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Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Spielgefährten, und eine Blume ist ein ergreifendes Wunder. Man kennt sie auswendig, jedes Staubgefäß, jedes Äderchen im Blütenblatt, jedes Härchen am Stengel, jede Falte an der Blüte. Bis sie dann stirbt, die Blume, bis sie runzelig wird wie du, vertrocknet, eine Mumie. Wie du …
    Ein paarmal blieb Alegre stehen, atmete den Geruch des morgendlichen Urwaldes ein, begrüßte die Sonne mit einem Winken, pflückte Blumen und steckte sie ans Hemd, beobachtete die Kolibris, wie sie mit leuchtendem Gefieder durch den Morgen schossen, und hörte dem Geschnatter der Papageien zu.
    Fast auf halbem Wege zwischen Zentrallager und Außenlager trafen sich Paulo Alegre und Karl Gebbhardt. Paulo sah ihn zuerst. Er hielt an und stand neben dem Jeep, als Gebbhardt vor ihm bremste.
    Auch das ist nicht ein Ausdruck Deiner Güte, Gott, dachte Alegre und blickte kurz in den messingfarbenen Morgenhimmel. Muß es gerade Senhor Carlos sein, mein Freund? Warum strafst Du mich so?
    »Zum Teufel!« schrie Gebbhardt und sprang aus dem Landrover. »Ich suche dich, Paulo. Wo warst du. Bei Alja? Kannst du nicht zu mir kommen und um Urlaub bitten? Und nimmst einfach, einen Jeep mit?«
    Er ist da, dachte Gebbhardt erleichtert. Mein Gefühl hat mich diesmal betrogen. Es ist nichts passiert. Er ist bloß zu seiner Alja gefahren, wie Bandeira vermutet hat.
    »Ich ziehe dir die Stunden ab und eine Strafe erhältst du ebenfalls. Für die Betriebskasse«, sagte Gebbhardt. »Und außerdem erhältst du vier Wochen keinen Urlaub. Wenn das jeder machen würde, der plötzlich Lust auf eine Frau bekommt! Dann stünde ich allein im Wald.«
    Alegre nickte. »Tun Sie mit mir, was Sie wollen, Senhor Carlos.« Der Kopf sank ihm auf die Brust.
    »Was soll der Quatsch?« Gebbhardt trat näher. Alegre stand an den Jeep gelehnt – ein Riese, der keine Knochen mehr zu haben schien. Gebbhardt betrachtete ihn verwundert. Dann sah er die Flecken an der Hose und schüttelte den Kopf.
    »Du lernst nie, ein halbwegs feiner Mann zu werden«, sagte er. »Geht man so zu seiner Braut, völlig verdreckt? Hast du keine andere Hose?«
    Alegre blickte an sich herunter. »Nein«, sagte er ruhig. »Ich habe jeden Cruzeiro für Alja gespart. Ich brauche keine neue Hose. Diese Hose ist gut genug.«
    »Dann wasch sie wenigstens, ehe du zu deiner Braut gehst.«
    Gebbhardt wollte sich schon abwenden und zu seinem Wagen zurückgehen, aber plötzlich kam ihm zu Bewußtsein, daß Alegres Hose rot besprenkelt war. »Was sind denn das für Flecke?«
    »Hirn«, sagte Alegre sanft. »Areras Hirn. Warum soll ich es abwischen? Ich will ja nicht davonlaufen.«
    Was Alegre sagte, war so ungeheuerlich, daß es Gebbhardt zunächst die Sprache verschlug. Dann, nach geraumer Zeit, da sie sich stumm angestarrt hatten, fragte Gebbhardt heiser: »Du hast ihn umgebracht?«
    »Es ging nicht anders.«
    »Das ist ja Mord!« schrie Gebbhardt. »Paulo, du hast zum zweitenmal einen Menschen umgebracht! Sie werden dich aufhängen!«
    »Noch nicht.« Alegre stapfte zu seinem dreckigen Jeep und setzte sich auf den eisernen Sitz. Er hatte noch immer Aljas Stimme im Ohr, diese zerbrochene, verzweifelte Stimme: »Ich kann nicht mehr! Hast du nicht genug bekommen? Ich kann nicht mehr.« Er würde diese Stimme nie vergessen, und wenn sie ihn einsperrten sein Leben lang. Diese Stimme blieb unauslöschlich in ihm eingebrannt.
    »Noch nicht!« wiederholte er. »Es weiß keiner, wer es gewesen ist. Es hat mich niemand gesehen. Nur Sie wissen es jetzt, Senhor Carlos. Nur Sie.«
    Schweigen. Eine dumpfe Stille zwischen zwei Menschen, von denen jeder das Schicksal des andern in der Hand hielt.
    »Und du nimmst an, ich halte den Mund?« sagte Gebbhardt. »Ich weiß von einem Mord und lasse den Mörder laufen?«
    »Ich habe Areras nur gegen die Wand geworfen. Er hatte einen sehr empfindlichen Kopf.« Alegre stützte sich auf das Lenkrad. »Was nun, Senhor Carlos?«
    »Du kannst auch mich umbringen. Du bist ja gerade richtig im Training.«
    »Warum sollte ich?«
    »Damit ich dich nicht bei Hauptmann Bandeira anzeigen kann. Hast du etwas anderes erwartet?«
    »Nein. Sie sind ein korrekter Mensch, Senhor Carlos. Sie waren immer gerecht zu uns.«
    »Soll das ein Nachruf sein?« fragte Gebbhardt betroffen. Er überlegte fieberhaft, wie Alegre ihn wohl umbringen könnte. Eine Waffe hatte er anscheinend nicht bei sich. Vielleicht trug er aber eine in der Tasche. Doch auch ohne Waffe war Alegre stark genug, ihn zu töten, allein mit

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