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Stirb schön

Stirb schön

Titel: Stirb schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Ehemann davon.« Sie lächelte und fügte sanft hinzu: »Aber du siehst nicht aus, als ob du Frauen verprügelst.«
    »Ich glaube, ihre Eltern argwöhnen noch immer, dass ich sie im Keller vergraben habe.«
    »Haben sie dich tatsächlich beschuldigt?«
    »Nein, sie sind sehr nett, so etwas würden sie nicht tun. Aber ich lese es in ihren Gesichtern. Sie laden mich ab und zu sonntags zum Essen ein, um Kontakt zu halten, aber eigentlich wollen sie Neuigkeiten hören. Ich habe nie viel zu berichten, und sie schauen mich dann so seltsam an, als wollten sie sagen: Wie lange kann er die Lügen über Sandy noch durchhalten? «
    »Das ist furchtbar.«
    Grace schaute auf die funkelnden Ringe an Cleos Händen und dachte, welch guten Geschmack sie besaß. »Sie war ihr einziges Kind; ihr Verschwinden hat ihr Leben zerstört. Das kenne ich von meiner Arbeit. Die Menschen brauchen etwas, an dem sie sich festhalten, auf das sie ihre Gefühle richten können.« Er zog noch einmal an seiner Zigarette und drückte sie neben dem Preisschild im Aschenbecher aus. »So, genug von mir. Jetzt möchte ich etwas über dich erfahren. Erzähl mir von der anderen Cleo Morey.«
    »Der anderen Cleo Morey?«
    »Ich meine die, in die du dich verwandelst, wenn du das Leichenschauhaus verlässt.«
    »Ich bin aber noch lange nicht fertig mit dir«, meinte sie scherzhaft.
    Er sah, dass sie ebenfalls ausgetrunken hatte, und bestellte für beide noch einen Drink. »Tut mir Leid, aber jetzt schuldest du mir eine Antwort.«
    Sie verzog das Gesicht, worauf er grinsen musste. »Ich möchte wissen, weshalb die schönste Frau der Welt den grauenvollsten Job der Welt hat.«
    »Früher war ich Krankenschwester, hab meinen Abschluss an der Southampton University gemacht. Allerdings war ich keine besonders gute Krankenschwester, es fehlte mir wohl an Geduld. Dann verbrachte ich einige Wochen im Leichenschauhaus des städtischen Krankenhauses und fand – wie soll ich das beschreiben –, ich fand heraus, dass ich an diesem Ort etwas leisten konnte. Hast du mal was von Tschuang Tse gelesen?«
    »Ich bin nur ein blöder Bulle aus dem finsteren Brighton. So was Abgehobenes lese ich nicht. Wer soll das sein?«
    »Einer der taoistischen Philosophen Chinas.«
    »Natürlich, wie konnte ich das vergessen.«
    Sie steckte den Finger in das geschmolzene Eis in ihrem Glas und bespritzte ihn mit Wasser. »Tu nicht so dämlich.«
    Er zuckte zusammen, als ihn ein Wassertropfen an der Stirn traf. »Ich tu gar nicht dämlich.«
    »Und ob!«
    »Na sag schon, was dieser Tschuang Tse geschrieben hat.«
    »›Die Raupe nennt es das Ende der Welt, der Meister nennt es Schmetterling.‹«
    »Also verwandelst du deine Leichen in Schmetterlinge?«
    »Wenn ich das nur könnte.«
     
    Grace war völlig trunken von Cleos Gegenwart und dem Alkohol, weshalb ihm gar nicht aufgefallen war, dass alle anderen Gäste bereits gegangen waren und das Personal ungeduldig auf den Feierabend wartete.
    Cleo wollte nach der Rechnung greifen, doch er kam ihr zuvor.
    »Na gut, aber das nächste Essen geht auf mich.«
    »Abgemacht.« Er warf seine Kreditkarte hin und hoffte, dass noch genügend Geld auf dem Konto war. Ein paar Minuten später wankten sie in den frischen Wind hinaus. Er hielt Cleo die Taxitür auf und stieg hinter ihr ein. Sein Kopf fuhr Karussell.
    Er wusste nicht mehr, wie viel sie getrunken hatten. Zwei Flaschen Wein, später Sambuca. Und vor dem Essen auch schon. Er legte einen Arm auf die Rückenlehne, und Cleo kuschelte sich an ihn. »War schön«, murmelte er, »ich meine, ich …«
    Dann presste sich ihr Mund auf seinen. Ihre Lippen waren so weich, so unglaublich weich. Ihre Zunge drängte hungrig gegen seine. Sekunden später, wie es schien, hielt das Taxi vor ihrer Wohnung im schicken North-Laines-Viertel mitten in der Stadt. Durch den Alkoholnebel erkannte er den Häuserblock, eine kürzlich umgebaute Fabrik, über die viel in den Medien berichtet worden war.
    Er bat den Taxifahrer zu warten, während er Cleo zur Tür brachte. Auf einmal wusste er nicht weiter. Sie küssten sich wieder. Er hielt sie fest, schwankte ein wenig, fuhr durch ihr langes, weiches Haar, atmete ihr Parfum ein, trunken von der Nacht, Cleos Duft, ihrer Weichheit und Wärme.
    Kurz darauf kam er mit einem Ruck zu sich. Er saß auf dem Rücksitz des Taxis, ein Piepsen kündigte eine SMS an. Scheiße, das bedeutet Arbeit, dachte er.
    Er tippte ungeschickt auf den Tasten herum. Die Nachricht kam von Cleo und

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