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Stoner: Roman (German Edition)

Stoner: Roman (German Edition)

Titel: Stoner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Williams
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Meinen Sie nicht?«
    Ehrhardt langte nach seiner Pfeife, umfasste den Kopf mit festem Griff und stierte ihn mit wildem Blick an. »Ich … ich werde Professor Lomax von Ihrem Entschluss berichten.«
    »Da wäre ich Ihnen sehr dankbar«, sagte Stoner, erhob sich aus dem Sessel, ging zur Tür und blieb stehen, als wäre ihm etwas eingefallen; dann wandte er sich erneut zu Ehrhardt um. Wie beiläufig sagte er: »Ach, noch etwas. Ich habe ein wenig über das nächste Semester nachgedacht. Sollte mein Experiment erfolgreich verlaufen, werde ich im nächsten Semester möglicherweise noch etwas Neues probieren. Ich habe daran gedacht, einige Probleme der Dichtung näher zu beleuchten, indem ich den anhaltenden Einfluss klassischen und mittelalterlichen Lateins auf einigeShakespeare-Stücke untersuche. Auch wenn es etwas speziell klingt, könnte ich mir vorstellen, dass es sich auf unterrichtbarem Niveau präsentieren lässt. Vielleicht berichten Sie Lomax von meiner kleinen Idee – und bitten ihn, sie sich durch den Kopf gehen zu lassen. Gut möglich, dass Sie und ich in einigen Wochen …«
    Ehrhardt sackte in seinem Sessel zusammen, legte die Pfeife zurück auf den Tisch und sagte müde: »Also gut, Bill. Ich sag’s ihm. Und danke Ihnen, dass Sie vorbeigekommen sind.«
    Stoner nickte, öffnete die Tür, trat hinaus, schloss sie wieder behutsam hinter sich und ging zurück durch den langgezogenen Saal. Als einer der jungen Dozenten fragend aufblickte, zwinkerte er ihm zu, nickte und ließ dann – endlich – zu, dass sich ein Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.
    Er ging zurück in sein Büro, setzte sich an den Tisch, wartete und schaute durch die offene Tür. Nach wenigen Minuten hörte er weiter unten im Flur eine Tür zuknallen, vernahm unregelmäßige Schritte und sah Lomax an seinem Büro vorüberhasten, so rasch es ihm sein Humpeln erlaubte.
    Stoner rührte sich nicht von seinem Beobachtungsposten. Kaum eine halbe Stunde später hörte er, wie Lomax langsam, schleppend, die Treppe heraufkam, und sah ihn erneut an seinem Büro vorübergehen. Er wartete, bis er vernahm, wie irgendwo auf dem Flur eine Tür geschlossen wurde, nickte, stand auf und ging nach Hause.
    Erst einige Wochen später erfuhr Stoner von Finch, was an jenem Nachmittag passiert war, an dem Lomax in sein Büro gestürmt kam. Lomax beklagte sich bitterlich über Stoners Verhalten und erklärte, dass er, Stoner, in seinem Grundkurs Stoff unterrichtete, der in den Kurs Mittelenglisch für Fortgeschrittenegehöre, weshalb Lomax von Finch verlangte, dass er disziplinarische Maßnahmen ergreife. Darauf waren sie beide einen Moment still. Finch wollte etwas sagen, aber dann prustete er einfach los. Er lachte lange und versuchte immer wieder, etwas zu sagen, doch wurden seine Worte stets von neuen Lachanfällen verschluckt. Als er sich schließlich wieder beruhigt hatte, entschuldigte er sich bei Lomax für diesen Gefühlsausbruch und sagte: »Jetzt hat er Sie, Holly, verstehen Sie? Er wird auch nicht locker lassen, und Sie können verdammt noch mal nicht das Geringste dagegen tun. Sie wollen, dass ich Ihren Job für Sie erledige? Was glauben Sie, wie das ankommt – ein Dekan mischt sich in den Unterricht eines Seniorprofessors des Fachbereichs ein, und das auch noch auf Betreiben des Fachbereichsvorsitzenden? Nein, Sir. Damit müssen Sie selbst fertig werden, so gut Sie es eben können. Aber Ihnen bleibt da wirklich keine große Wahl, oder?«
    Zwei Wochen nach diesem Gespräch erhielt Stoner ein Memorandum aus Lomax’ Büro. Man informierte ihn, dass sich sein Lehrplan für das nächste Semester geändert habe und er wieder ein Doktorandenseminar über den Einfluss der lateinischen Dichter auf die Literatur der Renaissance halten werde, ein Oberseminar für mittelenglische Literatur und Sprache sowie den Einführungskurs Literatur für Zweitsemester und einen Grundkurs für Erstsemester.
    Es war auf seine Weise gewiss ein Triumph, doch einer, für den Stoner stets nur ein wenig amüsierte Verachtung hegte, beinahe so, als wäre der Sieg durch Langeweile und Gleichgültigkeit errungen worden.

XV
    UND DAS ZÄHLTE BALD ZU DEN LEGENDEN , die sich um seinen Namen zu ranken begannen, Legenden, die Jahr um Jahr ausgeschmückt und verfeinert wurden und sich wie Mythen von persönlicher Tatsache zu ritueller Wahrheit weiterentwickelten.
    Er war Ende vierzig, sah aber um Jahre älter aus. Das in seiner Jugend dichte, unbändige Haar war nun fast völlig

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