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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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misstrauisch über das Handtuch, als müsste sie abschätzen, ob von diesem harmlosen Objekt nicht doch eine tödliche Gefahr ausging.
    »Nimm es mit beiden Händen«, sagte er. »Zieh es straff auseinander, halt es fest und konzentrier dich dabei auf deine Hände. Solange deine Hände beschäftigt sind, wirst du mir schon nichts tun.«
    Mit skeptischem Blick nahm sie das Handtuch.
    »Nein, wirklich«, sagte er. »Was könntest du damit schon anstellen, außer es mir auf den Hintern zu klatschen?«
    »Was eine durchaus verlockende Vorstellung ist.«
    »Ja, aber es besteht eine reelle Chance, dass ich es überleben würde.« Als er sah, dass sie immer noch zögerte, fügte er hinzu: »Außerdem habe ich den Föhn. Wenn du eine falsche Bewegung machst, riskierst du eine dicke Lippe, die du nicht so leicht vergessen wirst.«
    »Ich komme mir vor wie eine Zicke.«
    »Das bist du keineswegs.«
    Valet stand an der Tür und schnaubte vernehmlich.
    »Siehst du, zwei zu eins gegen die Zickentheorie«, sagte Dusty.
    »Bringen wir es hinter uns«, sagte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Dreh dich zum Waschbecken, und kehr mir den Rücken zu, wenn du glaubst, dass das sicherer für mich ist.«
    Sie drehte sich zum Waschbecken um, schloss aber die Augen, um nicht in den Spiegel sehen zu müssen.
    Obwohl es im Badezimmer nicht kalt war, hatte Martie Gänsehaut auf dem Rücken.
    Dusty nahm eine Bürste und brachte damit ihr wunderbar dichtes, schwarzes Haar im warmen Luftstrom des Föhns in Form, so wie er es bei ihr oft beobachtet hatte.
    Seit er Martie kannte, hatte es Dusty gefallen, ihr bei der Körperpflege zuzusehen. Ob sie ihr Haar schamponierte, sich die Nägel lackierte, Make-up auflegte oder sich mit Sonnenschutzmittel eincremte, immer war sie mit einer selbstvergessenen, fast träumerischen Gründlichkeit bei der Sache, die ihn an die genießerische Eleganz einer Katze beim Putzen erinnerte. Eine Löwin, die sich bar jedweder Eitelkeit ihrer Schönheit bewusst war.
    Bisher hatte er in Martie immer eine starke Frau gesehen, die sich durch nichts unterkriegen ließ, und er hatte sich nie Sorgen darum gemacht, was aus ihr werden würde, wenn das Schicksal es so wollte, dass er einmal von einem hohen Dach stürzte und ein jähes Ende fand. Jetzt machte er sich Sorgen – und diese Sorgen erschienen ihm wie eine Beleidigung, weil er das Gefühl hatte, sie zu bemitleiden, was er eigentlich keineswegs tat. Sie war immer noch zu sehr Martie , und die Martie, wie er sie kannte, hatte nichts Mitleiderregendes an sich. Andererseits wirkte sie nun erschreckend verletzlich, ihr Hals so zart, ihre Schultern so schmal, die Wirbel in der Furche ihres Rückgrats so zerbrechlich, dass er um diese geliebte Frau eine Angst empfand, deren Ausmaß sie nicht einmal ahnen durfte.
    Wie hatte der große Philosoph Skeet doch einmal gesagt: Die Liebe ist eine Last, die ich nicht tragen möchte.
    *
    In der Küche geschah etwas Seltsames. Eigentlich war alles seltsam, was in der Küche geschah, aber am seltsamsten war das, was als Letztes geschah, bevor sie aus dem Haus gingen.
    Es begann damit, dass Martie stocksteif auf einem der Küchenstühle hockte und die Hände so weit unter die Oberschenkel geschoben hatte, dass sie regelrecht darauf saß , als befürchtete sie, sie könnte sonst irgendeinen Gegenstand in ihrer Reichweite nehmen und gegen Dusty erheben.
    Weil ihr für Laboruntersuchungen Blut abgenommen werden sollte, musste sie bis zu ihrem Besuch beim Arzt am späteren Vormittag nüchtern bleiben.
    Es machte sie nervös, untätig in der Küche herumsitzen zu müssen, während Valet sein Trockenfutter herunterschlang und Dusty ein Glas Milch trank und dazu einen Doughnut aß. Neid auf die beiden, weil sie sich hemmungslos ihrem Essvergnügen hingeben durften, war jedoch nicht der Grund ihrer Nervosität. »Ich weiß, dass es hier in den Schubladen scharfe Messer gibt«, sagte sie mit hörbarer Angst in der Stimme.
    »Ich weiß, wo es noch ganz andere scharfe Sachen gibt«, sagte Dusty und zwinkerte ihr dabei anzüglich zu.
    »Verdammt, kannst du das Ganze nicht endlich einmal ernst nehmen?«
    »Wenn ich das tue, können wir beide auch gleich den Strick nehmen.«
    Obwohl sie die Stirn in noch tiefere Falten zog, wusste er, dass sie ihm insgeheim Recht gab.
    »So wie du da rumstehst, Vollmilch trinkst und Doughnuts mit Zuckerguss und Puddingfüllung in dich reinstopfst, sieht es aus, als wärst du bereits auf dem besten Wege zum

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