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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
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Basilikum, Tomaten und Anspannung getränkt war.
    Lukes
ehrliches Gesicht war eines der Dinge gewesen, die ich an ihm geliebt hatte,
und jetzt war es blass vor Entsetzen. Er hatte mich im Krankenhaus gesehen,
und ich bin sicher, dass er mein Foto in der Zeitung gesehen hatte, aber ich
hatte noch mehr abgenommen, und in Waynes altem Trainingsanzug sah ich
wahrscheinlich noch dünner aus, als ich ohnehin schon war. Ich hatte dunkle
Ringe unter den Augen, und ich hatte seit Tagen mein Haar weder gewaschen noch
gebürstet. Natürlich sah Luke noch besser aus, als ich ihn in Erinnerung hatte.
Sein weißes T-Shirt brachte die gebräunten Unterarme und die Brustmuskeln gut
zur Geltung. Sein dunkles Haar, länger als vor meiner Entführung, war perfekt
zerzaust und schimmerte im hellen Licht der Küchenlampe.
    »Ich habe
dir Blumen mitgebracht, Annie.« Mit der Hand deutete er auf eine Vase mit Rosen
auf der Arbeitsplatte. Rosa Rosen.
    »Ich habe
sie für dich ins Wasser gestellt, Annie Bear.« Mom betrachtete die Rosen mit
schmalen Augen - nur leicht geschlossen, kaum wahrnehmbar für andere, aber ich
kannte meine Mutter. Sie hatte die Rosen bereits mit ihren eigenen verglichen
und für mangelhaft befunden.
    Ich sagte:
»Danke, Luke, sie sind sehr hübsch.«
    Ein paar
Sekunden, die sich wie Stunden anfühlten, war das einzige Geräusch in der Küche
das Blubbern der Soße auf dem Herd, dann stapfte Wayne herein und klopfte Luke
auf die Schulter.
    »Luke!
Schön, dich zu sehen, Junge. Bleibst du zum Abendessen?«
    Mom, Wayne
und ich sahen Luke an, dessen Gesicht rot anlief. Er schaute mich an und sagte:
»Wenn Annie ...«
    »Natürlich
möchte Annie, dass du bleibst«, sagte Wayne. »Glaub mir, es tut dem Mädchen
gut, ein paar Freunde um sich zu haben.« Ehe ich auch nur irgendetwas sagen
konnte, hatte Wayne schon den Arm um Lukes Schulter gelegt und führte ihn aus
der Küche. »Ich wollte dich sowieso fragen, was du davon hältst...«
    Mom und
ich blieben zurück und starrten einander an. »Du hättest mir sagen können, dass
er hier ist, Mom.«
    »Und wann
hätte ich das tun sollen? Du verlässt dein Zimmer doch nie.« Sie schwankte
leicht und stützte sich mit der Hand an der Arbeitsplatte ab.
    Jetzt sah
ich es - Moms Gesicht glühte nicht nur, weil sie am heißen Herd stand. Die
Lider hingen leicht nach unten, eines - das rechte, wie immer - war etwas
tiefer gesackt. Mein Blick fand, wonach ich gesucht hatte, hinter dem Behälter
mit der Pasta, aber in Griffweite; ein Glas, von dem ich wusste, dass es Wodka
enthielt.
    Mir war
aufgefallen, dass Moms Vorliebe für einen benebelten Zustand in meiner
Abwesenheit neue Höhen erreicht zu haben schien. Als ich erst ein paar Tage
wieder zu Hause war, tauchte ich einmal aus meinem Zimmer auf, weil es
verbrannt roch. Im Backofen entdeckte ich etwas, das ich für Erdnussplätzchen
hielt, und Mom wie ohnmächtig vor dem Fernseher, wo gerade ein Interview mit
mir wiederholt wurde. Es war entstanden, kurz nachdem ich freigekommen war und
mit niemandem hätte reden sollen. Ich hatte den Kopf zur Seite abgewandt, so
dass das Haar mein Gesicht wie ein Vorhang vor der Kamera verbarg. Ich
schaltete den Fernseher aus.
    Ihr rosa
Morgenmantel - oder wie sie mit fürchterlichem französischen Akzent sagen
würde, ihr Peignoir - klaffte weit offen und entblößte
ihren Hals und ihre kleinen Brüste. Ich stellte fest, dass ihre Haut, die immer
ihr ganzer Stolz gewesen war, obwohl es nicht viele Körperstellen gab, auf die
sie nicht stolz gewesen wäre, langsam runzelig wurde. Ihre Hand umschloss eine
Wodkaflasche - das erste Anzeichen für mich, dass die Dinge sich geändert
hatten; früher hatte sie das Zeug zumindest immer verdünnt. Sie musste gerade
erst eingeschlafen sein, denn die Zigarette zwischen ihren vollen Lippen
brannte noch. Die Aschesäule war mehr als zwei Zentimeter lang, und während ich
dastand, begann sie zu zittern, fiel und landete auf Moms entblößter Brust.
Wie gelähmt beobachtete ich, wie die orangerote Glut immer näher an ihre Lippen
kroch, und fragte mich, ob sie überhaupt aufwachen würde, wenn sie sich
verbrannte, doch dann nahm ich die Zigarette vorsichtig fort. Ohne Mom zu
berühren, beugte ich mich vor und blies die Asche von ihrer Brust, dann nahm
ich die Kekse aus dem Ofen und ging wieder ins Bett. Ich nahm an, mit ihrer
Trinkerei würde es etwas besser werden, sobald ich eine Weile zu Hause wäre.
    Jetzt, als
wir in ihrer Küche standen, bemerkte sie,

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