Stille Seele (German Edition)
seine Hände in den Hose ntaschen. „Er hat mir von Meg erzählt!“ Unsicher lenkte Jakob seinen Blick in die Baumkronen über sich. „Sie scheinen sehr glücklich gewesen zu sein!“
Julie zögerte und ein sanftes Lächeln breitete sich auf ihrem G esicht aus. „Ganz so, wie er es heute in Erinnerung hat, war es wohl nicht, aber sie haben sich geliebt und ist es nicht das, was von einem gemeinsamen Leben bleiben sollte, die schönen Erinnerungen?“
„Ja, ich bewundere das, wenn Menschen es so lange miteinander aushalten. Da können nicht nur schöne Tage dabei sein, aber das Wichtige ist wohl, welche Tage man zählen lässt. Meine Eltern haben viele schlechte Zeiten gehabt. Wegen mir, wegen meiner Geschwister und wegen tausend anderer kleiner und größerer Dinge, aber ich gla ube, wenn du sie heute fragen würdest, würden sie sagen, dass sie ein schönes, gemeinsames Leben hatten.“
„Ist das erste Mal, dass du von ihnen erzählst!“ Julie legte nac hdenklich ihren Kopf schief und sah ihn fragend an.
„Du hast nie gefragt und so interessant ist es wohl auch nicht, dass meine Eltern eine durchschnittlich glückliche Ehe führen.“ Er zuckte mit den Achseln und versuchte, gleichgültig zu klingen.
„Was machen sie beruflich?“
„Wieso interessiert dich das?“
„Es interessiert mich eben!“ Sie sah ihn herausfordernd an und Jakob gab prustend nach.
„Mein Dad ist Polizist und meine Mutter Kindergärtnerin. Sie h aben sich in Deutschland kennengelernt, meine kleine Halbschwester gezeugt und sind mit uns allen im Gepäck in die Staaten gezogen. Der ganz normale Wahnsinn. Nichts Außergewöhnliches.“
„Er ist nicht dein richtiger Dad?“
„Doch!“ Jakob nickte bekräftigend und fügte etwas sanfter hinzu: „Er ist so sehr mein Dad, wie William deiner ist! Ich kenne es nur so und er hat nie einen Unterschied zwischen uns dreien gemacht! Auch, wenn ich es ihm eine Zeit lang wirklich schwer gemacht habe!“
„Hört sich an, als wären sie tolle Eltern!“
„Sie sind tolle Eltern!“ Eine Weile herrschte Schweigen.
„Sie sind tolle Eltern, aber?“
Jakob sah sie prüfend an. „Was, aber?“
„Es klang, als wäre da noch ein aber!“
„Nein, kein aber!“ Ich bin das aber, aber das geht dich nichts an.
„Du hast schon wieder diesen Ausdruck!“
„Was für einen Ausdruck?“ Jakob wusste genau, was sie meinte, aber es war wesentlich einfacher, es zu leugnen, als zuzugeben, dass er sich zurückzog, anstatt sich den Fragen zu stellen, die folgen würden.
Julie biss sich auf die Lippe und blieb stehen. „Na ja, eben diesen Ausdruck. Als wäre die Welt gegen dich und niemand wäre gut g enug, deine Geheimnisse teilen zu dürfen.“
„Das ist Quatsch!“
„Ach ja?“ Julie stemmte ihre Fäuste in die Seiten.
„Ja, frag mich, was du wissen willst!“ Jakob versuchte, entspannt zu wirken. „Ich habe keine Geheimnisse.“ Mittlerweile beherrsche ich diese Sache mit dem Lügen fast perfekt. Jakob atmete tief aus und sah Julie unschuldig an.
„Was hast du gemacht, bevor du hierher kamst?“
„Meinen Schulabschluss!“
„Jakob, du bist einundzwanzig!“
„Ich weiß, wie alt ich bin!“ Ergeben verdrehte er die Augen und räumte ein: „Ich habe danach ein wenig den Anschluss verpasst. Ich wollte nicht studieren und wusste nicht so recht, wohin mit mir.“ Ein schuldbewusstes Grinsen huschte über sein Gesicht. „Ich glaube, ich habe meinem Vater als Polizisten einige graue Haare eingebracht, bevor ich beschlossen habe, meinen Arsch aufzuraffen und etwas von der Welt zu sehen.“
Julie nickte, zog dann aber ihre Nase krauss. „Also bist du abgehauen, weil es dir dort zu ungemütlich wurde!“
„Ja, im Wesentlichen!“ Nachdenklich kratzte Jakob sich an der Stirn. „Ich war damals echt zum Abgewöhnen und auch, wenn es eine Trotzreaktion war, hat es verhindert, dass ich mit meinem Dickschädel noch mehr kaputtmachen konnte!“
„Wo warst du sonst noch? Ich meine, außer Kanada?“
„Ich bin erst einundzwanzig!“ Er lachte leise und fuhr dann ernster fort. „Mal sehen. Ich habe mir einiges in den Staaten angeguckt. Dann Süddeutschland und Teile von Südasien.“ Das war nicht einmal gel ogen, nur hatte er diese Orte nicht gerade als Tourist besucht. Undeutlich formten sich Bilder aus dem Militärkrankenhaus in Süddeutschland in Jakobs Kopf und von der Basis in Kandahar.
„Hat es dir dort gefallen?“
Jakob nickte. „Auf eine gewisse Art schon. Es ist
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