Stirb für mich: Thriller
dreiunddreißig keine Beziehung mehr gehabt?«
Sie zuckte die Achseln. »An mangelnder Gelegenheit lag es nicht«, sagte sie. »Es ist nur …«
Das Handy in seiner Tasche summte. Mercy. Verdammt. Da musste er rangehen. Er entschuldigte sich und verließ die Küche.
»Ich hab sie«, sagte Mercy. »Wir sind zu Hause. Sie ist oben in ihrem Zimmer und schmollt.«
»Und? Was war da los?«
»Karens neuer Freund ist Mitglied eines Rings von Zigarettenschmugglern. Sie haben Gruppen von Mädchen auf die Kanaren geschickt, wo man ihnen Koffer voller Zigaretten übergibt, die sie mit zurück nach England bringen. Die Mädchen amüsieren sich ein paar Tage, alle Kosten werden übernommen, und dafür bringt jedes achttausend Zigaretten mit nach Hause. Preis pro Schachtel auf den Kanaren drei Euro, in Großbritannien sieben Pfund. Selbst bei einem beschissenen Wechselkurs und Preisnachlass sind das pro Packung drei Pfund Profit. Zwölfhundert Pfund pro Mädchen. Flug, Hotel, Clubs, Drinks können zusammen nicht mehr als ein paar hundert Pfund kosten. Sechs Mädchen, sechs Riesen …«
»Es wird nicht lange dauern, bis der Zoll dahinterkommt.«
»Ich hab ihnen erklärt, dass sie von Glück reden können, dass sie nicht schon vor ihrer Volljährigkeit vorbestraft sind.«
»Wie hat Amy es aufgenommen?«
»Schlecht. Sehr ausfallend«, sagte Mercy. »Aber weißt du, ich hab sie beobachtet, bevor sie mich entdeckt hat. Sie saß in dem Warteraum auf dem Bahnsteig und hat sich mit einem Paar in unserem Alter unterhalten. Sie war fantastisch. Reizend. Amüsant. Ich meine, absolut hinreißend. Ich habe sie kaum wiedererkannt. Vielleicht liegt es nur an uns, Charlie; wir sind das Problem oder vielleicht auch nur ich.«
»Wir beide.«
»Was sollen wir bloß mit ihr machen?«
»Was immer du tust, Mercy, verlier nicht die Nerven«, sagte Boxer. »Als Erstes muss mal jemand ein Auge auf sie haben, solange wir an diesem Fall arbeiten.«
»Ich hab schon rumtelefoniert«, sagte Mercy. »Keiner der üblichen Verdächtigen kann sie übernehmen.«
»Soll ich meine Mutter fragen?«
»Die versoffene alte Schachtel?«
»Wenigstens verstehen sie sich«, sagte Boxer. »Außerdem trinkt sie offenbar weniger, wenn Amy da ist. Es könnte beiden guttun.«
»Und Amy übernimmt das Kochen.«
»Ich ruf sie an«, sagte Boxer. »Und mach dir keine Vorwürfe, Mercy. Wir sind alle daran beteiligt. Auch Amy.«
»Ich liebe sie, und sie schleudert mir nur Hass entgegen. Das zermürbt mich, Charlie.«
Er stellte sich vor, wie sie die Stirn an die Wand legte, und wünschte sich, dass alles leichter wäre.
»Wo bist du jetzt?«, fragte Mercy.
»Im Haus der Mutter in Kensington«, sagte Boxer. »Kommst du morgen vorbei, um sie kennenzulernen?«
»Nicht vor elf. Zuerst treffe ich den Detective Chief Superintendent.«
»Ich ruf Amy an.«
»Viel Glück. Ich bezweifle, dass sie drangeht.«
Sie legten auf. Boxer versuchte, Amy zu erreichen. Keine Antwort. Er ging zurück in die Küche.
»Ärger zu Hause?«, fragte Isabel.
»Es ist kompliziert«, sagte Boxer.
»Daran bin ich gewöhnt.«
»Mercy Danquah ist nicht nur mein Co-Consultant in diesem Fall. Das Foto, das ich dir vorhin gezeigt habe, ist von unserer gemeinsamen Tochter. Wir haben uns noch vor Amys Geburt getrennt, sind aber gute Freunde geblieben. Sieht so aus, als würde Amy ihren Horizont schneller erweitern, als uns lieb ist«, sagte Boxer und berichtete, was passiert war.
»Ich kann nicht glauben, dass du hier so ruhig mit mir redest bei allem, was bei dir im Hintergrund abläuft.«
»So ist der Job«, sagte Boxer.
»Nie Gefühle zeigen?«
»Sie kontrollieren«, sagte Boxer. »Außerdem habe ich im Laufe der Jahre einen Instinkt dafür entwickelt, wann irgendwas wirklich schiefläuft.«
»Wie hast du Mercy kennengelernt?«
»Ich war in der Armee, sie auf dem College«, sagte er und versuchte, sich die Lügen zu merken, die sich häuften. »Wir hatten eine Affäre, sie wurde schwanger. Wir haben ungefähr eine Woche zusammengelebt, ehe wir gemerkt haben, dass wir eher Freunde als ein Liebespaar sind. Wir haben uns getrennt und Amy geteilt.«
»Wie habt ihr gemerkt, dass ihr nur Freunde seid?«
»Wir haben uns gegenseitig alles erzählt und festgestellt, dass wir uns zu ähnlich waren«, sagte Boxer. »Es gab keine Anziehung der Gegensätze. Wir hatten nichts zu verbergen und nichts, was wir verzweifelt wissen wollten. Das heißt nicht, dass ich sie nicht mit meinem Leben
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