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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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wissen müssen, daß die Frau, die Maximilians Bett geteilt und sein Ende herbeigeführt hat, nicht leicht zu durchschauen ist. Die Frage ist nur, ob mir nur die Pflicht obliegt, ihn sozusagen zu rächen, oder ob erst Euer Sirenengesang mir zu dieser Eingebung verholfen hat...«
    Sie wollte sich von ihm losreißen, aber er packte mit grimmigem Lächeln fest zu. Sie schluckte die aufkommende Verzweiflung hin-unter, und doch sprach sie aus ihrer Stimme, als sie rief: »Ich bin Claires Kusine. Ihr könnt jeden hier fragen, die Dienerschaft meiner Tante, Madame Delacroix, den Pfarrer - alle werden es Euch bestätigen! Ich bin Eurem Bruder nie begegnet und war in meinem ganzen Leben nie weiter von St. Martinville entfernt als bis New Orleans. Ich war die ganze Zeit hier, als Claire...«
    »Ihr wiederholt Euch. Ich bin Euch um die halbe Welt gefolgt, über Berg und Tal und endlose Straßen. Selbst das Meer war mir nicht zu weit, als daß ich es nicht überquert hätte, um Euch zu finden, und ich habe hier in der Wildnis übelriechende, weite Sümpfe bezwungen. Meine Männer und ich haben Tausende von Fragen gestellt, Beschreibungen, Erklärungen, Drohungen, Geld und gute Worte gegeben, und wir sind unserem Ziel immer nähergerückt. Jetzt, wo ich Euch endlich in den Händen habe, bildet Ihr Euch da wirklich ein, daß Ihr mich mit einem mitleiderregenden Blick becircen könntet, daß ich auf eine Lügengeschichte von zwei Frauen hereinfalle, die gleich aussehen, gleich schön sind und denselben scharfen Verstand besitzen, der die Männer nach ihrer Pfeife tanzen läßt?«
    Aus seinem Redefluß sprach tiefer Schmerz. In ohnmächtiger Wut starrte Angeline ihn an. Und auf einmal begriff sie. Er fuhr fort.
    »Mein Bruder war zum künftigen König bestimmt. Er wurde mit Mandeln, Stutenmilch und der Liebe seines Vaters großgezogen und stählte sich auf dem Feld der Ehre und bei der Jagd. Er besaß Disziplin und widmete sich gewissenhaft den Staatsgeschäften. Ihm war es nicht an der Wiege gesungen, in einem zerwühlten Bett den Tod zu finden, während noch der Moschusgeruch einer Hure in der Luft hängt. Ich dagegen wurde mit weniger raffinierten Methoden und zu keiner bestimmten Aufgabe ausgebildet. Die Geringschätzung meines Vaters gestattete mir, meinen Umgang frei zu wählen. Jetzt stehe ich der Mörderin meines Bruders gegenüber. Man sage nicht, das Leben sei ohne Sinn.«
    Die türkisblauen Augen blitzten, doch seine Stimme blieb ruhig, und plötzlich verstummte er ganz. Er beugte sich hinunter, schob ihr den Arm unter die Knie und hob sie auf. Angeline war so von der Erkenntnis überrascht, wie sehr sie ihn verstand, daß sie nicht die
    Kraft fand, sich auf der kurzen Strecke zum Bett zu rühren oder gar zu wehren.
    Er hatte seinen Bruder geliebt und respektiert, ja bewundert, und suchte Linderung für den Schmerz über dessen sinnlosen, schändlichen Tod, indem er die Frau, die er für die Schuldige hielt, verfolgte und zur Rechenschaft zog. Hoffte er, durch seine Hartnäckigkeit auch die Befähigung zum künftigen Regenten von Ruthenien zu beweisen? Dürstete es ihn im Grunde nach Anerkennung durch seinen Vater?
    Die Haltegurte der Bettstatt ächzten, als er sie auf die Matratze fallen ließ und sich neben sie warf. Er schleuderte die Stiefel von sich und knöpfte sich die Uniformjacke auf.
    Ihre Muskeln schmerzten, als ihr Wille nur knapp über den Impuls siegte, ohne weiteres Überlegen zu fliehen. Sie streckte die Hand aus, so daß sie fast seinen Arm berührte. »Euer Hoheit, wartet! Könntet Ihr nicht... nicht wenigstens versuchen, die Wahrheit meiner Worte zu überprüfen?«
    Die blonden Lider verbargen seine Augen, als er den Uniformrock auszog. »Um das Unvermeidliche aufzuschieben? Damit Ihr Zeit zum Nachdenken gewinnt? Diesen Wunsch muß ich Euch abschlagen. Ihr habt nur zwei Möglichkeiten, Euch zu schützen. Erstens - einmal angenommen, Ihr wäret wirklich nur Claires Kusine - müßt Ihr mir mitteilen, wo sie sich versteckt hält.«
    »Und wenn ich unschuldig wäre und es dennoch nicht könnte?«
    »Ihr könnt es und müßt es tun, wenn Ihr die seid, die zu sein Ihr vorgebt. Zuletzt hörten wir von Claire de Buys, daß sie schnurstracks nach St. Martinville zum Haus ihrer Mutter reiste. Wenn Ihr mit ihr verwandt seid und dort wohnt, müßt Ihr sie gesehen haben. Von den Dienern haben wir erfahren, daß bis gestern abend nur eine junge Frau im Haus war. Wenn Ihr also nicht Claire seid, muß sie sich irgendwo

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