Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)
dass dieses Heulen sich in den Kopf bohrt und einem tiefste Geheimnisse aus dem Hirn zieht.
Das Blinde, Gierige auf vier Pfoten, das in uns allen steckt.
Ich klatschte mir die Hände auf die Ohren. Graves packte meinen Arm, bohrte seine Finger so kräftig hinein, dass er beinahe taub wurde, und zerrte mich zum Truck. Der Wagen war noch quer geparkt, aber ich hatte den Motor vorhin testweise gestartet, und da war er problemlos angesprungen. Dem Himmel sei Dank für Standheizungen!
Ich hätte gleich abfahren und aufs Packen verzichten sollen!
Noch ein langer Fellblitz schoss in die Garage, dessen haarige Pfoten auf dem glatten Betonboden mit Ölflecken von einem früheren Auto schlitterten. Graves stieß einen erstickten Schrei aus, während ich mich an ihn klammerte wie ein Mädchen in einem bescheuerten Horrorfilm. Der Wolf zog die Lefzen hoch und knurrte uns an, ehe er an uns vorbeisprang.
»Die bringen ihn um!«, schrie ich.
»Lieber ihn als uns!«, brüllte Graves zurück und zog mich zum Truck.
Der Himmel war aufgebrochen. Kleine Eisnadeln prasselten herab, wurden vom Wind verwirbelt und drehten sich umeinander. Graves riss die Fahrertür auf und kletterte hinein. Ich folgte ihm.
Es ist nicht richtig, ihn zurückzulassen. Nein, das war es nicht. Aber was sollten wir denn verdammt noch mal tun? Inzwischen kletterten sogar Werwölfe auf dem Dach herum, schmale menschenähnliche Gestalten mit Fell und orange gelben Augen wie Minilampen. Es waren mindestens sechs. Einer landete mit einem dumpfen Aufprall vor dem Truck, breitete die schlanken muskelbepackten Arme aus und zog die Oberlippen über seinem schwarzen Kiefer hoch, um ein Knurren von sich zu geben, bei dem das Armaturenbrett erzitterte.
Graves und ich schrien gleichzeitig, was befremdlich harmonisch klang und witzig gewesen wäre, hätten wir uns in einer weniger tödlichen Lage befunden.
Ich rammte den Zündschlüssel ins Schloss und drehte so energisch, dass er zu verbiegen drohte. Der Chevy sprang an, doch inmitten des Donners, der um mein Haus herum grollte, wirkte das Geräusch erbärmlich schwach.
O Gott o Gott … Ich rammte den Rückwärtsgang rein und sah mich lieber nicht um, wo ich hinfuhr. Durch das Rückfenster hätte ich wegen der Kartons ohnehin nicht gucken können. Der Truck schlingerte und preschte zurück, als der Werwolf vorwärtssprang, die Zunge halb aus dem Maul hängend und mit blitzenden Zähnen. Das Kabel der Standheizung riss aus der Dose und flog in hohem Bogen beiseite.
Graves hielt sich am Armaturenbrett fest, während der Wagen sich durch die schwächste Stelle im aufgeschütteten Schneeberg pflügte. Hier war ich bei meiner Rückkehr vor einigen Tagen eingebogen, und ich hatte Glück, sie heute auf Anhieb wieder zu treffen. Der Wagen neigte sich hinten, die Schneeketten knarrten, und ich schlug das Lenkrad etwas zu weit ein. Mit einem Ächzen schüttelte der Truck sich wie ein nasser Hund und beschloss, stehen zu bleiben.
Ich schaltete auf »Drive« und zögerte abermals. Christophe war da drinnen. August hatte gesagt, er wäre in Ordnung, und …
»DRU!«, brüllte Graves mich an, und ich trat wie besessen aufs Gaspedal. Die Ketten griffen, so dass wir vorwärtsschnellten. Doch im selben Moment zeigte Graves auf die Windschutzscheibe. Etwas Langes, Sehniges mit dünnen geäderten Flügeln landete auf der Motorhaube und knallte mit dem Schädel gegen das Glas.
Wieder schrie ich, was allerdings nur einem kurzen Bellen gleichkam, weil mir die Luft für mehr fehlte, und für einen winzigen Moment fiel mir alles wieder ein, was letzte Nacht geschehen war, nachdem mein bewusstloser, schlafwandelnder Körper das Fenster geöffnet hatte: die Zunge des Dings, die sich auf meine presste, kalt, ekelhaft schleimig, nach Gewürzen und totem, verrottendem Schlick stinkend, ähnlich einer gründlich missratenen selbstgegossenen Thanksgiving-Kerze.
Das exakte Gegenteil von Christophes gutem Geruch.
Christophe, der mit den Werwölfen im Haus kämpfte. Ich war zu beschäftigt, um darüber nachzudenken.
Kurzentschlossen stellte ich die Scheibenwischer an. Sie hieben gegen die feuchte Schnauze des Minitraumräubers. Sicherheitshalber drückte ich den Hebel und hoffte, dass der Scheibenreiniger nicht eingefroren war – was er aus unerfindlichen Gründen auch nicht war, so dass ein kräftiger Sprühstrahl das Schlangenvieh traf.
Sein Kreischen rieb übler als Sandpapier in meinem Kopf, bevor eine Windböe den Truck
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