Stimmen der Angst
Geschichte des Verbrechens, so berüchtigt wie der von Charles Manson.
Skeet hatte sich jedoch, wahrscheinlich, weil man ihm das Gehirn schon in Kindertagen mit dermaßen viel Chemie verätzt hatte, als denkbar ungeeignetes Objekt für die Programmierung erwiesen. Seine Konzentrationsfähigkeit war – selbst im Zustand der Hypnose – miserabel, und es fiel ihm schwer, den rudimentären Schlüsselcode seiner mentalen Konditionierung im Unterbewusstsein zu speichern. Statt der üblichen drei Programmierungssitzungen hatte der Arzt bei Skeet deren sechs benötigt, und in der Folgezeit waren mehrere kurze – so etwas hatte es noch nie gegeben – Reparatursitzungen erforderlich gewesen, um schadhafte Teile des Programms neu zu installieren.
Manchmal kam es vor, dass Skeet sich schon bei der Nennung des Namens Dr. Yen Lo seiner Kontrolle unterwarf, noch bevor Ahriman dazu kam, ihn durch sein Haiku zu führen. Das Sicherheitsrisiko, das mit einem so leichten Zugang verbunden war, konnte er unmöglich dulden.
Früher oder später war Skeet reif für eine Büroklammer, sinnbildlich gesprochen. Am Dienstagvormittag hätte er eigentlich sterben sollen. Heute Abend war es nun definitiv soweit.
Die Würfel rollten aus und ergaben eine Neun. Das Kartenspiel lieferte ihm eine Karodame.
Nach kurzer Berechnung ermittelte Ahriman, dass der nächste Schuss von einer Figur kommen würde, die auf der Südwestseite von Fort Alamo auf dem Dach Stellung bezogen hatte: einer aus Eliot Ness’ treuem Gefolge. Zweifellos sann der FBI-Mann in seinem Schmerz auf blutige Rache. Seine Waffe war eine Murmel, die eine tödlichere Durchschlagskraft hatte als eine Büroklammer, und von seinem günstigen Standort aus konnte er vielleicht empfindliche Lücken in die Reihen der mexikanischen Soldaten und des abstoßenden Gangsterpacks reißen, das den Tag noch verwünschen würde, an dem es sich auf seine schmutzigen Handlangerdienste für Al Capone eingelassen hatte.
*
»Sie hat nicht Selbstmord begangen«, wiederholte Dusty mit leiser Stimme und beugte sich verschwörerisch vor, obwohl sie bei dem lärmenden Stimmengewirr aus der Bar niemand in ihrer Nische hätte belauschen können.
Martie war verblüfft über die Gewissheit, die aus seiner Stimme sprach. Aufgeschnittene Pulsadern. Keine Spuren, die auf einen Kampf hingedeutet hätten. Ein Abschiedsbrief in Susans Schrift. Die Diagnose eines Selbstmords war unwiderleglich.
Dusty hob die Rechte und ließ mit jedem Argument, das er vorbrachte, einen Finger aus der geballten Faust in die Höhe schnellen. »Punkt eins – gestern im New Life wurde Skeet durch den Namen Dr. Yen Lo aktiviert, und dann sind wir gemeinsam auf das Haiku gestoßen, das mir den Schlüssel zur Programmierung seines Unterbewusstseins verschafft hat.«
»Programmierung«, sagte Martie zweifelnd. »Es fällt mir immer noch schwer, das zu glauben.«
»Ich sehe es als Programmierung. Er hat auf Instruktionen gewartet. Missionen hat er sie genannt. Punkt zwei – als ich die Geduld verloren und ihm gesagt habe, er soll mich in Ruhe lassen und einfach einschlafen, ist er augenblicklich weggetreten. Er hat einem völlig unmöglichen Befehl gehorcht . Also wirklich, wie kann man von einer Sekunde auf die andere auf Befehl einschlafen? Punkt drei – gestern Vormittag, als er sich vom Dach stürzen wollte, hat er gesagt, jemand hätte ihm befohlen zu springen.«
»Ja, ja, der Todesengel.«
»Ich gebe zu, dass er mit Drogen zugeknallt war. Aber das heißt noch lange nicht, dass nicht ein Fünkchen Wahrheit in dem steckt, was er gesagt hat. Punkt vier – der Soldat, den sie in Botschafter der Angst einer Gehirnwäsche unterzogen haben, wird auf Befehl der Leute, die ihn fernlenken, zum Mörder und weiß anschließend nichts mehr von dem, was er getan hat, aber – und jetzt pass auf! – er würde sich auf Befehl derselben Leute auch selbst umbringen, wenn es notwendig wäre.«
»Es ist bloß ein Thriller.«
»Ja, ich weiß. Er ist gut geschrieben. Die Handlung ist spannend. Die Figuren sind lebendig geschildert. Du genießt die Lektüre.«
Weil Martie darauf keine Entgegnung einfiel, trank sie noch einen Schluck Bier.
General Santa Anna war tot, und die Geschichte wurde neu geschrieben. Al Capone musste nun das Kommando über die vereinigten Truppen der Mexikaner und der Chicagoer Unterwelt übernehmen.
Das Fähnlein der Aufrechten, die El Alamo verteidigten, tat gut daran, mit der Siegesfeier noch ein wenig zu
Weitere Kostenlose Bücher