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Stimmen aus dem Nichts

Stimmen aus dem Nichts

Titel: Stimmen aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Minninger
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wechselte der Tonfall des anderen Teilnehmers. Wie zuvor Dr. Franklin, redete der Mann in der Leitung nun entspannt und beschwörend auf die Therapeutin ein. »Ruhig. Ganz ruhig. Ich fahre sofort hin und kläre das.«
    »Ich komme mit!«
    »In Ordnung. Wann kannst du dort sein?«
    »Dreißig Minuten. Aber was mache ich so lange mit diesem Jungen hier?«
    »Spritz ihm irgendwas. Er darf auf keinen Fall vor zwei Stunden aufwachen. Um ihn kümmern wir uns später. Also, bis gleich und behalt vor allem die Nerven. Ich werde unten vor unserer Wohnung im Wagen auf dich warten.«
    Ein Zucken fuhr durch Dr. Franklins Gesicht. »Jack?«
    »Was ist denn noch?«
    »Ich liebe dich«, flüsterte sie kaum hörbar, dann drückte ihr Finger auf eine Taste und die Verbindung war beendet. Das Handy glitt zurück in ihre Rocktasche.
    Bob atmete noch immer ruhig und entspannt. Dr. Franklin zog kaum hörbar eine Schublade des kleinen Medizinschränkchens auf und entnahm ihr eine Ampulle, deren Inhalt sie mit ruhigen Händen in eine gläserne, lange Spritze zog. Ohne seine Haut vorher zu desinfizieren, pikste sie die lange Nadel in Bobs Armbeuge und injizierte ihm das betäubende Schlafmittel direkt in die Blutbahn.

Der letzte Wille
    Alle Fenster des Hauses in der Blomingdale Road waren von innen mit Gardinen verhängt. Als Justus und Peter dort eintrafen, war in der vornehmen Straße kein Mensch zu sehen. Trotzdem waren sie vorsichtig und näherten sich unauffällig durch den kleinen Vorgarten der Haustür. Sie entdeckten neben der Klingel ein kleines Metallschild, auf dem die Namen ›Cliffwater & Franklin‹ eingraviert waren. Justus betätigte zur Vorsicht die Klingel und wartete ab. Im Haus blieb alles ruhig. Nichts regte sich. Eine Alarmanlage war nicht zu sehen.
    Peter schritt zur Tat und zog den Dietrich aus seiner Tasche. Er steckte ihn in das altertümliche Schlüsselloch, rumorte einige Sekunden mit dem Werkzeug darin herum und grinste verschmitzt, als sich die Tür mit einem leisen Quietschen öffnete.
    »Bitte treten Sie ein, mein Herr«, witzelte er und ließ die Tür wieder ins Schloss fallen, als sie im Haus waren.
    Vom Flur gingen mehrere Türen ab. Jede von ihnen stand offen und gab den Blick in die jeweiligen Zimmer frei. Justus ging forsch voran und begutachtete die Räumlichkeiten. In der Küche war nichts Außergewöhnliches zu sehen, schmutziges Geschirr stapelte sich im Abwaschbecken und drohte beinahe umzukippen.
    Der Erste Detektiv betrat mit Peter das angrenzende Zimmer und stieß einen Überraschungspfiff aus. Sie befanden sich im Büro des Notars. Säuberlich beschriftet und alphabetisch sortiert erstreckte sich eine enorme Ansammlung von Akten über mehrere Regale. Zielstrebig ging Justus auf ein Regal zu. An einem Ende war mit Klebeband ein kleines Pappschild mit dem Buchstaben ›H‹ befestigt. Justus zog den Ordner, mit der Beschriftung ›Holligan‹ heraus.
    »Das ging ja schneller, als ich zu hoffen wagte«, bemerkte er leise und setzte sich mit der Akte an den luxuriösen Schreibtisch. Er blätterte in einigen Seiten herum und tippte schließlich mit einem Finger auf das gesuchte Schriftstück. »Hier haben wir es schon!« Dann fiel sein Blick in die Ecke des Büros und seine Augen erhellten sich. »Peter, schmeiß den Kopierer an! Wir ziehen uns ein Duplikat des Testaments und legen das Original dann wieder zurück in den Ordner. Cliffwater und seine liebreizende Clarissa werden gar nicht bemerken, dass wir hier in ihrem Büro herumgeschnüffelt haben!«
    »Willst du das Testament nicht wenigstens durchlesen?«
    »Sicher«, erwiderte Justus. »Der Fotokopierer braucht seine Zeit, um warm zu laufen.«
    Peter schaltete das Gerät ein. Dann setzte er sich zu Justus auf den Schreibtisch.
    »Diese Verbrecher. . .«, murmelte Justus beim Überfliegen des Schriftstücks. »Hier, Zweiter, hör dir das an:
    ›Ich, Abigail Holligan, im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, habe im Leben alle Höhen und Tiefen erlebt. Ich empfand Trauer und Glück, Schmerz und Gesundheit und spüre nun, dass langsam die Zeit naht, ans Abschiednehmen zu denken. Ich habe mir nie etwas aus meinem Vermögen gemacht und ich verachte diejenigen, denen materielle Güter wichtiger erscheinen als geistige Schätze.
    Liebe, Freundschaft und Zuneigung hatten in meinem Leben erste Priorität. Doch zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass diese Werte den meisten Menschen nichts bedeuten.
    Ich glaube an ein Leben nach dem Tod und bin

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