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Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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durchzogen. Die alten Urwaldläufer nutzten die Gelegenheit, um mit primitiven, selbstgeknüpften Netzen Fische zu fangen, die sich im seichteren Wasser tummelten. Voller Haß erschlugen sie auch Hunderte von Piranhas und hängten sie an Schnüren auf, wie früher die Kopfjäger die Schädel der erschlagenen Feinde.
    »Eine große Scheiße«, erklärte Piraporte. Er war durch den Morast zu Gebbhardt hinübergewatet und saß nun hinter dem Planungstisch. Norina hatte Kaffee gekocht – ganz Hausfrau nun in der elenden Bauhütte. Santaluz brauchte sie nicht. Es gab weder eine Fortsetzung der Reihenuntersuchung, noch meldeten sich Kranke oder Verletzte. Alles saß herum, nur darauf bedacht, dieser Sintflut halbwegs zu entrinnen.
    »So wird es jetzt ein paar Tage lang gehen, und danach sitzen wir hier auf schwammigem Boden, in dem jedes Fahrzeug versinkt. Das wirft uns schwer zurück.«
    »Wie schade, daß Sie das Wetter nicht kommandieren können«, meinte Norina. »Eine Lücke im System, Abraham. Der Geheimdienst sollte sich auch um den Himmel kümmern.«
    »Sie sagen es, schöne Frau.« Piraporte legte beide Hände um die heiße Kaffeetasse. Sein Dandygesicht war sehr ernst. Er schien seit seiner Ankunft im Urwald leicht gealtert zu sein. »Der Himmel meint es gut mit Ihnen.«
    »Mit mir? Wieso? Ich hasse Regen.«
    »Sie haben, ohne es zu wissen, auf einer jungen schwarzen Mamba geschlafen. Ein kleines Tierchen, aber ein Höllenbiest. Dr. Santaluz hat sie geistesgegenwärtig mit einem Skalpell geköpft. Wirklich ein hervorragender Chirurg. Mit dem ersten Hieb war sie amputiert, und das mit einem Skalpell. Alle Achtung. Die Mamba lag hinter dem Kopfteil des Bettes zwischen Gestell und Wand. Ich hörte ihr leises Fauchen und lag so steif da wie ein Stock. Ich konnte nur noch rufen: ›Santaluz, Sie können schnell ein gutes Werk tun …‹«
    »Sie übertreiben«, sagte Norina kalt.
    »Danke.« Piraporte lächelte mit heruntergezogenen Mundwinkeln. »Stellen Sie sich vor, wir hätten gestern nacht nicht die Betten gewechselt.«
    »Undenkbar«, sagte Gebbhardt heiser.
    »Im übrigen ist das ein uralter, aber immer wieder wirksamer Trick«, fuhr Piraporte fort. »Schlange im Bett gleich Unglücksfall. Eine simple, glaubwürdige Gleichung, vor allem im Urwald. Ich habe das auch Bandeira gesagt. Er besichtigt die Mamba gerade. Ich bin fest davon überzeugt, daß er ebenso überrascht ist wie ich. Ich frage mich nur, wen störe ich hier sonst noch?«
    »Vielleicht die Arbeiter?« erwiderte Gebbhardt hart.
    »Sie auch?«
    »Ich habe eine natürliche Abneigung gegen Geheimdienste, Staatspolizei, verkappte Aufseher.«
    »Verständlich.« Piraporte trank langsam seinen heißen Kaffee. »Sie haben sicherlich eine Lektion bekommen, was es heißt, heute Brasilianer zu sein. Senhorita Norina besitzt da überzeugende Argumente.« Er starrte ungeniert auf Norinas Busen und dann auf ihre Hüften. Ein herrliches Tier, dachte er dabei. Ein gefährliches Tier noch dazu. Aber sie wird das Schicksal aller schönen wilden Tiere teilen: Je herrlicher sie sind, um so stärker locken sie die Jäger an.
    Er griff in die Hosentasche, holte ein Geldstück heraus und warf es auf den Tisch. »Hier ist die eine Seite, Carlos.« Er drehte die Münze herum. »Und hier die andere Seite. Mit nur einer Seite wäre sie wertlos. So ist alles im Leben. Auch das brasilianische Problem. Jeder Ausländer kennt nur die Küstenstädte. Das leuchtende Rio, das pulsierende São Paulo, Belem, die Stadt an der Amazonasmündung, Manaus, die langsam sterbende Stadt mitten im Urwald, Recife, den Hafen, und Brasilia, das Architekturwunder in der Einsamkeit. Aber links und rechts davon ist Brasilien für sie das letzte Urland der Welt. Das ist es auch, Carlos. Und alles, was erobert werden muß, hat seine eigenen Gesetze. Verstehen Sie?«
    »Ich verstehe, daß sie einen weißen Mantel über die Blutlache decken wollen«, antwortete Gebbhardt rauh.
    »Die Deutschen waren schon immer poetisch. Fast so sehr wie die Franzosen. Wissen Sie, wieviel Geld fremde Staaten in Brasilien hineingepumpt haben, in ein Land, welches das reichste der Erde sein könnte? Aber das soll nun vorbei sein. Brasilien entwickelt seinen Nationalstolz. Nicht nur in den Großstädten, sondern auch in den letzten Winkeln der Grünen Hölle soll der Mensch stolz auf Brasilien sein und von seinen noch ungehobenen Schätzen profitieren. Heute beherrschen die arabischen Staaten mit ihrem Öl die

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