die Seele.
Die Mütterzentrale befand sich in der ersten Etage eines wunderschönen Gebäudes, das direkt am Wasser lag und an einen britischen Herrensitz erinnerte. Fredrika musterte all die werdenden Mütter mit den dicken Bäuchen, die im Wartezimmer saßen. Viele von ihnen hatten ältere Kinder in Kinderwagen dabei. Es war ihr ein Rätsel, wie manche Menschen es mit mehr als nur einem Kind schafften. Weder sie noch Spencer wollten ein zweites Kind haben, zumindest war das ihr Gefühl.
»Es ist mehr als genug«, hatte Spencer in einer Nacht gemurmelt, als Saga erkältet war und wieder und wieder aufwachte.
Fredrika zeigte der Krankenschwester am Empfang ihre Polizeimarke und erklärte ihr Anliegen. Die Schwester zögerte, als Fredrika sie darum bat, Rebeccas Krankenakte einsehen zu dürfen.
»Ich bin gleich zurück«, sagte sie und kehrte kurz darauf mit einer älteren Kollegin wieder.
Fredrika erläuterte erneut, warum sie hier war, und die Hebamme hörte aufmerksam zu. Dann zog sie eine Akte aus der Hängeregistratur, schlug die Mappe auf und nickte schweigend. »Ich habe sie behandelt, als sie das letzte Mal hier war«, sagte sie und zeigte auf eine Aktennotiz. Sie kniff die Augen zusammen. »Ich treffe so viele Frauen, es dauert immer ein bisschen, bis ich mich an sie alle erinnere.«
Sie sollen sich nicht an alle erinnern, dachte Fredrika, sondern nur an diese eine.
»Ja, ich glaube, ich weiß jetzt, wen Sie meinen«, sagte die Hebamme zu Fredrikas Erleichterung. »Sie hatte einen Termin, um sich das Pillenrezept erneuern zu lassen, hatte da aber schon den Verdacht, schwanger zu sein. Wenn ich mich recht entsinne, war sie sehr besorgt.«
»Weshalb?«, fragte Fredrika.
»Sie war in der Tat schwanger«, erklärte die Hebamme. »Wir haben ausgerechnet, dass sie im dritten Monat sein musste. Sie war sehr erschrocken.«
»Was ist dann passiert?«
»Als sie ging, sagte sie, sie würde das Kind abtreiben lassen. Ich habe keine Ahnung, wie es ausgegangen ist, denn sie ist nicht mehr wiedergekommen.«
Fredrika überflog die Akte.
»Erinnern Sie sich noch an irgendwelche anderen Details Ihres Treffens?«
»Nichts weiter, als dass sie sehr besorgt wirkte. Und sie fragte, ob man eine Abtreibung auch vornehmen lassen könne, wenn der Vater des Kindes es würde behalten wollen.«
Fredrika ließ die Akte sinken. »Das hat sie gefragt?«
»Ja. Was für eine dumme Frage! Es ist ja wohl klar, dass die Frau selbst bestimmt, ob sie Mutter werden will oder nicht.«
So war es natürlich nicht, und das wusste die Hebamme ebenso gut wie Fredrika. Sie wurde unruhig. Warum hatte Rebecca das Gefühl gehabt, diese Frage stellen zu müssen? Wer war der Mann, von dem sie glaubte, dass er das Kind würde behalten wollen?
»Håkan Nilsson«, sagte Alex, als sie ihn anrief.
»Hab ich auch gedacht.«
»Aber?«
»Das wäre zu einfach.«
»Er hat sich bei Diana Trolle gemeldet und ihr sein Beileid ausgesprochen und gefragt, ob er vorbeikommen dürfe.«
»Was hat sie gesagt?«
»Sie hat Nein gesagt.«
Sie beendeten das Gespräch, und Alex ging noch einmal die alten Ermittlungsunterlagen durch. Das Material war umfangreich, offenbarte aber nur wenige rote Fäden.
Eine junge Frau, die bei einem Fest in der Universität erwartet wird und sich in einen Bus in die entgegengesetzte Richtung setzt. Heimlich
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