Stimmen aus dem Nichts
Holligan bisher noch gar keinen persönlichen Kontakt gepflegt hat.«
»Was willst du denn damit wieder sagen, Just?« Bob rührte nervös mit einem Löffel in seiner Tasse herum.
»Macht es euch nicht stutzig, dass zufällig heute im Postkasten der Brief an Mrs Holligan steckte, in dem sich ihr zur Adoption freigegebener Sohn gemeldet hat?«
»Was denn, was denn!« Bob wurde ganz unruhig. »Du meinst, er steckt hinter dieser Sache?«
»Das könnte doch sein. Möglicherweise hat er herausgefunden, dass seine leibliche Mutter eine reiche Frau ist. Und er will ihren natürlichen Tod nicht abwarten.«
»Ist das nicht ein bisschen weit hergeholt, Just?« Peters Tee hatte nun eine angenehme Temperatur erreicht. Er nahm einen großen Schluck.
»Ich betone, das ist reine Spekulation, Kollegen. Aber jeder Anhaltspunkt kann wichtig sein. Außerdem interessiert es mich, ob der Vater dieses Sohnes noch lebt und was Mrs Holligan zu dieser ganzen Sache zu sagen hat. Nur schien mir heute der Zeitpunkt nicht so glücklich, sie danach zu fragen.«
»Was meint ihr«, fragte Peter, »ob dieser komische Spinner Richard vielleicht dahinter steckt? Ich für meine Person würde ihm glatt zutrauen, so ein Horrorspektakel zu veranstalten. Wir sind während unserer Karriere immerhin schon vielen skurrilen Typen begegnet, denen das Ausmaß ihrer üblen Späße oft gar nicht bewusst war.«
»Auf jeden Fall werden wir ihn und Mrs Holligans geheimnisvollen Sohn auf die Verdächtigenliste setzen. Doch als Erstes sollte einer von uns einen kleinen Psychologiekursus absolvieren. Denn unser Haupträtsel haben wir noch immer nicht gelöst.«
Peter und Bob blickten ihren Chef verwundert an.
»Könntest du dich vielleicht etwas klarer ausdrücken, Erster?« Der für Recherchen und Archiv zuständige Detektiv hasste es, wenn Justus Andeutungen machte und man ihm die Informationen aus der Nase ziehen musste.
»Ich möchte endlich von Dr. Franklin wissen, warum sie Mrs Holligan untersagt hat, mit Außenstehenden über die angeblich eingebildete Stimme zu sprechen. Und ich bin auf ihr Statement gespannt, wenn wir ihr verklickern, dass diese Geisterstimme tatsächlich real existiert.«
»Wo liegt da der Sinn?«, fragte Bob. »Meinst du etwa, die Gesprächstherapeutin könnte dahinter stecken?«
»Unsinn!« Justus griff nach einem dicken Wälzer auf dem Schreibtisch. ›Gesprächstherapie und ihre Heilungschancen‹ stand in großen Goldbuchstaben auf dem Einband. »Ich habe mir einige Kapitel dieses Buches durchgelesen und muss gestehen: Ich bin kein bisschen schlauer. Nirgends wird mit einer Silbe ein Heilungsverfahren beschrieben, in dem dem Patienten nahe gelegt wird, sich über seine Probleme auszuschweigen.«
Bob nahm den dicken Psychologieschmöker und ließ die nahezu tausend Seiten durch seine Finger gleiten. »Vielleicht ist dieses Buch aber auch nicht auf dem neuesten Stand und Doktor Franklin wagt sich gerade mit Mrs Holligan auf ein neues Gebiet. Vielleicht benutzt die Gesprächstherapeutin sie auch als Versuchskaninchen.«
»Das wäre möglich«, warf Peter ein. »Doch ich verstehe nicht ganz, worin der Sinn liegen könnte, Informationen über bestimmte Therapiemethoden einzuholen? Ich meine, wenn du Dr. Franklin nicht verdächtigst, wozu dann dieser Aufwand?«
»Weil mich interessiert, wie sich eine Psychotherapeutin an die Probleme ihrer Patienten herantastet. Immerhin wird sie etwas damit bezwecken, wenn sie Mrs Holligan ein unsichtbares Pflaster auf den Mund klebt. Womöglich kann diese Information für unsere zukünftige Laufbahn von Nutzen sein. Dr. Franklin genießt in der Fachwelt größtes Ansehen mit ihren Therapien. Und wenn wir die Möglichkeit haben unser Wissen zu erweitern, sollten wir zugreifen. Vielleicht kommen wir anschließend auch besser mit Mrs Holligan klar.«
Peter war hingegen nicht sehr optimistisch. »Über die wird uns Dr. Franklin aber mit Sicherheit nichts erzählen. Wir haben zwar schon Stumme zum Reden gebracht, aber an der ärztlichen Schweigepflicht werden wir uns die Zähne ausbeißen.«
»Dann müssen wir es eben raffinierter einfädeln.« Bob war Feuer und Flamme. »Ich wollte schon immer mal einem Psychotherapeuten meine Sorgen unterbreiten. Du kannst nicht noch mal in der Praxis einlaufen, Just. Das wäre zu auffällig. Also melde ich mich freiwillig. Ich hau mich bei der Therapeutin auf die Couch und werde mal austesten, was sie so draufhat.«
»Ausgezeichnet, Bob!« Justus war
Weitere Kostenlose Bücher