Stiller Tod: Thriller (German Edition)
und nickt, arbeitet dann weiter, das Blatt der kreischenden Säge schwarz von Blut. Vernon tritt näher an den Tisch heran und sieht, dass Doc dabei ist, die Zehen von einem menschlichenBein zu sägen, das unmittelbar unter dem Knie amputiert wurde. Das Bein hat einer Weißen gehört. An den Zehen ist abgeplatzter roter Nagellack.
Dieser verdammte Doc. Vertickt Körperteile aus der Leichenhalle der Polizei als Muti an die Schwarzen. Zauberei. Juju.
Vernon will seinen Arsch schon wieder aus der Küche bewegen und das Klo suchen, als ihm eine Idee kommt. Er winkt, und Doc stellt die Säge ab, die ratternd zum Stehen kommt.
Der alte Säufer starrt Vernon durch die Taucherbrille an, die mit Knochensplittern und Fleischbröckchen bespritzt ist. »Ja, Detective?«, sagt er und nutzt die Gelegenheit, um an einer Brandyflasche zu nuckeln, die neben dem amputierten Bein steht.
»Doc, womit krieg ich ein Kind ruhig?«
»Auf Dauer?«
»Nein, Mann. Bloß für ein paar Stunden.«
»Wie alt ist das Kind?«
»Vier oder fünf.«
Doc nickt, kramt in seiner Küchenschublade herum und hält schließlich ein Fläschchen mit Gummistopfen hoch.
»Etwa zehn Tropfen davon in Cola oder Milch müssten reichen.«
Vernon nimmt die staubige Flasche, deren Etikett längst abhandengekommen ist, und steckt sie ein. Ist sich nicht sicher, ob er das Zeug brauchen wird. Aber es beruhigt ihn, es zu haben, nur für alle Fälle. Doc schmeißt die Säge wieder an und arbeitet weiter, trennt den großen Zeh ab und packt ihn in einen kleinen Ziploc-Beutel. Macht sich an den nächsten Zeh.
Vernon geht aus der Küche und sucht nach dem Klo. Es liegt am Ende des Flurs und stinkt dermaßen, dass es ihm fast hochkommt. Eine Lampe gibt es nicht, aber in dem Licht, das vom Flur hereinfällt, ist unschwer zu erkennen, dass die Kloschüssel randvoll mit Kot ist. Das Kabuff ein Paradies für Fliegen, die singen wie ein Kirchenchor.
Vernon hält sich von dem verdreckten Lokus fern, macht bloß dieHose auf und pinkelt auf den Boden, merkt doch eh keiner. Als er fertig ist, geht er aus dem Haus zu seinem Wagen.
Er kann sich nicht überwinden, jetzt nach Hause zu fahren, wo seine Mutter lauert wie ein verlorener Schatten, also nimmt er Kurs auf die Voortrekker Road und das Lips. Er weiß, dass Costa um diese Zeit allein in dem leeren Club ist und sein Geld zählt.
Er wird sich in Costas Büro pflanzen und ihm sagen, er soll Dawn noch eine Chance geben, und falls der Wichser nicht will, wird Vernon sich in seinem Sessel zurücklehnen, total relaxed, und sagen: »Costa, alter Kumpel, vergiss nicht, dass ich weiß, wo die Leichen vergraben sind.«
Und der Grieche wird ihn ansehen und sich eine Zigarette unter den Schnurrbart schieben und nicken und genau das tun, was er ihm sagt.
KAPITEL 47
Exleys Augen flattern einmal und öffnen sich. Weit. Es gibt keinen sanften Übergang vom Schlaf in den Wachzustand, in dem Träume sich verflüchtigen wie Nebel. Er wird schnurstracks in den Morgenappell der Toten geschleudert: Sunny, nass und leblos am Strand. Der blutige Rasta. Caroline ausgestreckt auf dem Küchenboden, während das Leben aus ihr rausläuft. Der eingeschlagene Schädel des Cops.
Er setzt sich auf, schnappt nach Luft, allein im Gästezimmerbett. Dann erinnert er sich an die vergangene Nacht, erinnert sich an Dawn, und auch wenn diese Erinnerung nicht ausreicht, um die Hölle abzumildern, bringt sie ihn doch dazu, aufzustehen und sich die Shorts über den wunden Schwanz zu ziehen, wissend, dass er diesen Tag zumindest nicht allein beginnen wird.
Exley geht in Sunnys Zimmer. Das Bett ist leer, und er hört keine Stimmen. Die beiden sind draußen am Strand, sagt er sich.
Er tappt nach unten und Richtung Veranda, schiebt die Tür auf. Der Strand ist verlassen, nur eine Horde Möwen zankt sich um die Pizzaränder, die Brittany letzte Nacht auf den Sand geworfen hat, weil Exley ihr versprochen hat, sie könnte am Morgen zusehen, wie die Vögel sie auffressen.
»Dawn?«, ruft er. Keine Antwort.
Er geht in die leere Küche, rennt dann wieder nach oben und sieht, dass ihre Tasche weg ist, spürt, wie sich ihm die Brust zuschnürt und Panik aufsteigt.
Was hat er getan? Oder was hat er nicht getan? Er hat keine Ahnung.
Dawn über Vernon Saul erreichen zu wollen ist ausgeschlossen, under hat keine Telefonnummer von ihr. Er weiß auch nicht, wie sie mit Nachnamen heißt oder ob Dawn bloß der Name ist, den sie als Stripperin benutzt.
Als er unsicher
Weitere Kostenlose Bücher