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Stimmt's?

Stimmt's?

Titel: Stimmt's? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Drösser
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enchaîné
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    Welche Version stimmt nun? Martin Welke, der als wichtigster deutscher Zeitungshistoriker eine große Sammlung alter Zeitungen pflegt, war eigentlich auch ein Anhänger der n.-t.-Theorie. Bis er eine Karikatur von 1849 mit dem Titel «Der journalistische Eiertanz» entdeckte, auf der ein Schreiberling mit all seinen Utensilien abgebildet ist – und aus seiner Umhängetasche lugen zwei Enten, die auch noch entsprechend beschriftet sind. Wenn der Vogel schon so lange mitdem Journalismus in Verbindung gebracht wird, sagt Welke, dann ist die Erklärung mit dem n. t. wohl eine schöne, aber leider eine Ente.

Erdbeeraroma wird aus Sägespänen hergestellt
    Stimmt nicht. Auf die Idee, Aromen künstlich herzustellen, kommen die Lebensmittelfirmen aus zwei Gründen: Erstens gibt es nicht genügend Erdbeeren, um alle Erdbeerjoghurts der Welt mit ausreichend Aroma zu versorgen. Und zweitens sind künstlich hergestellte Aromen viel billiger als die originalen.
    Trotzdem – das mit dem Erdbeeraroma aus Sägespänen ist ein hartnäckiges, aber falsches Gerücht, das einmal von einem großen deutschen Nachrichtenmagazin in die Welt gesetzt wurde. Den mageren wahren Kern erläutert Kirsten Hesse von dem Aromenhersteller Symrise in Holzminden: Der typische Erdbeergeschmack ist ein komplexes Gemisch vieler Aromen, eines davon ist Vanillin. Und Vanillin lässt sich durch zwei einfache chemische Schritte aus Lignin herstellen, das in Holz enthalten ist. Früher wurde Vanillin tatsächlich aus Holz gewonnen, heute stellt man es mit anderen Verfahren her, die nicht unbedingt appetitlicher sind: etwa aus Sulfit-Abfällen, die bei der Papierproduktion übrig bleiben.
    Für den Verbraucher ist es schwer zu beurteilen, welche Stoffe seine Sinne täuschen. Das Prädikat «natürliches Erdbeeraroma» bedeutet nämlich lediglich, dass das Aroma durch physikalische und chemische Prozesse aus Material gewonnen wird, «das nachweislich vom Menschen verzehrt wird». Das müssen nicht zwingend Erdbeeren sein. Aromen aus Sägespänen dürften sich allenfalls «naturidentischer Aromastoff» nennen. Woraus das Erdbeeraroma nun wirklich besteht, verrät der Hersteller nicht.

Im Mittelalter glaubten die Menschen, die Erde sei eine Scheibe
    Stimmt nicht. Dass die Erde (annähernd) eine Kugel ist, war schon den alten Griechen bekannt – Eratosthenes hat ja sogar den Erdumfang erstaunlich genau berechnet, indem er den Schatten der Sonne an unterschiedlichen Orten verglich. Auch die Beobachtung, dass ein wegfahrendes Schiff langsam am Horizont «versinkt», ist seit Jahrtausenden bekannt – ein Beweis dafür, dass die Erdoberfläche gekrümmt ist. Und Aristoteles bemerkte, dass bei einer Mondfinsternis der Erdschatten einen gekrümmten Rand hat.
    Das Mittelalter mag dann eine dunkle Phase des Rückschritts gewesen sein. Trotzdem geriet nicht sämtliches Wissen in Vergessenheit – die Lehren des Aristoteles etwa wurden auch im Mittelalter hochgehalten. Und die Gegner von Christoph Kolumbus, die ihm von seiner gewagten Fahrt gen Westen abrieten, glaubten nicht etwa, dass er von der Scheibe hinunterplumpsen würde. Im Gegenteil – sie schätzten den Erdumfang realistischer ein als der Entdecker. Eine Fahrt bis nach Indien wäre mit den damaligen Mitteln unmöglich gewesen.
    Der Bonner Skandinavist Rudolf Simek hat nun für seine Habilitationsschrift über altnordische Kosmographie noch einmal nach Belegen dafür gesucht, dass die Menschen wieder zur Vorstellung der Scheibenwelt zurückkehrten – vergeblich, wie die Zeitschrift
Geo
berichtet. Zwar sind alle Weltkarten der damaligen Zeit flach – aber das sind unsere heutigen Karten ja auch. Nur wurde damals der gesamte Erdkreis auf einer Fläche dargestellt, während wir jeweils eine Halbkugel auf einen Kreis projizieren.
    Den Ursprung der Legende sieht Simek in der Zeit der Aufklärung. Im 17.   Jahrhundert machte man sich gern über die düstere Vergangenheit lustig und zerrte dafür obskure Schriften einiger wissenschaftlicher Außenseiter hervor. Aber skurrile Vorstellungen gab es zu allen Zeiten – wie man leicht sieht, wenn man das Internet nachdem Begriff «Flat Earth Society» durchsucht. Es gibt nicht nur Leute, die an eine flache Erde glauben, andere meinen sogar, wir lebten auf der Innenseite einer Hohlkugel.
    Die Erde stellte man sich also auch im Mittelalter kugelförmig vor – allerdings als Zentrum des Universums. Man spekulierte sogar darüber, ob es auf der

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