Stevens, Chevy
gegenüber dem Mann verspüren, der
sie entführt hat?« Gary stand hinter seinem Rücken, sah mich an und zog die
Augenbrauen hoch, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht zu lachen.
Nach zwei
Wochen Ärzten, Krankenhausfraß und stundenlangen Wanderungen in meinem Zimmer
kam der Psychiater endlich zu einem Urteil und sagte, er sehe keinen Grund,
warum ich nicht nach Hause gehen sollte, aber die Ärzte mussten sein Gutachten
noch bestätigen, ehe ich entlassen werden konnte. Ich war genauso wenig frei,
wie ich es auf dem Berg gewesen war.
Offensichtlich
war der Psychiater zu dem Schluss gekommen, dass meine Aktionen »vereinbar«
mit dem Trauma seien, das ich erlitten hatte, und die Staatsanwaltschaft hatte
offiziell beschlossen, keine Anklage zu erheben. Also war dieses Würstchen am
Ende doch noch zu etwas nütze. Doch von den Ärzten kam immer noch kein Wort
über meine Entlassung.
Gary
erzählte mir, dass die Behörden meinem Fall große Bedeutung beimaßen und die
Polizei so viel wie möglich über den Psycho erfahren musste, nicht nur, um alte
Fälle aufzuklären, sondern auch für zukünftige Ermittlungen. Manchmal machten
wir bei den Gesprächen über den Berg eine Pause, und er brachte mich beim
Weltgeschehen auf den neuesten Stand, oder wir lösten zusammen ein Kreuzworträtsel.
Seit dem Gutachten des Psychiaters waren Tage vergangen.
»Sie
müssen mich hier rausbringen«, sagte ich, als Gary eines Morgens mit zwei
Kaffees hereinspaziert kam. »Der Seelenklempner hat gesagt, es gehe mir gut
genug, um nach Hause gehen zu können. Die Ärzte verplempern nur ihre Zeit, und
ich werde verrückt. Ich werde wie eine verdammte
Gefangene behandelt. Dabei sollte ich doch eigentlich das Opfer sein - Scheiße
ist das.«
Er stellte
die Kaffees auf den Nachttisch und machte mit einem entschlossenen Nicken
kehrt. Eine halbe Stunde später stand er am Fußende des Bettes.
»Eine
Nacht müssen Sie noch durchhalten. Morgen früh werden Sie entlassen.«
Ich setzte
mich aufrecht hin und sagte: »Sie haben nicht zufällig irgendjemanden
erschossen oder so?«
»So
dramatisch war es nun nicht. Ich habe ihnen nur ein wenig Feuer unterm Hintern
gemacht.«
Irgendetwas
sagte mir, dass mehr dahintersteckte, aber ehe ich nach Einzelheiten bohren
konnte, nahm er das Kreuzworträtselheft vom Nachttisch, setzte sich auf den
Stuhl und sagte: »Hm. Vielleicht sind Sie ja doch nicht so schlau - das hier
haben Sie wohl nicht geschafft, was?«
»Hey, Sie
sind hier reingeplatzt und haben mich unterbrochen. Ich war ganz gut bis
dahin.«
Als er
seine langen Beine ausstreckte und übereinanderschlug, fiel mir das
unterdrückte Grinsen in seinem Gesicht auf, und ich begriff, dass er gerade
geschickt das Thema gewechselt hatte.
Im Krankenhaus
hatte Mom mir erzählt, dass mein Haus vermietet war, und ich war so froh zu
hören, dass sie es nicht verkauft hatte, dass ich gar nicht daran dachte, dass
ich keinen Platz zum Wohnen hatte, bis Gary sagte, ich würde entlassen werden.
Ich dachte daran, Christina zu fragen, ob ich bei ihr wohnen könnte, aber sie
war noch nicht wieder zurück, und dann rief Mom an und sagte, sie würden kommen
und mich abholen. Ich wusste, dass es ein Riesentheater geben würde, wenn ich
ihr sagte, ich wollte nicht bei ihnen im Trailer wohnen, also beschloss ich,
mich darum zu kümmern, sobald ich nach Hause käme.
Am Morgen
meiner Entlassung warnte Gary uns, dass draußen wahrscheinlich Fotografen
warten würden, und schlug vor, den Hinterausgang zu benutzen, aber Wayne und
Mom waren durch den Vordereingang gekommen und hatte keine gesehen. Natürlich
stürzte sich ein ganzer Schwarm auf uns, sobald wir aus der Tür raus waren. Mom
ging vor mir und bat die Presse »uns etwas Zeit zu lassen«. Aber man konnte sie
kaum verstehen, als wir uns unseren Weg durch die wogende Menge bahnten.
Außerhalb
von Port Northfield hielten wir an einer Tankstelle an, und während Wayne
tankte, ging Mom hinein, um zu zahlen. Ich versteckte mich auf dem Rücksitz.
Als Mom zurückkam, warf sie eine Zeitung nach hinten und sagte kopfschüttelnd:
»Da konnte jemand den Mund nicht halten.«
Vermisste
Maklerin aus dem Krankenhaus entlassen! Unter der Überschrift auf der
ersten Seite war ein altes Bewerbungsfoto von mir abgedruckt. Als Wayne von der
Tankstelle losfuhr, las ich entsetzt weiter. Eine »ungenannte Quelle« habe die
Zeitung informiert, dass ich heute aus dem Krankenhaus entlassen würde. Laut
Aussage von Staff
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