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Stille mein Sehnen

Stille mein Sehnen

Titel: Stille mein Sehnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Marcuse
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hatten sie sich an die Theke gesetzt und beide alkoholfreie Cocktails getrunken. Für Faith war es eine neue, überaus wichtige Erfahrung, zu sehen, wie „normal“ das Paar nach der Session miteinander umging. Die Zuneigung in Sir Lymandts Blick für seine Ehefrau war ihr unter die Haut gegangen.
    Faith atmete tief durch und bereute ihre Entscheidung nicht, die Stelle angenommen zu haben.
    Im Moment beunruhigte sie nur eins, und zwar das, was sie nicht kannte. Die schwarzen Lackflügeltüren standen offen und zogen sie magisch an. In einem SM-Club war sie nie gewesen. Ihre Qualen hatten sich in den eigenen vier Wänden abgespielt, und es war um Erniedrigung und Unterdrückung gegangen, niemals um Lust, zumindest nicht um ihre. Sie musste wissen, was sich hinter diesen Türen befand.
    Zögerlich ging sie hinüber. Ein langer Gang mit etlichen Türen, rotem Plüschteppich und dämmriger Beleuchtung lag vor ihr. Am Ende des Flures standen sich zwei Andreaskreuze gegenüber. An den Wänden hingen Peitschen, Gerten und Rohrstöcke. Ihr schnürte sich die Kehle zu, als sich ein Bild in ihrem Kopf formte. Sie war an eines dieser Kreuze gefesselt, und Luca stand vor ihr, eine Bullenpeitsche in der Hand. Sein glühender Blick lag auf ihrem nackten, geschundenen Körper.
    Zitternd wandte sie sich ab und erforschte die einzelnen Räume. In einem davon befand sich ein Pranger. Auf dem Boden lag ein Rohrstock. Sie hörte Schreie in ihrem Kopf und sah einen blutigen Körper vor sich. Es war ihr Körper, gefesselt auf dem Boden liegend, getreten und gequält.
    Warum vermisste sie es so sehr? Sie kannte die Gefahr, die eine Unterwerfung mit sich brachte, geriet man an den falschen Mann. Wieso wollte sie es? Warum ausgerechnet Luca, dem die Härte ins Gesicht geschrieben stand?
    Faith hörte Schritte im Gang und wünschte, er wäre es. Doch es waren Aidans Hände, die sich auf ihre Oberarme legten.
    „Was fühlst du dabei?“, wollte Faith wissen.
    „Ich liebe die Macht. Es ist ein unfassbares Gefühl, Herr über Lust und Schmerz zu sein. Für einen kleinen Augenblick fühlt man sich wie ein Gott. Sie sind so schön, wenn sie sich in ihrer Ekstase winden, lediglich aus purer Empfindung bestehend.“
    „Wer?“
    „Die Frauen. Ihr seid unglaubliche Geschöpfe. Nur ihr seid zu einer derartigen Hingabe in der Lage.“
    Faith schwieg. Seine Worte berührten sie. Er sprach von Macht und Schmerz, schien hingegen etwas völlig anderes zu meinen als das, was sie erleben musste. Aus seiner Stimme waren Achtung und Bewunderung zu hören.
    „Und du, warum willst du es?“
    „Ich will es nicht mehr.“ Faith hatte ihrer Stimme Festigkeit geben wollen, doch ihr war nicht mehr als ein Flüstern über die Lippen gekommen.
    Aidan drehte sie in seinen Armen zu sich um und sah ihr tief in die Augen. Seinem Blick standzuhalten, erforderte ihre ganze Kraft.
    „Was hast du erlebt, Faith?“
    Sie löste sich aus der Umarmung und trat einen Schritt zurück. „Das geht dich nichts an, Aidan. Es wird meine Arbeit nicht beeinträchtigen.“
    Er hielt sie fest, als sie zur Tür wollte. „Daran habe ich nicht gezweifelt. Vielleicht kann ich dir helfen? In diesem Club passiert dir nichts, hier gibt es Regeln und …“
    Faith unterbrach ihn. „Ich brauche keine Hilfe. Wie gesagt, ich will es nicht mehr, und mit dieser Entscheidung lebe ich ausgesprochen gut.“
    „Selbstbetrug nimmt dir die Erinnerungen nicht. Ich weiß nicht, was du erlebt hast, und ja, es geht mich nichts an. Die Angst und das Verlangen in dir kannst du jedoch nicht verbergen. Es zu leugnen, wird dir keinen Frieden bringen.“
    Faith sah Aidan lange an. Seine Beobachtungsgabe war beeindruckend. In den Händen eines solchen Herrn könnte sie sich sicher fühlen. Dumm nur, dass ihr in seiner Nähe das Herz nicht höherschlug, es nicht im Magen kribbelte.
    „Du bist bestimmt ein guter Master, Aidan. Schade, dass ich mich nicht zu dir hingezogen fühle.“
    „Ja, schade! Nach allem, was heute passiert ist, musst du mir gestatten, dass ich nicht verstehen kann, dass es ausgerechnet Luca ist.“
    Obwohl es ihr unendlich schwerfiel, lächelte sie. „Jetzt enttäuschst du mich. An Luca habe ich ebenfalls kein Interesse.“
    Sein Lächeln zeigte deutlich, dass er ihr kein Wort glaubte.
     
    Faith saß in ihrem schäbigen, kleinen Pensionszimmer bei einer mittäglichen Tasse Kaffee und dachte über die vergangene Nacht nach. An Schlaf war nicht zu denken, sie fand keine Ruhe.

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