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Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verschmierten Leibern zu arbeiten, war sonst unmöglich. Kam es noch darauf an, ob die Wunden mit Bakterien verseucht würden? »Sie haben eine Pistole, Hauptmann … schießen Sie doch. In meinen Injektionsspritzen ist Leben, aber kein Tod.«
    »Ist das noch Leben?« rief Bandeira heiser. »Wie sehen diese armen Kerle bloß aus!«
    »Nicht anders, als wenn sie durch ein Minenfeld gelaufen wären …«
    Bandeira kniff die schwarzen Augen zusammen. Er musterte Dr. Santaluz, der jetzt begann, die Fleischfetzen abzuschneiden, die Wunden mit einer Antibiotikalösung auszuspülen und gleichzeitig Herz- und Kreislaufspritzen zu geben. Er schien zehn Hände zu haben.
    »Was verstehen Sie von Minenfeldern?« fragte Bandeira.
    Santaluz arbeitete mit einer Schnelligkeit, die an Zauberei grenzte. Mittlerweile war der zweite Tisch aus der Verpackung gerissen und aufgestellt worden. Dort stand jetzt Norina Samasina mit bloßen Armen. Die Tropenjacke hatte sie sich heruntergerissen. Der zweite Körper wurde auf den Tisch gehoben und ebenfalls mit einigen Eimern Wasser übergossen. Ein Krankenpfleger assistierte ihr, aber er war unsicher und tat nur das, was Norina ihm mit heller Stimme zuschrie. Von den Hospitalwagen trugen die Arbeiter die nächsten Kisten heran. Auf den Deckeln stand in roter Farbe PLASMA. Paulo Alegre rannte herum und brüllte: »Wer spendet Blut? Alle Blutspender antreten! Wir brauchen Blut! Hier anstellen, camarados ! Wir brauchen Blut!«
    In langer Schlange warteten die Männer, die ihr Blut geben wollten – Weiße, Schwarze, Mischlinge. Plötzlich gab es keine Rassen mehr. Blut war Blut. Ein paar Intelligentere unter ihnen erkannten die Situation und grinsten verlegen. Sogar die Indios, die sonst die größte Dreckarbeit der Kolonnen machen mußten, stellten sich an, die Indios aus dem Urwald, die man eiskalt abschlachtete, wenn sie im Weg waren – mit weniger Skrupel, als man beim Schlachten eines Ochsen hatte. »Menschen?« fragten die weißen Jäger. »Wieso Menschen? Das sind doch Indios …« Aber jetzt standen sie alle nebeneinander, und das Blut der Indios war so gut wie das Blut eines stolzen Weißen.
    »Minenfelder?« sagte Dr. Santaluz und blickte schnell auf. Bandeiras Blick war stahlhart. »Ich habe es gelesen.«
    »Ach so.« Bandeira trat vom OP-Tisch zurück. Er blickte hinüber zum nächsten Tisch, wo Norina an einem fürchterlich zerfetzten Körper herumschnitt. Die Krankenpfleger hatten jetzt die Blutersatzflaschen ausgepackt, aber es fehlten die dicken Hohlnadeln und die Gummischläuche mit den Klemmen. In welchem Karton, in welcher Kiste lagen sie? Auch die Bluttransfusion von Mensch zu Mensch war noch nicht möglich. Hier fehlten Schläuche und die Dreiweghähne.
    »Alle Kisten aufmachen!« rief Norina. Sie warf den Kopf herum. Hinter ihr stand Karl Gebbhardt und sah sie bewundernd an. »Schauen Sie mich nicht so dumm an«, schrie sie. »Kümmern Sie sich lieber um das Material! Befehlen Sie Ihren Leuten, alle Kartons aufzureißen!« Ihr herrliches Gesicht schien zu brennen, ihre dunklen Augen sprühten Feuer. »Wir brauchen die Infusionsschläuche! Schnell, schnell!«
    Gebbhardt rannte davon. Mit einem Trupp von zehn Mann entlud er die Hospitalwagen, öffnete die Kisten und durchsuchte ganze Berge von Material.
    Auf dem Fluß ging unterdessen die Arbeit wie gewohnt weiter. Ein Boot war umgeschlagen, na gut! Aber die Straße war wichtiger. Nur die Tagesleistung zählte. Es gab Prämien, wenn Gebbhardt und Areras bescheinigten, daß die Kolonnen mehr geschafft hatten als im Tagesplan vorgesehen. Nur ein paar Cruzeiros, aber sie bedeuteten Tabak, Schnaps, Weiber. Vor allem Weiber. Die Huren im rollenden Bordell hatten ihre festen Preise. Ein halbes Stündchen mehr … da mußte man einen Schein drauflegen. Aber diesen Schein zu verdienen, hier draußen an der Spitze des Straßenbaus, bei den ›Waldfressern‹, wie die harten Kerle genannt wurden, das war eine verdammte Anstrengung.
    Zwölf Boote schwammen jetzt auf dem Fluß. Die Blutlachen waren durch die träge Strömung noch nicht verteilt. Von den erschossenen Krokodilen trieben nur noch die Hornschalen im Wasser, kahlgenagt von den Tausenden spitzen Zähnen der Piranhas.
    Die ersten Bretter wurden auf Spezialwagen herangefahren – lange, fertige Brückenteile aus Holz mit Luftkammer-Schwimmern daran. Zusammengesetzt, waren sie fünf Meter breit und stabil genug, um die Lastwagen über den Fluß zu tragen.
    Hier klappte die

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