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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Gedanken möglich wurde, die sich endlos im Kreise drehten. Sie richtete den Blick auf die geschnitzte Tür mit dem Porzellanknauf und rief: »Entrez!<<
    Helene Delacroix wirbelte in einem blauen Samtmorgenmantel herein. Sie trug eine reizende Batistspitzenhaube, die unter dem Ohr mit einer blauen Schleife zusammengebunden war. Hinter ihr trat ihre Zofe mit einem Stapel Kleider im Arm ein, die sie so sorgfältig hielt wie eine Amme den jüngsten Nachwuchs.
    » Bonjour , ma chere! Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen?«
    »Danke, wunderbar.« Sie hatte sich die ganze Nacht hin- und hergeworfen, eine Folge, wie sie vermutete, von zuviel Sorgen und zu wenig Bewegung, aber eine Beschwerde wäre unhöflich.
    »Gut. Vielleicht sind Sie ausgeruht genug, um ein wenig Interesse für Mode zu entwickeln, ja?«
    »Ich glaube nicht...«
    »Doch, Sie müssen mich gewähren lassen, chere! Meine Tochter hatte nie Freude an Kleidern und hat sich von mir nie beraten lassen. Sie ahnen ja nicht, wie sehr ich mir wünsche, jemandem meinen Geschmack aufdrängen zu dürfen!«
    »Ich habe doch ein Kleid«, antwortete Angeline und mußte selbst ein wenig lächeln.
    »Was, das graue Ding? Das taugte doch nur noch fürs Feuer, und da hinein habe ich es geworfen - oder werfen lassen«, fügte sie mit strenger Wahrheitsliebe hinzu.
    »Sie haben mein Kleid verbrannt?« fragte Angeline, und ihr Lächeln wurde zu einem ungläubigen Stirnrunzeln.
    »Es war das beste, glauben Sie mir. Jeder, der Sie darin gesehen hätte, hätte es für ein Büßerhemd gehalten. So geht es nicht. Sie müssen Gelassenheit zeigen und dem Tratsch die Stirn bieten. Das ist Ihre einzige Chance.«
    »Vielleicht wäre es so, wenn ich die Absicht hätte, mich in Gesellschaft zu begeben, aber ich will nicht...«
    »Nicht ausgehen? Fatal, ma chere , fatal! Dann wird jeder glauben, daß Sie etwas zu verbergen haben.« Als Madame Delacroix Angelines Miene sah, unterbrach sie sich mit einem ärgerlichen Ausruf. »Ach, ich wollte es Ihnen doch nicht ins Gesicht sagen. Aber, chere , Sie müssen wissen, daß jeder über Ihre Entführung durch den Prinzen Bescheid weiß. Seit ich in der Stadt bin, gibt es kein anderes Thema. Es ist das on-dit der Saison!«
    »Dann werde ich bestimmt nicht ausgehen!« erklärte Angeline, stellte die Tasse klappernd ab und schob das Tablett weg, da ihr der Appetit auf einmal vergangen war.
    »Aber Sie müssen! Sie können sich nicht ewig verstecken. Ich nehme Sie unter meine Fittiche und werde einigen wenigen, nur ei-nigen wenigen, hinter vorgehaltener Hand zuflüstern, daß alles weit übertrieben sei und daß Andre, der edle Ritter, Ihnen rechtzeitig zu Hilfe kam. Wenn dann das Aufgebot verlesen wird, werden es alle glauben, weil keiner denkt, daß mein Sohn eine befleckte Braut nimmt. Das ist natürlich alles Unsinn, denn warum sollte er nicht, wenn er Sie liebt? Aber die Leute legen nun einmal Wert auf diese Farce.«
    Angeline sah sie an. »Madame, Sie sind zu vorschnell. Über die Heirat besteht noch keine Einigkeit.«
    Eine Spur von Erleichterung war für einen flüchtigen Augenblick in der Miene von Andres Mutter zu lesen. Höflichkeit und Mitleid drängten dieses Gefühl jedoch rasch wieder in den Hintergrund. »Aber er hat gesagt, daß es so kommen wird, und von dem her, was er erzählt hat, halte ich es ebenfalls für das Beste.«
    »Er nimmt zuviel auf sich.«
    »Sie dürfen ihm nicht böse sein. Seine Liebe zu Ihnen hat ihn veranlaßt, sich mir anzuvertrauen und mich um Hilfe zu bitten. Er wußte immer schon, was er will, und hat seinen Kopf stets durchgesetzt.«
    »Das bezweifle ich nicht«, erwiderte Angeline mit einem ironischen Lächeln. »Aber ich kann nicht zulassen, daß er nach Gutdünken über mein Leben verfügt.«
    Helene Delacroix sah Angeline nüchtern an. »Was wollen Sie denn sonst tun, chere? Stellen Sie sich vor, was geschieht, wenn Sie nicht einwilligen. Ich helfe Ihnen, so gut ich kann, denn ich fürchte, daß Sie ohne respektable Heirat, und das sehr rasch, bald todunglücklich werden.«
    »Da ist nichts zu machen.«
    Madame Delacroix sah sie lange an, hob dann die plumpen Schultern unter dem blauen Samt. »Ich überlasse es Ihnen und Andre, aber ich warne Sie, er wird sich nicht leicht davon abbringen lassen. Jedenfalls können Sie jetzt nicht nackt herumlaufen, ob Sie sich nun hinauswagen oder nicht. Schauen Sie sich an, was ich hier habe.«
    Ihr Ton war so freundlich, ihr Verhalten so vernünftig, daß Angeline schlecht

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