Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
einmal der angegebene Name … Hauptsache, sie arbeiten! Ob sie Familie haben, Frau und Kinder, wo sie wirklich wohnen, warum sie diese Drecksarbeit machen … wer weiß es, wen interessiert es? Sie sind Nummern auf einer Liste. Und man streicht sie durch. Das ist wirklich billiger.« Dr. Santaluz nickte dankbar, als Gebbhardt ihm eine Zigarette anbot. »Wer ist dieser Areras?«
    »Sie haben sich nicht bei ihm gemeldet?« fragte Dorias Bandeira, der zu ihnen trat. Seine Polizeiuniform war wie in Blut getränkt.
    »Nein. Ich habe durch einen meiner Helfer melden lassen, daß wir da sind. Bin sofort nach vorn gefahren.«
    »Das wird er Ihnen nicht vergessen.« Bandeira lachte hart. »Er wird nun auch Sie als verkappten Revolutionär einstufen. Er hat es sicher schon nach Ceres gemeldet.«
    »Und warum sind Sie hier, capitão ?«
    Bandeira sah den Arzt nachdenklich an. »Zur Information«, antwortete er knapp.
    »Wen informieren Sie?«
    »Mich.«
    »Polizei ist hier nicht beliebt«, sagte Gebbhardt. »Man hat ein starkes und berechtigtes Mißtrauen gegen die Staatsgewalt. Hier herrscht die Ansicht, daß der Staat die Armen nicht schützt, sondern wie Arbeitstiere ausnützt zum Wohle der großen Bankkonten.«
    »Stimmt das?« fragte Bandeira leichthin.
    »Ja.«
    »Sehen Sie – und darum bin ich hier.« Er lächelte. »Lassen Sie sich nicht dadurch verwirren, daß ich eine Uniform trage. Ich kann ja nicht nackt herumlaufen …«
    Er warf seine Zigarette weg und ging zurück zum Hospitalwagen, wo zehn von Gebbhardt bestimmte Männer darüber wachten, daß nichts aus den aufgerissenen Kisten und Kartons gestohlen wurde. Dr. Santaluz blickte ihm nach.
    »Werden Sie aus ihm klug, Senhor Carlos?« fragte er.
    »Noch nicht, doutôr .«
    »Auf wessen Seite steht er?«
    Gebbhardt sah den Arzt verblüfft an. »Das ist eine merkwürdige Frage.«
    Dr. Santaluz lächelte. »Sind Sie so ahnungslos, oder betreiben Sie nur Vogel-Strauß-Politik? Nehmen Sie Ihren Kopf aus dem Sand, Senhor Carlos.«
    »Ich weiß, daß wir hier ständig auf einem menschlichen Vulkan leben. Seit Monaten versuche ich, die Leute zu beruhigen, mit ihnen vernünftig zu sprechen, ihre Wünsche durchzusetzen, ihr Los zu erleichtern. Aber es ist wenig, was man erreicht.« Gebbhardt blickte kurz hinüber zu Norina. Sie kniete neben einem der Verletzten und wechselte gerade den Blutspender. Ein kleiner Indio legte sich auf das Gummituch. »Wehe, wenn hier ein Agitator auftaucht und die Massen aufputscht! Das wäre ein Funke in einen Haufen Dynamit.«
    »Dieser Funke wird einmal aufglühen, Senhor Carlos«, sagte Dr. Santaluz nüchtern.
    »Und auf welcher Seite stehen Sie?« fragte Gebbhardt.
    »Auf der Seite der Armen und Ausgebeuteten. Ich bin nicht nur Arzt …«
    »Was sonst noch?« Gebbhardt zertrat seine Zigarette. »Ich ahne Schreckliches …«
    »Behalten Sie diese Ahnung für sich, Carlos. Sie sind Deutscher, ein Gast in unserem Land. Sie helfen uns, so gut Sie können, und Sie tun es in lauterer Absicht. Sie sehen die Technik, das Werk, die Straße von Ceres nach Cocalinho am Rio Araguaia. Ein grandioses Objekt. Daß Sie damit die Reichen noch reicher machen, die Macht noch mehr festigen, das Land zur Ausbeutung erschließen, das sind Nebeneffekte, die Sie nicht bekümmern. Man kann es Ihnen nicht übelnehmen. Wie sollten Sie sich auch mit den Problemen dieses fremden Landes befassen? Man hat Sie angestellt, um eine Arbeit zu leisten, und das tun Sie auch. Deutsche Wertarbeit – made in Germany.«
    »So sehen Sie mich, doutôr ?«
    »Ja.«
    »Und Sie meinen, ich bin blind, wenn man die Indiodörfer niederbrennt und die Bewohner wegjagt oder tötet? Sie meinen, ich sehe nicht, wie man hier die Menschen bis zur Grenze der Belastbarkeit ausbeutet?«
    »Ach!« Dr. Santaluz hob die Brauen. »Und warum machen Sie das mit?«
    »Sie kennen meine Berichte nach Rio nicht, doutôr !«
    »Berichte! Damit wischen die sich bloß den Hintern ab.«
    »Sie wollen Aufstand? Revolution? Kampf?« Gebbhardt verstand plötzlich, warum Santaluz mit seinem fahrbaren Lazarett gekommen war. Sicher hatte er immer geglaubt, seine Berichte hätten nun doch etwas genutzt, und in Rio, Brasilia und Ceres hätte man endlich die Mißstände erkannt. Doch diese Annahme war falsch gewesen, das erkannte er jetzt. Santaluz war mit seinem Hospital gekommen, um nicht nur in medizinischer Hinsicht aufzuräumen. Wer es durchgesetzt hatte, daß dieses Lazarett zusammengestellt wurde, wer im

Weitere Kostenlose Bücher